Kanzler, Krise, Kapital: Wie Politik funktioniert (German Edition)
amerikanischen Kaffeebechern »Caution: hot / Vorsicht: heiß«. Oder auf Mikrowellen-Geräten: »Vorsicht! Nicht zum Trocknen von Haustieren geeignet.« Ernsthaft! Das alles nur, um sich rechtlich abzusichern. Denn sonst steckt jemand seine nasse Katze in die Mikrowelle und verlangt anschließend Schmerzensgeld für den Verlust. Sicher ist hier in Deutschland vieles überregelt. Aber wenn die größere Freiheit dazu führt, dass vor allen möglichen und unmöglichen Dingen gewarnt werden muss, ist das auch Unfug. Es gibt zwar weniger Regeln, dafür höheren Verbraucherschutz, um fahrlässig arbeitende Unternehmen abzuschrecken. Letztlich kommt es am Ende fast auf das Gleiche heraus.
Warum aber sind nun zum Beispiel die Mieten gesetzlich geregelt? Mieten dürfen ja nicht unbegrenzt erhöht werden, und man darf nicht mir nichts dir nichts, aus der Wohnung geworfen werden. Der Grund: Bleibt jemand irgendwo lange wohnen, soll er als Mieter eine gewisse Verlässlichkeit in Bezug auf seine Kosten haben. Der Vermieter kann nicht einfach ankommen und sagen: »Zahl mir 500 im Monat mehr, oder du fliegst morgen raus.« Ein Dach über dem Kopf ist ein Grundbedürfnis und jeder Umzug aufwändig und teuer, deshalb sollen Menschen in diesem Bereich besonders geschützt werden. Aber auch der Vermieter soll gewisse Sicherheiten haben. Wenn die Wohnung leer steht, hat er laufende Kosten, aber keine Einnahmen. Deshalb gelten auch für den Mieter Kündigungsfristen, damit der Hausbesitzer die Chance hat, bis zum Auszug neue Mieter zu finden. Mehr Sicherheit, aber weniger Freiheit – auf diese Abwägung läuft es am Ende immer wieder hinaus. Beim Mietrecht zeigt sich aber auch, dass man dessen Regeln gut unterlaufen kann. Investoren haben sich als ziemlich geschickt erwiesen, Altmieter rauszuekeln, um danach endlich abreißen oder sanieren und danach viel teurer neu vermieten zu können. Denn bei Neumieten gilt die alte Begrenzung nicht mehr, und auch Sanierungskosten können auf die Miete umgelegt werden, mit teils horrenden Folgekosten für die Altmieter, die meist spätestens dann ausziehen müssen. Würde man die Möglichkeit zu Mieterhöhungen allerdings generell rigoros klein halten, wäre der Anreiz, neue Häuser zu bauen oder vergammelte zu sanieren, auch geringer. Auch hier muss der Staat abwägen.
Wie viel Markt, wie viel Staat?
Der Staat soll den Verbraucher aber nicht nur direkt schützen, durch entsprechende Regeln, sondern auch dafür sorgen, dass der marktwirtschaftliche Wettbewerb nicht zulasten der Verbraucher »verzerrt« wird, wie Ökonomen sagen. Manchmal klappt das besser, manchmal schlechter. Bei Strom und Gas gibt es eine Handvoll großer Unternehmer, die maßgeblich die Preise bestimmen. Und die gehen immer weiter nach oben. Die Gewinne dieser Unternehmen ebenfalls … Der Verdacht liegt nahe, dass es beim Gas ein »Oligopol« gibt. Dies gleicht einem Monopol, mit dem Unterschied, dass es nicht bloß einen Anbieter gibt, sondern mehrere große, die Deutschland quasi aufgeteilt haben, sich aber gegenseitig keine Konkurrenz machen und auf diese Weise die Preise hochhalten können. Deshalb guckt das in Bonn beheimatete Bundeskartellamt und europaweit die EU -Kommission als Wettbewerbshüter in solchen Fällen genau hin. Oft vermutet werden auch Preisabsprachen zwischen großen Firmen, die gern alle gut verdienen wollen. Das Kartellamt soll daher ermitteln: Kostet Milch bei Aldi, Lidl und Netto ungefähr das Gleiche, weil die drei ähnlich kalkulieren – oder weil sie es verbotenerweise verabredet haben? Das Kartellamt muss zudem manche Firmenzusammenschlüsse genehmigen, damit nicht die beiden größten Player fusionieren und dann alle Konkurrenten plattmachen können. Wenn also aus Spar und Edeka eine Firma wird oder die Chemieriesen Bayer und Schering gemeinsame Sache machen, muss das vom Staat abgenickt werden Kartellämter gibt es in den meisten Ländern, aber auch international. So verpasste zum Beispiel die EU -Kommission der Softwarefirma Microsoft Bußgelder in Höhe von insgesamt 1,68 Milliarden Euro, weil sie ihre »marktbeherrschende Stellung« ausgenutzt hatte. Der Staat greift also ein, um den Markt zu schützen und damit die Konsumenten vor zu hohen Preisen zu bewahren.
Manche Regeln ergeben sich auch, weil bestimmte Leistungen ohnehin nur der Staat erbringen kann. Sinnvollerweise darf nur er Geld drucken, Pässe ausstellen, Wahlen durchführen, Gefängnisstrafen verhängen, Grenzen
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