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Kanzler, Krise, Kapital: Wie Politik funktioniert (German Edition)

Kanzler, Krise, Kapital: Wie Politik funktioniert (German Edition)

Titel: Kanzler, Krise, Kapital: Wie Politik funktioniert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marietta Slomka
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Marathonlauf in Boston 2013 haben zwei eingewanderte Tschetschenen verübt. Tschetschenien war Teil einer der Sowjetrepubliken. Nach dem Zusammenbruch der UdSSR wurden dort seit Mitte der 1990er Jahre blutige Kriege geführt, zunächst als Unabhängigkeitskrieg gegen Moskau beziehungsweise von Moskau gegen die tschetschenischen Sezessionisten (»Abtrünnigen«). Später wurde daraus ein islamistischer Dschihad.
    Ob Flüchtlinge oder Attentäter oder andere Verzweifelte, wie etwa die PKK -Anhänger, die sich in den 1990er Jahren auf deutschen Autobahnen selbst verbrannten – die Konflikte in anderen Teilen der Welt können uns offensichtlich nicht gleichgültig sein. Denn auch wenn der Konfliktherd weit weg ist, kann er trotzdem bis vor unsere Haustür getragen werden.
    Insgesamt kann man zu dem Schluss kommen, dass bei Ausbruch von Kriegen auch die politische Verfassung von Staaten eine große Rolle spielt. Demokratische, freiheitliche Staaten, so die Vermutung, ziehen seltener in den Krieg. Das stimmt – und stimmt auch wieder nicht. Tatsächlich ist es so, dass freiheitliche Demokratien in der Regel nicht gegeneinander Krieg führen. Vor allem dann nicht, wenn sie zu einem gemeinsamen Kulturraum gehören und eng miteinander verflochten sind, so wie die Mitgliedsländer der EU . Fachleute sprechen vom »Phänomen des demokratischen Friedens«. Das heißt aber nicht, dass Demokratien generell friedlicher sind. Sie führen durchaus Kriege – aber nicht gegeneinander, sondern gegen andere, nichtdemokratische Staaten. Diese Kriege müssen demokratisch gewählte Regierungen gegenüber ihrer Bevölkerung allerdings gut begründen. Und Regierungen, die wiedergewählt werden wollen, können ihr Volk nicht grenzenlos belasten. »Bis zum letzten Blutstropfen« zu kämpfen, bekommt man in einer Demokratie kaum durchgesetzt.
    Von den Weltkriegen zum Ost-West-Konflikt
    Zwei Kriege der Neuzeit haben praktisch alle Länder und Kontinente gleichzeitig betroffen und werden deshalb »Weltkriege« genannt. Und beide gingen von Deutschland aus. Der Erste Weltkrieg wurde von 1914 bis 1918 in Europa, dem Nahen Osten, Afrika und Ostasien geführt. Die USA verbündeten sich am Ende mit den Deutschland-Gegnern. Der Erste Weltkrieg kostete 9 Millionen Menschen das Leben. Österreich-Ungarn hatte am 28. Juli 1914 dem Land Serbien den Krieg erklärt. Russland eilte den Serben zu Hilfe; Deutschland unterstützte als Bündnispartner Österreich. Das war auch von vornherein so geplant gewesen – Deutschland wollte in den Krieg ziehen. Es fühlte sich von Feinden umzingelt und strotzte zugleich vor Nationalismus und Großmannssucht. Deutschland und Österreich wollten im Zuge dieses Krieges gemeinsam andere Länder besiegen und sich einverleiben. Doch sie verloren den Krieg und wurden im französischen Ort Versailles von den Siegern dazu verdonnert, den angerichteten Schaden zu bezahlen.
    Das schaffte Deutschland aber nicht – die Reparationszahlungen schwächten die Wirtschaft. Und das Gefühl, so entwürdigend kleingemacht worden zu sein, saß bei den Menschen tief. Man kann da wieder einmal die alte außenpolitische Lehre erkennen: Gewinnen ist schön – doch demütige den Verlierer nicht zu sehr, sonst sinnt er auf Rache.
    Für den Aufstieg Adolf Hitlers in Deutschland gab es viele Gründe. Rassismus, Nationalismus, Judenhass und Kriegslust kann man selbstverständlich nicht nur mit wirtschaftlichen Faktoren erklären. Doch Wirtschaftsmisere und die »Schmach« des Versailler Vertrages trugen dazu bei, dass die Weimarer Republik unstabil, unfriedlich und unzufrieden war. Von der Weltwirtschaftskrise wäre Deutschland auch ohne Reparationszahlungen getroffen worden. Aber man konnte in Deutschland die Ursachen für Inflation und hohe Arbeitslosigkeit den feindlichen Mächten und ihren Geldforderungen zuschreiben.
    Nach dem Aufstieg Adolf Hitlers folgte bald darauf der Zweite Weltkrieg (1939–1945), den wieder Deutschland begann und erneut verlor. Es war der erste Krieg, in dem alle drei der sogenannten ABC -Waffen eingesetzt wurden (A = Atombomben, B = biologische Kampfstoffe, zum Beispiel Krankheitserreger, C = chemische Waffen wie Giftgas). Im Zweiten Weltkrieg starben fast 60 Millionen Menschen, und zwar nicht nur Soldaten, sondern vor allem Zivilisten. Zusätzlich zu den Kriegsopfern wurden Juden, Roma, Sinti, Homosexuelle, »Asoziale« und politische Hitler-Gegner in den Konzentrationslagern umgebracht.
    Am Ende war halb Europa

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