Kanzler, Krise, Kapital: Wie Politik funktioniert (German Edition)
Einkaufszentren und Innenstädte. Wir bedauern es, wenn kleine originelle Läden schließen. Aber wir kaufen selbst im Billigmarkt außerhalb der Stadt oder im Internet ein und tragen damit zu genau dieser Entwicklung bei. Das führt zu einer Verdrängung der Regionalkultur. Wenn überall McDonald’s und Starbucks eröffnen, haben es kleine, inhabergeführte Cafés schwerer. Ähnliches gilt für den kulturellen Austausch: Die TV -Sendung Wer wird Millionär? läuft in über hundert Ländern – auf Showideen aus Nigeria oder dem Sudan wartet man jedoch vergebens. Und überall auf der Welt fanden sich zum Beispiel beinah zeitgleich diese bunten, gelochten Plastiklatschen. Wirklich überall! Das ist total langweilig, lieber würde man doch an seinem Urlaubsort mehr »Einheimisches« sehen, statt weltweit überall das Gleiche.
Auf dem Weltmarkt werden damit multinationale Unternehmen außerdem immer wichtiger und stärker. Das kann dazu führen, dass große Unternehmen so mächtig werden wie kleine Staaten. Bill Gates zum Beispiel, der reichste Mann der Welt, hat eine wohltätige Stiftung, die jedes Jahr mehr Geld ausgeben kann als die Weltgesundheitsorganisation der Vereinten Nationen! Es ist natürlich schön, dass Gates so großzügig ist – aber es macht ihn auch sehr mächtig. Wie er sein Geld einsetzt, entscheidet er allein, als »wohlmeinender Diktator« sozusagen. Demokratisch kontrolliert ist das nicht.
Auf der anderen Seite ist unsere eigene Welt auch bunter geworden. Wir profitieren von der Globalisierung ja nicht nur, weil wir uns Dinge leisten können, die viel, viel teurer wären, wenn sie in Deutschland produziert würden: Computer, Handys, MP3-Player, Kleidung, Autos … Viele Produkte sind heute auch viel schneller weltweit erhältlich. Schnurlose Telefone zum Beispiel konnte man Ende der achtziger Jahre in Deutschland noch nicht kaufen, in den USA aber schon. Heute werden viele technische Geräte weltweit praktisch zeitgleich auf den Markt gebracht. Und dass wir in jedem deutschen Supermarkt thailändischen Basmatireis, nepalesische Gewürzpaste und chinesischen Jasmintee kaufen können, macht ja durchaus Spaß und eröffnet uns neue Geschmackserlebnisse. Außerdem ist es manchmal nicht schlecht, dass so viele Produkte weltweit vertrieben werden. Es macht die Welt zwar etwas langweiliger, ja, aber man fühlt sich auch überall sicherer, weil so viel Vertrautes da ist. Am ersten Tag in Peking muss man dann nicht gleich Walpenisse oder Seegurke kosten, sondern kann sich erst mal im Tempel des goldenen M einen vertrauten Burger holen.
Reisen und Auslandsaufenthalte sind sowieso viel einfacher geworden. Im Internet kann man sich schon vorher überall auf der Welt seine Schlafstätte buchen. Früher reiste man los und hatte nur vage Vorstellungen, wie es in Ecuador aussieht, ein paar Fotos im Reiseführer, vielleicht eine Doku im Fernsehen – sehr viel mehr hatte man vorher nicht gesehen. Und wo wir wohl unterkommen werden? Heute kann man sich selbst entlegene Weltregionen schon lang und breit vorher ansehen, Videos anklicken, Blogs lesen, Hotelkritiken durchforsten … Abenteuerlustige haben es langsam schwer, überhaupt noch irgendwo ins Unbekannte vorzustoßen! Entsprechend lässig sind junge Leute heute weltweit unterwegs. Klappen in Panama ihren Laptop auf und finden das ganz normal. In China zu studieren, war in den achtziger Jahren noch sehr ungewöhnlich und schwierig. Heute geht das ziemlich leicht (vorausgesetzt, man lernt Chinesisch). Manchmal muss ich ein bisschen lächeln, wenn ich daran zurückdenke, wie ich mit 18 Jahren das erste Mal geflogen bin, und dann gleich nach Amerika! Wow! Das erste Mal echte Palmen am Strand gesehen! Und die großen Schlitten, mit denen die Amis damals noch herumkurvten! Heute finden viele 18-Jährige Amerika ungefähr so exotisch wie Wanne-Eickel. Gut, das ist jetzt vielleicht ein bisschen übertrieben. Aber in Köln dürfte es nicht wenige Jugendliche geben, die schon zweimal in Costa Rica waren, aber noch nie in Sachsen-Anhalt. So wächst die Welt eben zusammen.
Waschnüsse und Inka-Reis
Generell führt die enge weltweite Vernetzung dazu, dass uns wirtschaftliche Faktoren anderswo viel direkter betreffen. Wenn zum Beispiel US -Banken pleitegehen, geraten ganz schnell auch deutsche Banken in Schieflage, die in amerikanische Firmen oder Finanzpapiere investiert haben. Alles hängt mit allem zusammen und kann quer über den Globus unerwünschte
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