Kantaki 04 - Feuervögel (Graken-Trilogie 1)
noch weniger geschlafen als ich. Wir verschaffen uns einen Eindruck von der hiesigen Situation und ruhen aus.« Dominik ergriff Loanas Hand und ging mit ihr zum Verbindungstunnel, der vom Hangar in die Stadt führte. Wie in Tarion war auch in Endiria der größte Teil der Stadt von der Außenwelt und den Einflüssen des Wetters abgeschirmt. Für den Individualverkehr in den langen, straßenartigen Korridoren und weiten Sälen gab es Expresskapseln und Leviplattformen, die von jedermann benutzt werden konnten. Mehrere solche Plattformen standen am Anfang des Verbindungstunnels bereit. Dominik und Loana traten auf eine davon, und wenige Sekunden später schwebten sie durch den Tunnel und näherten sich den belebteren Teilen der Stadt.
»Glaubst du, dass man nach uns sucht, Domi?«, fragte Loana.
»Nicht unbedingt nach uns, aber nach zwei Tal-Telassi-Schülern.« Dominik deutete auf Loanas Overall. »Du siehst nicht nach einer Schülerin aus, und ich habe nie ein Schülerinnengewand getragen.« Er rang sich ein Lächeln ab.
Loana schwieg, doch ihr Gesichtsausdruck deutete darauf hin, dass sie sich große Sorgen machte. »Wie sollen wir uns ein Quartier beschaffen?«, fragte sie nach kurzer Zeit, als sie den ersten Saal erreichten. Menschen waren dort zu Fuß unterwegs oder saßen am Rand grüner Inseln, wo Pflanzen im stimulierenden Schein künstlicher Sonnen wuchsen. Dutzende von Leviplattformen flogen hier, und Dominik musste sich mehr auf die Steuerung konzentrieren. »Wir haben keinen Identer und keinen einzigen Transtel. Oder hast du daran gedacht, Geld mitzunehmen?«
Dominik schüttelte den Kopf. Er hatte nur daran gedacht, Tarion so schnell wie möglich zu verlassen. »Wir finden irgendeinen Weg«, sagte er zuversichtlich und schlang den linken Arm um Loana, während die rechte Hand an den Navigationskontrollen blieb.
Wenige Minuten später begriffen sie, dass ihre Probleme weitaus größer waren. Neben den Eingängen zu einer Therme, deren viele Becken tausenden von Besuchern Platz boten, zeigten fast fünf Meter große quasireale Projektionsfelder zwei Gestalten, eine junge Frau mit langem blonden Haar, zu einem Zopf geflochten, und einen jungen Mann mit braunschwarzem, zerzausten Haar und großen braunen Augen. Menschen und Haitari blieben stehen, betrachteten die so real wirkende Darstellung und hörten einer eindringlich klingenden Stimme zu, die verkündete:
»Gesucht werden: Dominik, achtzehn, Schüler der Tal-Telassi und Mörder der Großmeisterin Norene 19; und Loana Destri, achtzehn, Schülerin der Tal-Telassi und Dominiks Begleiterin, vielleicht auch seine Komplizin. Achtung: Dominik ist gefährlich. Versuchen Sie nicht, ihn festzuhalten. Wenn Sie ihn erkennen, so wenden Sie sich unverzüglich mit einer entsprechenden Meldung an das nächste Sicherheitsbüro …«
Loanas Gesicht verlor den Rest von Farbe. »Man wird uns erkennen, Domi!«, brachte sie hervor. »Vielleicht hat man uns schon erkannt.«
»Nein.« Dominik steuerte die Leviplattform an den transparenten Kuppeln der großen Therme vorbei und in eine fast hundert Meter breite Passage, in der reger Verkehr herrschte. Auf beiden Seiten gab es zahlreiche kleine und große Geschäfte und Restaurants, deren hell leuchtende QR-Felder die Aufmerksamkeit potenzieller Kunden und Gäste wecken sollten. Hunderte von Plattformen, Transportern und Expresskapseln waren hier unterwegs, und es blieb Dominik nichts anderes übrig, als sich von einem der Verkehrsströme aufnehmen zu lassen. Sie flogen in einer Höhe von etwa zehn Metern über den sehr gepflegt wirkenden Parkanlagen in der Mitte der Passage. »Ich verhindere, dass man uns identifiziert. Wer auch immer den Blick auf uns richtet: Er sieht nicht uns, sondern zwei andere Personen.«
Loana starrte ihn an. »Du kannst die Wahrnehmung so vieler Personen manipulieren?«
»Ja.« Er fügte nicht hinzu, wie schwer es ihm fiel. Was auch immer den Kampf gegen Norene bestritten und sie getötet hatte: Es war noch immer müde und musste neue Kraft schöpfen.
Loana trat etwas näher an ihn heran und hielt den Kopf gesenkt, als sie sagte: »Was ist mit den Überwachungsservi? Sie kannst du wohl kaum daran hindern, uns zu sehen, oder?«
Dominik hatte bereits daran gedacht. Die eigenen Gedanken … Sie fühlten sich seltsam an, als stammten sie teilweise von einer fremden Person, die doch fest mit ihm verbunden war. »Nein. Aber ich … spüre, wo sie installiert sind. Zum Beispiel … hier.« Er
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