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Kantaki 05 - Feuerstürme (Graken-Trilogie 2)

Kantaki 05 - Feuerstürme (Graken-Trilogie 2)

Titel: Kantaki 05 - Feuerstürme (Graken-Trilogie 2) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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keinen Gedanken an Keil Thorman, Medikerin Sintya und die anderen Personen, die das Geschehen durch monotransparente Wände beobachteten. Sie achtete auch nicht auf den halben Mann in seinem Levitank, der den einen gesunden Arm wie beschwörend erhoben hatte. Sie atmete tief durch, nahm ihre ganze Kraft zusammen, tastete damit nach dem Tal-Telas und sprang zurück in die Innenwelt.
     
     
    Von einem Moment zum anderen befand sie sich erneut in dem runden Raum, hörte Rupert schreien und sah die Flammen aus seinen Augen kommen. Aber sie fürchtete das Feuer nicht, griff nach den Armen des Mannes und berührte ihn mit dem Tal-Telas. Sie zeigte ihm in Delm ein gedankliches Bild und sagte: »Hilf mir.«
    Dorim Allbur regte sich nicht, blieb zwischen den Sekunden erstarrt, doch etwas anderes bewegte sich. Die acht gequälten Gestalten streiften ihre Ketten ab, kamen von den Wänden herunter, wankten näher, erreichten Rupert und verschmolzen mit ihm.
    Iremia öffnete die Tür, und Dominique trat hindurch, zog Rupert mit sich.
    Der Raum mit den Folterwerkzeugen verschwand. Aus den steinernen Wänden wurde ein Stuhl am Ufer eines Teichs, und dort saß Rupert – der Mann, der im grauen Zimmer auf der Liege bebte – und starrte ins Wasser. Dominique näherte sich, tastete unwillkürlich nach ihrem Nacken und fühlte ihre Vermutung bestätigt. Dies war ein mentaler Ort in einem fremden Bewusstsein, kontrolliert nicht von ihr, sondern von dem kranken Brainstormer. Das Implantat hatte keinen Einfluss darauf, was hier geschah, und dadurch blieb mehr Platz für ihre eigenen Gedanken. Sie konnte auf das Tal-Telas zugreifen, zumindest auf einen Teil davon, und Iremia – Veränderung der Materie, Manipulation physischer und energetischer Strukturen – gab ihr ein wenig Zeit. Nicht viel, aber vielleicht genug, um einen echten Kontakt zu Rupert herzustellen. Wenn sie ihre Kräfte vereinten, war der große, schwere Schritt zurück in die Freiheit vielleicht möglich.
    Als Dominique neben dem Stuhl aus Stein stehen blieb, stellte sie fest, dass die unbewegte, spiegelglatte Wasseroberfläche des Teichs hunderte von Gesichtern zeigte, manche groß und rund, andere klein und verzerrt. Sie bewegten sich, obwohl das Wasser ruhte. Einige tanzten wie flinke Fische umher; andere glitten träge dahin, wie Blätter in einer langsamen Strömung. Mehrere Gesichter gehörten Männern und Frauen, die Dominique nicht kannte, auch Angehörigen anderer intelligenter Spezies – sie waren von Schrecken und Entsetzen gezeichnet. Die anderen präsentierten Ruperts Augen, mal verträumt, mal voller Pein, Hass und Boshaftigkeit, mal völlig leer. Eins dieser scheinbaren Spiegelbilder starrte sie an, verzerrte sich zu einer Fratze und öffnete den Mund, wie um zu schreien.
    »Du machst mir keine Angst«, sagte Dominique. Wie viel Zeit blieb ihr, hier an diesem Ort, wo subjektiv wahrgenommene und objektive Zeit stark differierten?
    »Geh weg«, sagte das Gesicht im Wasser.
    »Ich brauche deine Hilfe«, wiederholte Dominique. Sie spürte in Alma und Berm, dass Rupert aufgestanden war und hinter ihr stand.
    »Du brauchst meine Hilfe?«, fragte das zornige Gesicht im Wasser.
    In der vierten Stufe des Tal-Telas, in Delm, empfing Dominique eine Mischung aus Trotz, Ärger, Verwirrung und Wut, unterlegt von einer Kälte, wie sie sie bisher nur bei den hohen Meisterinnen und den Großmeisterinnen Zara und Norene gefühlt hatte.
    »Ja, ich brauche deine Hilfe, um das verdammte Ding in meinem Kopf loszuwerden«, antwortete Dominique. »Und um vollen Zugang zum Tal-Telas zu erhalten.«
    Das Gesicht im Wasser war noch immer eine Fratze, aber diesmal erklang die Stimme hinter ihr. »Warum sollte ich dir helfen? Mir hat niemand geholfen.«
    Dominique drehte sich langsam um und sah in Ruperts Augen. Sie fühlte seine Kraft und stellte wie erwartet fest, dass sie aus dem Tal-Telas kam. Ein natürliches Talent, ja, durch Behandlungen mit hohen Entratol-Dosen und invasive neurale Maßnahmen manipuliert. Aber es steckte auch noch etwas anderes in ihm, das sich im mentalen Äther wie eine ferne Stimme anhörte.
    Sie wusste sehr wohl um die Gefahr, der sie sich bei dieser Begegnung aussetzte. Sie hatte noch immer keinen vollen Zugriff auf die Energie des Tal-Telas, und hier an diesem geistigen Ort stand sie einem Mann gegenüber, der mit seinen besonderen Fähigkeiten zahlreiche Leben ausgelöscht hatte. Wenn er sie jetzt angriff, konnte sie sich kaum schützen.
    Die Zeit

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