Kantaki 05 - Feuerstürme (Graken-Trilogie 2)
hoben die Köpfe aus dem Wasser und gaben pfeifende Geräusche von sich. Einige tronische Beobachter flogen auf sie zu.
Das Donnern verhallte, doch oben am Himmel breiteten sich die Zeichen der Vernichtung weiter aus.
»Uns trifft keine Schuld«, wiederholte Dominique. »Wenn ein Versprechen gebrochen wurde, so war es nicht meins. Was meinen Zorn betrifft … Ich bin zornig, weil ich verraten wurde, von einem Militärgouverneur in Diensten des Hegemons Tubond. Bitte glauben Sie mir: Ich bin ebenso ein Opfer wie Sie.«
»Wahrheit.« Diesmal war die vom Kommunikationssystem der Insel übersetzte Stimme der Medusen nur ein Flüstern. »Wahrheit …«
Der Erste zögerte, und die Gesichter seiner Maske wechselten schneller als zuvor.
»Das Orakel«, sagte einer der Juraten. Andere nickten und riefen: »Ja, das Orakel.«
Der Erste verneigte sich nach rechts und links, schwebte auf seinem Levitationskissen zurück und hob die Hand. Sofort begann das Wasser in der Öffnung vor Rupert und Dominique zu brodeln, und eine Tauchkapsel aus transparentem Ultrastahl stieg auf. Die Luke öffnete sich wie einladend.
»Das Orakel soll entscheiden, ob Sie schuldig oder unschuldig sind«, sagte der Erste in einem feierlichen Ton. »Betreten Sie die Kapsel.«
Die Lähmung fiel von Dominique ab, und für einen Sekundenbruchteil – nicht länger – spielte sie mit dem Gedanken, einen Versuch zu wagen, den Wirkungsbereich des entropischen Gefälles zu verlassen. Jenseits davon konnte sie auf die Kraft des Tal-Telas zugreifen; Elmeth und Fomion hätten sie in die Lage versetzt, sich und Rupert zu einem anderen Ort zu teleportieren, in Sicherheit.
Aber wenn ihr Versuch scheiterte, wenn sie vom Tal-Telas getrennt blieb … Die Juraten würden den Fluchtversuch vielleicht als Schuldeingeständnis interpretieren und sie verurteilen. Dominique wollte ihnen keine Gelegenheit geben, sich an ihr stellvertretend für alle Tal-Telassi zu rächen. Sie wusste nicht, was es mit dem Orakel auf sich hatte, aber vielleicht erwartete sie dort ein weniger starkes entropisches Gefälle. Und sie sagte die Wahrheit. Sie war selbst ein Opfer.
Dominique zog den zitternden, ins Leere starrenden Rupert mit sich ins Innere der Tauchkapsel und nahm dort auf einer kleinen Sitzbank Platz. Die Luke schloss sich wieder, und unmittelbar darauf sank die Kapsel. Grünblaues Wasser umgab sie.
Dominique wandte sich Rupert zu, dankbar dafür, dass sie sich wieder frei bewegen konnte. »Was ist los mit dir?«, fragte sie ein wenig zu scharf. »Hörst du mich, Rupert? Ich versuche dir zu helfen, verdammt, aber manchmal könnte ich selbst ein wenig Hilfe gebrauchen.«
Die Worte waren dumm, begriff sie, geschaffen von Frust und Zorn. Rupert traf keine Schuld. Er war noch viel mehr Opfer als sie und die Bewohner dieses Planeten.
Die Kapsel sank schnell, und die künstliche Insel wurde zu einem schrumpfenden Schatten über ihr. Dominique sah sich neugierig um. Überall schwammen Medusen, große und kleine, Dutzende oder sogar hunderte – ihre Zahl ließ sich nur schwer abschätzen. Die langen Nesselfäden bewegten sich träge, als sie elegant dahinglitten und die Kapsel begleiteten. Zwischen ihnen schwammen Aquarianer mit großen, flügelartigen Flossen an Armen und Beinen. Einige ließen sich von kleinen Turbinen ziehen, deren Summen sich dem leisen Brummen der Tauchkapsel hinzugesellte. Die meisten Medusen zeigten jetzt einen ruhig wirkenden goldenen Ton; nur einige wenige glühten in rötlichen Schattierungen, die Dominique mit Wachsamkeit assoziierte. Tronische Begleiter gab es ebenfalls – die Augen und Ohren des Planeten nahmen an der Reise in die Tiefen des Ozeans teil.
Als es dunkel zu werden begann, als das Wasser über ihnen immer mehr Tageslicht filterte, bemerkte Dominique erste Lichter in der Finsternis unter der Kapsel. Sie schätzte, dass sie mit einer Geschwindigkeit von etwa zwei Metern pro Sekunde sanken, und nach einigen Minuten verwandelten sich die vagen Lichter in der Tiefe in eine strahlende Stadt.
Sie erstreckte sich zu beiden Seiten eines mehrere hundert Meter breiten, mit tintenschwarzer Finsternis gefüllten Grabens: eine wie wirr und chaotisch wirkende Ansammlung von kantigen und runden Gebäuden verschiedener Größe und Farbe. Eiförmige Gebilde in weichen Pastellfarben schwebten an Verankerungsleinen, und zwischen ihnen ragten bunte Zapfen wie exotische Gewächse auf. Hunderte von dünnen Röhren verbanden die wichtigsten Bereiche der
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