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Kanzler, Krise, Kapital: Wie Politik funktioniert (German Edition)

Kanzler, Krise, Kapital: Wie Politik funktioniert (German Edition)

Titel: Kanzler, Krise, Kapital: Wie Politik funktioniert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marietta Slomka
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»hineingezogen«, »müssen auf Bedrohungen reagieren« oder »Rechte unseres Volkes durchsetzen«. Dass einer ganz offenherzig sagt: »So, wir ziehen jetzt los und greifen an, weil wir mehr Kühe/Land/Ölquellen wollen«, kommt in der Regel nicht vor. Am deutlichsten sind noch die Dschihadisten, die ihren Heiligen Krieg zwar auch als Verteidigung des Islam gegen jüdisch-christlichen Imperialismus sehen, dabei aber auch recht unverhohlen erklären, dass sie »die Ungläubigen« auslöschen und das Schwert des Islam in die Welt tragen wollen.
    Die Grenzen zwischen bewaffnetem Konflikt und Krieg sind fließend. Vom Krieg spricht man, wenn Kämpfe über einen längeren Zeitraum gehen, organisiert sind und viele Menschen betreffen. Konfliktforscher nennen hier zum Beispiel mehr als 1000 Tote im Jahr, was aber letztlich auch ein willkürliches Kriterium ist.
    Es gibt Kriege zwischen Staaten (internationale Kriege) und Kriege innerhalb eines Staates zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen (Bürgerkriege). Eine spezielle Kriegsform ist der Krieg nach innen als Staatsterror, wenn eine Regierung Krieg gegen ihr eigenes Volk führt. Das hat Hitler in Deutschland getan, als er Millionen Deutsche in Konzentrationslagern töten ließ (die deutschen Juden waren ja genauso Deutsche wie die deutschen Christen). Neuerdings gibt es auch noch den »Krieg gegen den Terror« als Antwort auf den »Heiligen Krieg«. Ob das ein richtiger Krieg ist oder nicht, darüber wird gestritten.
    In früheren Jahrhunderten wurde vor einem Krieg immerhin noch höchst formell eine Kriegserklärung ausgesprochen (»Ab morgen wird geschossen«), es gab klare Fronten, die Feldherren von einem Hügel aus beobachten konnten wie ein Fußballspiel, und am Ende schlossen die Gegner einen Friedensvertrag, bei dem dann im Zweifelsfall einer der Gewinner war. Das ist schon lange nicht mehr so. Inzwischen wird einfach mitten in der Nacht angegriffen. Oft sind Kriege aber auch heute noch vorhersehbar, sie brechen nicht gänzlich überraschend aus. Jedenfalls dann nicht, wenn große demokratische Staaten involviert sind. Vorher gibt es Ultimaten, UN -Beschlüsse etc. Das Fernsehen ist schon da, bevor die erste Rakete einschlägt. Eines ist aber beim Alten geblieben: Schluss ist meistens erst, wenn einer am Boden liegt. Oder beide nicht mehr können. »Erschöpfung« ist einer der Hauptgründe, die Kriegsparteien an den Verhandlungstisch zurückbringen. Was leider auch bedeutet, dass erst mal sehr viel Blut geflossen sein muss, bis sich die Erkenntnis durchsetzt, dass es für keinen mehr etwas zu gewinnen gibt. Erst dann hat die Diplomatie wieder eine Chance. Umso wichtiger ist es, dass aus einem Konflikt gar nicht erst ein Krieg wird. Ganz am Anfang sind die Chancen, die Waffengewalt einzudämmen, noch relativ groß. Sind erst mal sehr viele Menschen gestorben, ist es schwer, überhaupt jemals wieder friedlich miteinander umzugehen.
    Es gibt ein internationales »Kriegsrecht«, das regeln soll, was im Krieg erlaubt ist und was nicht: die sogenannte Haager Landkriegsordnung und die Genfer Konvention. Zum Beispiel steht darin, wie man Kriegsgefangene behandelt; man darf gegnerische Soldaten nicht einfach verhungern lassen, und die siegreichen Soldaten dürfen keine Frauen vergewaltigen (was sie aber häufig trotzdem tun). Ausdrücklich heißt es: »Die Staaten haben kein unbegrenztes Recht in der Wahl der Mittel zur Schädigung des Feindes.« Damit unterstellt man allerdings zugleich automatisch, dass manche Mittel schon irgendwie okay seien. Und logischerweise ist derjenige im Vorteil, der sich nicht an diese Regeln hält. Insofern steht das Kriegsrecht meist nur auf dem Papier. Erst wenn man den Krieg verliert, so wie der frühere Präsident Serbiens Slobodan Milo š evi ć (der »Schlächter vom Balkan«), kann man heutzutage dafür wegen »Verbrechen gegen die Menschlichkeit« vor Gericht gestellt werden. Aber ob das den nächsten derartigen Massenmörder abschreckt, ist zumindest fraglich.
    Immerhin wurden früher noch gewisse Minimalregeln eingehalten. Das Rote Kreuz zum Beispiel wurde als neutrale Organisation, die beiden Seiten hilft, anerkannt. In den Kriegen heute, in denen oft nichtstaatliche Akteure kämpfen, ist auch das häufig nicht mehr der Fall, und Mitarbeiter von Hilfsorganisationen werden beschossen oder entführt. Das gilt auch für Kriegsberichterstatter, deren Job auf den Schlachtfeldern dieser Welt noch gefährlicher geworden ist.
    Warum

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