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Kanzler, Krise, Kapital: Wie Politik funktioniert (German Edition)

Kanzler, Krise, Kapital: Wie Politik funktioniert (German Edition)

Titel: Kanzler, Krise, Kapital: Wie Politik funktioniert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marietta Slomka
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internationalem Entschuldungsprogramm. Bis sich der Staat erholt, vergehen viele Jahre, die für die Bürger nicht angenehm sind. Viele Menschen verlieren ihr Vermögen, das sie über Jahrzehnte angespart haben, viele verarmen.
    Dass Deutschland in absehbarer Zeit ein drittes Mal pleitegeht, ist aber höchst unwahrscheinlich. Dafür sind wir heute zu reich – und es gibt auch keinen Krieg, der uns ruinieren könnte. Aber es wäre natürlich denkbar, dass der Euro ins Schlingern kommt und auch die Deutschen darunter leiden. Das versucht die Regierung zu vermeiden, notfalls auch, indem sie noch mehr Geld ausgibt, das sie eigentlich nicht hat.

Im Namen des Volkes: Politiker, Richter, Beamte
    Über allen steht das Gesetz. Denn selbstverständlich müssen sich Politiker an Gesetze halten – und Richter ebenfalls. Damit die Arbeit im Parlament aber nicht andauernd böswillig durch unrichtige Strafanzeigen unterbrochen werden kann, gibt es für Abgeordnete die »politische Immunität«. Das heißt: Parlamentsmitglieder dürfen nicht während ihrer politischen Tätigkeit verhaftet werden. Damit soll verhindert werden, dass politische Gegner eine Partei im Parlament arbeitsunfähig machen, indem sie munter Strafanzeigen gegen deren Abgeordneten stellen. Die wären dann nur noch mit der Polizei beschäftigt und nicht mehr mit der Politik.
    Das heißt aber nicht, dass Abgeordnete deshalb tun und lassen dürfen, was sie wollen. Sie müssen sich sehr wohl an alle Gesetze halten – sonst kann die Immunität aufgehoben werden, was im Falle strafbarer Handlungen beziehungsweise einem entsprechenden Verdacht auch schon vorgekommen ist. Die Immunität ist nur ein Schutz vor politisch motivierten Anzeigen.
    Ausländische Regierungschefs und Diplomaten genießen diese Immunität ebenfalls, aber auch sie können für Fehlverhalten sehr wohl zur Verantwortung gezogen werden. Es ist schwieriger und dauert länger, geht aber. (Na ja, theoretisch jedenfalls. Faktisch sieht man in Berlin die schwarzen Limousinen der ausländischen Botschaften überall fröhlich im Halteverbot stehen.) Auch für Richter gibt es keine Sonderregelungen. Vor dem Gesetz stehen sie da wie jeder andere Bürger.
    Trotzdem gibt es Richter, die Gesetze für ungültig erklären können: beim Verfassungsgericht. Ihre Aufgabe besteht darin, festzustellen, ob eine einzelne Vorschrift oder ein Gesetz in der vorliegenden Form zulässig ist. Allerdings erlässt das Verfassungsgericht im Falle eines negativen Urteils kein neues Gesetz, sondern sagt nur, dass dies oder jenes so nicht geht, und fordert die Politiker auf, es bitte schön besser hinzukriegen. Danach machen sich die Ausschüsse und Abgeordneten wieder brav an die Arbeit.
    Wer hat also letztlich mehr zu sagen, Richter oder Politiker? Eindeutig die Politiker. Denn nur sie haben das Recht, Gesetze zu gestalten. Richter müssen im Sinne dieser Gesetze richten, ob das nun mit ihren persönlichen Wertvorstellungen übereinstimmt oder nicht. Und selbst Verfassungsrichter erteilen der Politik bestenfalls detaillierte Ratschläge, wie sie dafür sorgen können, dass das fragliche Gesetz verfassungsmäßig wird. Solche Entscheidungen kommen immer häufiger vor. Doch daran ist die Politik im Wesentlichen selbst schuld: Nur zu gerne verweist sie aufs Bundesverfassungsgericht, um zu begründen, warum dies nicht geht oder jenes gemacht werden muss.
    In Deutschland gibt es eine Menge verschiedener Gerichte: Arbeitsgerichte, Finanzgerichte, Amtsgerichte, Sozialgerichte, Verwaltungsgerichte und Verfassungsgerichte. Die meisten Streitigkeiten kann man bei einem Gericht in der unmittelbaren Umgebung klären lassen. Wenn einer der beiden Prozessgegner mit dem Urteil nicht einverstanden ist, kann normalerweise Beschwerde eingelegt und die ganze Sache bei einem höherrangigen Gericht noch mal überprüft werden. Gerichte für verschiedene Themenbereiche gibt es natürlich vor allem deshalb, weil die Leute, die dort arbeiten, sich spezialisieren können und bis in komplexe Einzelaspekte etwas von ihrem Fachgebiet verstehen. Außerdem müssen die Gerichte unabhängig sein. Richter können nicht versetzt oder entlassen werden, nur weil jemandem ihre Arbeitsweise nicht passt. Anders als hohe Mitarbeiter in Ministerien verlieren selbst wichtige Richter deshalb ihren Posten nicht nach einer Bundestagswahl. Allerdings wird bei der Besetzung bestimmter Posten, zum Beispiel beim Bundesverfassungsgericht, darauf geachtet, dass an einem

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