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Kantaki 06 - Feuerträume (Graken-Trilogie 3)

Kantaki 06 - Feuerträume (Graken-Trilogie 3)

Titel: Kantaki 06 - Feuerträume (Graken-Trilogie 3) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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in Dominique den Wunsch, die Stränge vom Schlafenden zu lösen. Aber so schmerzhaft es auch war: Ein Teil von Dominique begehrte auf, stemmte sich dem fremden Einfluss entgegen. Sie sah, wie Olkins lange Finger erneut die Kontrollen des Geräts bedienten, und der Schmerz wurde heftiger. Dominique setzte ihm einen anderen Schmerz entgegen: Sie öffnete sich dem Feuer des Flix, nahm es in sich auf und rief um Hilfe .
    Der Ruf verbrannte nicht in den Flammen des Flix, sondern schwang sich über sie hinweg und stieg auf, hallte über das Möbiusband mit der Endlosen Stadt. Er wurde wie zu einem Kontrapunkt des Klirrens und Brummens der Sphärenmusik. Während Dominique innerlich brannte, während das Feuer den Käfer in ihrem Bewusstsein in Asche verwandelte, bildete sich über der Stadt erneut ein Himmel aus Augen, und plötzlich wusste sie, was jene Augen waren: das wache Selbst der Prävalenten. Sie begriff nun, was ihr Vater mit den Worten Du hörst ihre Stimmen, und du siehst sie die ganze Zeit über gemeint hatte. Sie war davon überzeugt gewesen, dass die klirrenden und brummenden Laute von der Stadt kamen, aber in Wirklichkeit handelte es sich um die Stimmen der Prävalenten. Und sie sah sie tatsächlich: die funkelnden Lichter und Leuchterscheinungen, die das Möbiusband umgaben. Dominique hob ihre Hände, betrachtete die violetten Finger und sah, dass Funken von den Kuppen sprangen, aufstiegen wie zuvor der Ruf um Hilfe und sich dem Funkeln hinzugesellten.
    Was sie bis eben für die Musik der Stadt gehalten hatte, veränderte sich, und mehrere Lichter kamen herab, schwebten durch den Turm und vereinigten sich neben dem Gläsernen im Zylinder. Eine vage Gestalt zeichnete sich ab …
    Olkins Gesicht wurde zu einer Grimmasse, als sich das Leuchten neben ihm ausdehnte, das Kontrollgerät in seinen Händen berührte und es verschwinden ließ. Im gleichen Augenblick spürte Dominique, wie die Kommandoprozessoren in ihr plötzlich nicht mehr existierten.
    Olkin ballte die Fäuste und fauchte etwas, bevor er ebenfalls verschwand. Dominique schwankte, mit freien Gedanken und brennender Seele. Aber ihre Seele verbrannte nicht, und die Schmerzen ließen langsam nach.
    Die vage Gestalt im Leuchten bekam deutlichere Konturen. Eine halbe Minute verstrich, und dann trat eine zarte, gläserne Gestalt aus dem Schimmern. Die Linienmuster im halb durchsichtigen Körper pulsierten, und die Augen im schmalen, lang gestreckten Kopf funkelten fast so wie die Lichter am Himmel. Dominique sah, wie sich ein Mund bildete.
    Laute erklangen, gesellten sich der Musik der Endlosen Stadt hinzu und wurden ein Teil von ihr. Zuerst verstand Dominique nicht, was die Gestalt vor ihr sagte, aber es dauerte nicht lange, bis aus den Lauten Worte wurden. Aus dem Augenwinkel sah sie, wie ihr Vater auf die Beine kam und sich näherte.
    »Du stammst aus dem vom Kranken geschaffenen Universum«, sagte der Prävalente vor Dominique. Die Augen der anderen Prävalenten blickten vom Himmel, und die funkelnden Lichter formten einer Wolke über dem Turm, der erneut die Farbe wechselte und nun ein mattes Safrangelb zeigte. »Und du hast um Hilfe gerufen. Wir bedauern, dass du leiden musstest.«
    »Sprichst du mit ihm?«, brachte Dominik mit krächzender Stimme hervor. »Sag ihm, dass der Schlafende geschützt werden muss. Sag ihm …«
    »Ich weiß Bescheid, Vater«, sagte Dominique, ohne den Blick vom Prävalenten abzuwenden. »Und Sie ebenfalls, nicht wahr? Sie wissen, was der Kranke angerichtet hat. Leben ist Ihnen heilig. Er hat mit Leben gespielt .« Sie deutete auf die Gestalt im Zylinder.
    Der Prävalente richtete einen langen Blick auf den Schlafenden und wandte sich dann wieder an Dominique. »Ja, wir wissen jetzt Bescheid. Wir haben es in deinen Gedanken und Erinnerungen gesehen. Wir …« Die Augen am Himmel blinzelten, und Dominique fühlte so etwas wie Kummer und Reue. »Wir hätten besser auf ihn achtgeben müssen.
    Als wir ihn gestern nach Ausbruch der Erkrankung in den Schlaf schickten … Es wäre besser gewesen, ihm einen Begleiter mitzugeben, jemanden, der über seine Träume wachte. Wir haben nicht erkannt, wie krank er ist. Es gelang ihm, seinen wahren Zustand vor uns zu verbergen.«
    Gestern , wiederholte Dominique in Gedanken und wechselte einen kurzen Blick mit ihrem Vater. Für die Prävalenten war es gestern geschehen: Olkin hatte in nur einem »Tag« ein Universum erschaffen, in dem etwa vierzehn Milliarden Jahre vergangen

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