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Kanzler, Krise, Kapital: Wie Politik funktioniert (German Edition)

Kanzler, Krise, Kapital: Wie Politik funktioniert (German Edition)

Titel: Kanzler, Krise, Kapital: Wie Politik funktioniert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marietta Slomka
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verantwortlich waren, sogar zum Tode verurteilt, zwei sind bereits hingerichtet worden. Das ist aus europäischer Sicht natürlich auch keine zufriedenstellende Lösung!
    Wie schwierig aber Kontrollen sind, zeigte sich etwa 2013, als herauskam, dass Freiland- und Bio-Hühner in viel größerer Zahl als zugelassen in Ställe beziehungsweise Gehege gepfercht wurden. Eine solche Tierquälerei erwartet man natürlich nicht, wenn man Eier von »glücklichen« Hühnern kauft. Die Grünen-Politikerin Renate Künast forderte daraufhin: »Wir müssen einen Weg finden, (die Hühner) zu zählen.« Das zeigt allerdings auch eine gewisse Machtlosigkeit von Staat und Verbrauchern gegenüber dem Gewinnstreben einzelner Unternehmer. Wie soll es möglich sein, täglich oder auch nur regelmäßig alle Hühner auf allen Höfen Deutschlands zu zählen? Das geht bestenfalls durch die Androhung regelmäßiger unangekündigter Stichproben. Die kosten allerdings auch.
    Durch den enger verzahnten Welthandel wird es jedenfalls immer schwieriger, Kontrollen durchzuführen und Handelswege nachzuvollziehen. Das wurde auch im Sommer 2011 deutlich, als in Norddeutschland zahlreiche EHEC -Infektionen auftraten. Man vermutete eine Ansteckung durch Tomaten, Gurken oder rohes Gemüse. Aber woher kam das Gemüse, das die Erkrankten gegessen hatten? Es dauerte Wochen, Gurken, Tomaten usw. quer durch Europa zurückzuverfolgen. Am Ende waren es mit hoher Wahrscheinlichkeit Sprossen aus ägyptischen Bockshornkleesamen. Wenn man sich vor Augen hält, welche Massen an Produkten weltweit gehandelt werden und über welch verschlungene Handelswege sie zu uns kommen, kann man sich manchmal beinahe wundern, dass nicht noch viel mehr Giftiges auf unseren Tellern landet.
    Die Anti-Globalisierungs-Bewegung
    »Die Globalisierung an sich ist weder gut noch schlecht.« Der Satz stammt von einem prominenten Globalisierungs kritiker , dem amerikanischen Wirtschaftswissenschaftler und Nobelpreisträger Joseph E. Stiglitz. Er setzt sich mit den »Schatten der Globalisierung« auseinander (so heißt eines seiner Bücher), moniert vor allem die Übermacht der Industriestaaten und ihrer Finanzinstitutionen. Sie würden dem Welthandel ihre Bedingungen aufzwingen und damit Ausbeutung und Verelendung in den ärmeren Regionen der Welt verursachen oder zumindest verstärken. Dabei hat er besonders Institutionen wie den Internationalen Währungsfond ( IWF ) und die Weltbank im Auge, die Kredite an Entwicklungsländer vergeben. Dabei, so Stiglitz, würden sie einen dogmatischen Kapitalismus verfolgen, der vor allem den Interessen der Finanzmärkt dient und nicht den Interessen der Menschen in unterentwickelten Ländern. Stiglitz ist Globalisierungskritiker, aber kein Globalisierungsgegner. Er ist nämlich durchaus für Freihandel und Marktwirtschaft.
    Kurzer Einschub: IWF und Weltbank sind zwei internationale Institutionen, die bereits 1944 gegründet wurden, vor dem Hintergrund des Zweiten Weltkrieges und der massiven Zerstörung, die er angerichtet hatte. Wobei es den Gründern damals vor allem um den Aufbau eines stabilen weltweiten Währungssystems ging und darum, Ländern zu helfen, die in Zahlungsschwierigkeiten geraten. Beide sind Sonderorganisationen der Vereinten Nationen. Dem IWF gehören heute 188 Mitgliedstaaten an, also beinah die ganze Welt. Die Mitglieder zahlen Kapital ein, ähnlich wie in eine Versicherung, und können dafür Hilfe abrufen, wenn sie in Not geraten. Im Grunde sind beide Institutionen so etwas wie eine globale Förderbank. Allerdings eine Bank, die sehr genaue Vorstellungen davon hat, wie sich ihre Kunden zu verhalten haben, wenn sie Kredite haben wollen. Genau daran setzt die Kritik der Globalisierungsgegner an.
    Die ebenfalls sehr bekannt gewordene Gruppe Attac wiederum konzentrierte sich in ihren Anfängen auf die Forderung nach einer Finanzmarktsteuer. Der Name Attac kommt aus dem Französischen und ist die Abkürzung für »Vereinigung zur Besteuerung von Finanztransaktionen im Interesse der BürgerInnen«. Auch Attac sucht also nach Instrumenten, marktwirtschaftliche Strukturen gerechter zu machen und Auswüchse einzudämmen, sie fordert aber nicht die »Abschaffung« der Finanzmärkte. Andere Gruppen sind radikaler und kritisieren das »kapitalistische System« an und für sich.
    Die meisten Globalisierungsgegner aber wollen die Globalisierung durchaus nicht »abschaffen« (wie auch?). Insofern ist der Begriff »Globalisierungsgegner« etwas

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