Kanzler, Krise, Kapital: Wie Politik funktioniert (German Edition)
Jahrhunderte gedauert, bis man erkannte, welche Folgen es hat, Industriegase ungehemmt in die Luft zu blasen und Flüsse zu vergiften.
Heute gründen sich schon in Entwicklungsländern Umweltschutzgruppen, deren Aktivisten international unterstützt werden, etwa beim Kampf gegen die Abholzung von Regenwäldern. Selbst in der Umweltsünder-Republik China macht sich langsam der Umweltschutzgedanke breit. Den Smog in chinesischen Großstädten riechen und sehen sogar die Parteikader, und was es mit Smog auf sich hat und was man dagegen tun kann, müssen sie nicht erst langsam lernen – ein Blick ins Internet, und man hat die ganze Bandbreite entsprechender Informationen.
Deutschland genießt übrigens den Ruf, das »grünste Land der Welt« zu sein – kein Staat sorge in gleichem Maß durch politische Bestimmungen für automatischen Umweltschutz, urteilte jedenfalls das US -Politmagazin Newsweek 2008. Dabei sei es vor allem gelungen, die Industrie zu überzeugen, dass sich naturfreundliches Verhalten letztlich auszahle. Andere Länder davon zu überzeugen, ist allerdings nicht so leicht.
Mittlerweile hat China die USA bei den Emissionen überholt – das heißt, chinesische Fabriken blasen mehr Dreck in die Luft als amerikanische. Aber die Chinesen argumentieren, dass erstens pro Einwohner ihr Schaden immer noch geringer sei als der pro Einwohner in den USA (was logisch ist: China hat ja auch viel mehr Einwohner). Außerdem hätten die etablierten Industriestaaten die Umwelt lange verpestet und damit eine Menge Geld verdient – warum sollen die neuen Konkurrenten diese Chance nicht bekommen?
Sehr prägnant formulierte das der Präsident von Ecuador: »Wenn ihr westlichen Industrieländer wollt, dass wir unseren Regenwald nicht abholzen, dann zahlt auch dafür. Schließlich habt ihr euch jahrhundertelang entwickelt, ohne Rücksicht auf die Umwelt zu nehmen.«
Das ist zwar schlüssig argumentiert, macht unsere Welt aber nicht besser.
Wie kann also eine Lösung aussehen? Sicher wäre es ungerecht, südamerikanischen, asiatischen und afrikanischen Staaten jetzt den wirtschaftlichen Aufschwung quasi zu verbieten, weil sie genauso hohe Umweltstandards erfüllen sollen wie wir. Es ist aber zugleich zwingend notwendig, den Klimaschutz voranzutreiben; unter den Folgen weltweiter Umweltverschmutzung leiden sonst alle.
Deshalb werden diverse Ansätze verfolgt:
Forschen, was das Zeug hält: Schadstofffilter, neue Energiequellen, Einsparlösungen.
Schadstoffausstoß in Europa und den USA drastisch senken (auch dazu braucht man neue technische Erfindungen).
Schadstoffausstoß im Rest der Welt begrenzen, notfalls gegen Ausgleichszahlungen beziehungsweise Handel mit Verschmutzungsrechten. Dafür wird eine Gesamtmenge an Schadstoffausstoß festgelegt und auf die verschiedenen Länder verteilt. Länder, die weniger ausstoßen, als sie dürfen, können ihre überschüssigen Verschmutzungsrechte an jene Länder verkaufen, die mehr ausstoßen, als ihnen eigentlich erlaubt wäre.
Umwelttechnik in Entwicklungsländern fördern. In Afrika zum Beispiel könnte man Solarenergie weit besser nutzen als bisher! Fachleute haben sogar ausgerechnet, dass man mit afrikanischer Sonnenwärme genug Strom für die ganze Welt erzeugen könnte – unklar ist nur, was es kostet und wie man ihn zum Zielort bringt.
Weil die Erderwärmung vielleicht zu bremsen, aber nicht zu stoppen ist, müssen auch Sicherheitsmaßnahmen vorbereitet werden: Deiche und Dämme höher ziehen, Uferbefestigungen anlegen etc.
Immerhin wird versucht, das Umweltproblem international anzugehen. Das riesige China mit an Bord zu holen, ist dabei die größte Herausforderung. Wenn wir uns allerdings Sorgen machen, was aus der Umwelt wird, sobald erst mal eine Milliarde Chinesen Auto fahren statt Fahrrad, müssen wir fairerweise sagen: Wir wollen ja auch, dass die Chinesen unsere Autos kaufen. Ein chinesischer Wirtschaftsprofessor hat zu mir mal gesagt: »Ihr verkauft uns eure Autos. Und siehe da: Wir fahren sie auch!«
Langeweile im Global Village
Als ein Nachteil der Globalisierung wird oft die zunehmende Vereinheitlichung empfunden. Wenn man weltweit verkaufen will, dann am besten überall das gleiche Zeug. Verschiedene Produkte für die einzelnen Länder herzustellen, ist viel teurer, als der ganzen Welt die gleichen Shirts, Schuhe und Jeans anzudrehen. Dabei verhalten auch wir Kunden uns im »Superkapitalismus« oft widersprüchlich. Wir beklagen die ewig gleichen
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