Kantaki 06 - Feuerträume (Graken-Trilogie 3)
hinter ihr knurrte es aus mehreren Kehlen, und dann wurde ein Teil des Knurrens zu verständlichen Worten. »Sie können jetzt aufstehen.«
Der Körper gehorchte ihr wieder, und Dominique stand auf, ebenso wie ihr Vater. Sie befanden sich im Innern des großen, von den Kantaki errichteten Gebäudes, das Zugang zur Prävalenz ermöglichen sollte. Die fast zehn Meter hohe Eingangstür hatte sich geschlossen, stellte Dominique fest, und davor standen Dominante, eine Gruppe aus etwa zwei Dutzend Individuen. Sie trugen Tarnanzüge, die sie halb mit dem dunklen Hintergrund verschmelzen ließen, legten Ausrüstungsgürtel an und füllten ihre Taschen mit Instrumenten und anderen Dingen. Offenbar bereiteten sie sich auf den Einsatz vor.
Ein Dominanter stand nur wenige Meter entfernt, hielt ein Gerät in den Händen und prüfte die Anzeigen, sah dann Dominique und ihren Vater an. »Sie werden uns helfen, in die Prävalenz zu gelangen«, sagte er, und es klang nicht nach einer Frage, schon gar nicht nach einer Bitte.
»Ich …«, begann Dominique, doch der Käfer in ihrem Selbst unterband die Worte.
»Ihre Körper enthalten Kommandoprozessoren. Ich empfehle Ihnen zu kooperieren, denn sonst geschieht dies.« Der Mann mit dem silbernen Haar und den kobaltblauen Augen betätigte die Kontrollen des Geräts, und Dominique schrie, als plötzlich kein Blut mehr durch ihre Adern zu fließen schien, sondern Säure. Nach einigen Sekunden, als sie wieder sehen konnte, fand sie sich erneut auf dem Boden wieder, schnappte nach Luft und stand mühsam auf, half dann ihrem keuchenden Vater hoch. Sie erinnerte sich daran, dass beim Betreten des Gebäudes zwei Dominante auf sie geschossen hatten. Im Brustteil ihrer Kleidung fand sie ein kleines Loch, und sie bemerkte auch eins in Dominiks Overall.
Der Dominante sah zu den anderen und knurrte etwas, wandte sich dann wieder an seine beiden Gefangenen. »Wir sind bereit.« Er deutete durch den Raum auf eine Tür, die dem Eingangstor genau gegenüberlag. »Bringen Sie uns zur Prävalenz.«
Es blieb Dominique gar nichts anderes übrig: Sie setzte sich in Bewegung, ging zusammen mit ihrem Vater zur Tür. Erinnerungen regten sich in ihr, und sie dachte an das Implantat, das sie bekommen hatte, als sie Teil des Projekts Brainstorm geworden war. Sie hatte es schließlich in Elmeth fortteleportieren und sich dadurch befreien können, aber hier lag der Fall anders. Der allegorische Käfer in ihrem Bewusstsein – der kontrollierende Einfluss – ließ sich nicht auf eine Ursache zurückführen, sondern war das Ergebnis des Zusammenwirkens hunderter molekülgroßer Kommandoprozessoren, die sich geschickt mit den T-Zellen in ihrem Blut verbanden und dadurch vom Immunsystem nicht als Fremdkörper erkannt werden konnten. Auf dem Weg zur Tür – nicht mehr als sechs oder sieben Meter – richtete Dominique einen sondierenden Blick nach innen, ohne dass der Käfer sie daran hinderte, und dabei offenbarte sich ihr eine ebenso wichtige wie erschreckende Erkenntnis. Die Kommandoprozessoren waren nur der erste Schritt zu einer viel tiefer gehenden Kontamination. Es handelte sich um Mikromaschinen, die dem Blut Nährstoffe entzogen und sie zur Replikation verwendeten. Die »Prozessoren« vermehrten sich, und zwar umso schneller, je mehr von ihnen existierten. Sie würden vom Blut aus in die Organe vorstoßen, sie nach und nach verändern, bis sie ähnliche Funktionen gewannen wie in den Körpern der Dominanten. Der »Käfer« in Dominiques Bewusstsein würde wachsen und ihre Denkstrukturen modifizieren. Das Ergebnis war letztendlich … eine andere Person, die zwar noch wie Dominique aussah, aber von ganz anderen Intentionen gesteuert wurde. Wir werden nicht zu Marionetten, sondern zu bereitwilligen Werkzeugen, zu Verbündeten der Dominanten , dachte sie, und das Fremde in ihr ließ diesen Gedanken zu, da er sie nicht davon abhielt, den Anweisungen zu gehorchen.
Als sie die Tür erreichte, warf Dominique ihrem Vater einen kurzen Blick zu und sah in seinen Augen das gleiche Entsetzen, das auch sie empfand.
»Wie viel Zeit bleibt uns?«, brachte er leise hervor.
Dominique wollte antworten, aber Zunge und Lippen blieben unbewegt.
»Öffnet die Tür«, sagte der Dominante hinter ihnen.
Ein Tunnel zum Tal-Telas bildete sich, vom Käfer bewacht, und Dominique bekam Zugang zu der Energie, die sie brauchte, um die Struktur der Tür zu erkennen und eine Möglichkeit zu finden, sie zu öffnen. Eine mentale Brücke
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