Kantaki 06 - Feuerträume (Graken-Trilogie 3)
Weg nach Millennia war; Details über Konfiguration und Potenzial der Taifun sowie andere technische Einzelheiten. Hinzu kamen die Einschätzungen der Sektion 1 des Schwesternrates, zuständig für taktisch-strategische Situationsanalysen und Bewertungen. Die Analytikerinnen gingen davon aus, dass auch Impro Zacharias damit beauftragt war, mehr über die Zäiden und ihren aktuellen Entwicklungsstand herauszufinden. Die Einrichtungen des Schiffes und vermutlich auch davon unabhängige Werkzeuge wie Implantate würden ihn bei dieser Aufgabe unterstützen. Daraus ergab sich ein weiterer Auftrag für Tamara: Sie sollte dafür sorgen, dass Zacharias möglichst wenige brauchbare Informationen nach Kalaho zurückbrachte.
Nach der Splitterung fanden die einzelnen Selbstfragmente wieder zueinander, und während Tamara 14 im Ruheraum schlief, kam es nach dem Datentransfer zu einer Prioritätsprozedur. Semiaktive Synapsen und Neuronen verankerten die Informationen im Gehirn – sie würden nie verloren gehen, selbst wenn Tamara ihr zehntausendstes Lebensjahr erreichte. Hinzu kam: Die aufgenommenen Daten blieben auch bei einer telepathischen Sondierung verborgen, denn sie waren in einem Teil des Gehirns gespeichert, der erst dann Aktivität entfaltete, wenn bestimmte Situationen entsprechende Informationen erforderten.
Die Sektion 1 hütete ihre Geheimnisse gut.
Tamara lag im warmen Wasser einer Therme von Empirion, körperlich in Gesellschaft und geistig allein. In der anderen Hälfte des Beckens sprach eine Lyzeum-Lehrerin mit einigen jungen Tal-Telassi, die gerade die Pubertät hinter sich hatten und erst noch lernen mussten, ihre Gefühle unter Kontrolle zu halten. Aus halb geschlossenen Augen beobachtete Tamara die Schar und empfing ihre Emanationen, ohne ihre Sinne Delm zu öffnen. Die eigene Kindheit und Jugend lagen fast achtzehnhundert Jahre zurück, und die Erinnerungen daran wurden allmählich vage; manchmal fiel es ihr schwer, sich an Einzelheiten zu erinnern. Es war eine Zeit der inneren Tumulte gewesen, doch an eins entsann sie sich deutlich: an ihre Erleichterung, als jene Zeit endlich hinter ihr lag. Die jungen Frauen und ihre Lehrerin wahrten einen respektvollen Abstand und sprachen leise, aber sie hätten Tamara auch dann nicht gestört, wenn ihre Stimmen laut gewesen wären. Was jene Schülerinnen erst noch lernen mussten, war ihr längst zur zweiten Natur geworden: die Meditation.
Tamara schloss die Augen ganz, gab ihren nackten Leib der Wärme des Wassers hin und ließ die Stimmen der anderen Tal-Telassi leiser werden, zu einem Flüstern im Hintergrund, das nicht störte, sondern entspannte. Ein leichtes Pricken in Brust und Rücken erinnerte sie an das neue mnemische Gewebe in ihr, das bereit war, Hunderte von Petabyte an Daten aufzunehmen. Sie seufzte innerlich. Die bevorstehende Mission gefiel ihr ganz und gar nicht, aber sie wusste auch, dass ihr keine andere Wahl blieb, als sich damit abzufinden – sie war die am besten geeignete Tal-Telassi für die Reise zu den Maschinenzivilisationen.
Politische Erwägungen, taktische und strategische Planungen, die Bühne der interstellaren Politik … Tamara wusste, dass solche Dinge wichtig waren, aber sie befasste sich nicht gern damit. Es lief ihr zu sehr auf ein Streben nach Macht hinaus. Der Auftrag kam von Zara, der letzten und einzigen Großmeisterin der Schwesternschaft, und darin sah Tamara ein weiteres Problem. Ihr Einfluss war gewachsen, seit sich Millennia zur unabhängigen Republik erklärt hatte. Praktisch alle wichtigen Entscheidungen wurden von ihr getroffen. Es fehlte ein Gegengewicht, zwei oder drei andere Großmeisterinnen, die ihre Entscheidungen gemeinsam trafen, nach reiflicher Überlegung. Derzeit gab es keine Tal-Telassi, die das Potenzial zur Großmeisterin hatten. Dominique, Tochter des legendären Dominik, wäre zweifellos Großmeisterin geworden, aber sie war seit mehr als achtzig Jahren verschwunden. Unmittelbar nach dem Versuch der Graken, Millennia erneut unter ihre Kontrolle zu bringen, waren sie und ihr Begleiter Rupert mit dem Kantaki-Schiff aufgebrochen, das damals, vor achttausend Jahren, die Flüchtlinge und den Ursprung des Tal-Telas nach Millennia gebracht hatte. Niemand wusste, was aus den beiden geworden war und ob sie überhaupt noch lebten. Die junge Dominique, so glaubte Tamara, hätte einen guten Gegenpol zu Zara gebildet. So wie sich die Dinge derzeit entwickelten, lief die Republik Millennia Gefahr, zur
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