Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kantaki 04 - Feuervögel (Graken-Trilogie 1)

Kantaki 04 - Feuervögel (Graken-Trilogie 1)

Titel: Kantaki 04 - Feuervögel (Graken-Trilogie 1) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
Vom Netzwerk:
Duft er roch, wenn er die Augen schloss und langsam durch die Nase einatmete. Er hörte ihre melodische Stimme, sah ihre großen Augen und die vollen Lippen. Der alte Schmerz, der immer in ihm lauerte, kehrte zurück, aber erstaunlicherweise war er nicht so stark wie sonst, obwohl er keine Bione trug. Er konnte Dalanna ansehen, ohne am Schicksal und an sich selbst zu verzweifeln. Überrascht merkte er, dass er sogar lächelte, als er sich selbst und Dalanna bei einer Umarmung sah, am Purpursee auf Meraklon. Doch das Lächeln verschwand sofort wieder, als ihm ein anderes Bild Manuel zeigte, im Alter von drei oder vier Jahren, wie er am Ufer des Purpursees spielte, im Schatten einiger hoch aufragender Zackenbäume. Er hörte seine Stimme, blickte ihm in die dunklen Augen, groß wie die seiner Mutter, dunkel wie …
    Ein Gefühl verdichtete sich, schälte sich aus dem emotionalen Chaos: Sorge.
    »Sie dürfen ihn mir nicht wegnehmen«, hauchte Tako.
    Plötzlich verschwanden die quasirealen Bilder, und es wurde hell im Raum. Tako drehte sich um. Rinna stand an den Kontrollen neben der offenen Tür.
    »Hör endlich auf damit, Tako«, sagte sie. »Hör endlich auf damit, dich zu quälen.«
    Er hatte Rinna uneingeschränkte Zugangserlaubnis zu seinem Quartier erteilt, aber es geschah zum ersten Mal, dass sie unaufgefordert hereinkam und diesen Raum betrat. In ihrem Gesicht sah er eine andere Art von Verzweiflung als die, die in seinem Innern wohnte.
    Die Einrichtung des Raums entsprach Takos Erinnerungen an das Kinderzimmer auf Meraklon: ein buntes Kinderbett, ein Tisch mit Edukator-Anschluss, Spielzeug aus Nanomaschinen und biotronischen Komponenten, eine Kreativecke mit der Möglichkeit, gedachte Bilder in Filmsequenzen zu verwandeln, die Zimmerdecke wie ein Sternhimmel.
    Rinna kam näher und vollführte eine Geste, die dem ganzen Raum galt. »All dies hier … Es ist wie ein Schrein, Tako. Warum befreist du dich nicht endlich? Wann schließt du Frieden mit dir und deinem Gewissen? Solange dir das nicht gelingt, kannst du nicht mit einem neuen Kapitel deines Lebens beginnen.«
    Tako sah sich um. Selbst ohne die quasirealen Bilder brachte dieses Zimmer Schmerz, aber wieder war er nicht so stark wie früher. Etwas dämpfte ihn.
    »Sie dürfen ihn mir nicht wegnehmen«, wiederholte er.
    »Wen meinst du?«
    »Dominik.«
    Rinna blieb vor ihm stehen und blickte zu ihm auf. Er sah, wie sich ihre Augen bewegten, und der Glanz in ihnen …
    »Tako …« Sie hob die Hand, berührte mit der Kuppe des Zeigefingers die Narbe. »Zwei Jahre sind vergangen. Zwei lange Jahre. Sie sind tot, und du kannst sie nicht ins Leben zurückholen. Es wäre falsch, sie zu vergessen und so zu tun, als hätten sie nie existiert, aber du musst darüber hinwegkommen. Solange sie dein Denken und Fühlen so sehr beanspruchen, gibt es in dir keinen Platz für …«
    Rinna unterbrach sich und ließ die Hand sinken. »Dominik ist nicht Manuel, Tako. Du stehst mit einem Fuß in einer neuen psychischen Falle. Versuch nicht, deinen Sohn durch Dominik zu ersetzen.«
    Tako seufzte, tief und schwer. »Norene 19 will ihn mir wegnehmen und nach Millennia bringen.«
    In Rinnas Stimme erklang fast so etwas wie Ärger, als sie erwiderte: »Sie kann dir nichts wegnehmen, was dir nicht gehört. Du weißt nicht, wer der Junge ist und woher er kommt. Er braucht jemanden, der sein Bewusstsein durchforscht, jemanden, der etwas davon versteht. Und er braucht eine Ausbildung, die du ihm nicht geben kannst.«
    Die Stimme des Quartierservos erklang. »Markant Vandenbeq möchte Sie sprechen, Tako.«
    »Ich höre.«
    »Keil Karides …« Vor Tako entstand ein QR-Bild, das ihm den Markanten zeigte. Der Enzelor an seinem Hals wirkte ein wenig angeschwollen, was auf hohe Aktivität hindeutete: Vandenbeqs Zusatzhirn empfing Daten und wertete sie rasend schnell aus. »Haben Sie ein wenig geruht?«
    »Noch nicht, Markant. Es hat sich noch keine Gelegenheit ergeben.«
    »Wenn Sie Ihre wohlverdiente Ruhe noch etwas länger hinausschieben und in mein Büro kommen könnten … Es geht um den Jungen.«
    Aus Takos Sorge wurde fast Panik. »Ist etwas mit ihm passiert? Ich habe ihn im ZIB besucht, und er …«
    »Nein, nein, Keil Karides, es geht ihm gut. Ich habe Ihnen versprochen, dass Sie sich um ihn kümmern können, aber Norene 19 hat alles in Bewegung gesetzt, und inzwischen ist eine offizielle Anfrage von Millennia eingetroffen. Wir müssen entscheiden, was mit Dominik geschehen

Weitere Kostenlose Bücher