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Kanzler, Krise, Kapital: Wie Politik funktioniert (German Edition)

Kanzler, Krise, Kapital: Wie Politik funktioniert (German Edition)

Titel: Kanzler, Krise, Kapital: Wie Politik funktioniert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marietta Slomka
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Übel ist. Es lohnt sich vor allem, für »Checks and Balances« zu sorgen, für Gegengewichtige und Kontrollen, die jede Macht von vornherein beschränken. Die Demokratie, wie wir sie heute in Deutschland haben, lebt davon, dass die Politik miteinander streitet, ohne dabei aber bis aufs Blut verfeindet zu sein. Im Zweifelsfalle hat niemand vollkommen recht. Alles in allem ist uns das so schlecht nicht bekommen. Für viele Menschen in der Bundesrepublik ist das tägliche Leben hart; wer jeden Cent umdrehen muss und um seinen Arbeitsplatz fürchtet oder gar nicht erst einen findet, für den ist es verdammt schwer, diese Republik irgendwie »gut« zu finden. Trotzdem ist das Leben der Bundesbürger insgesamt heute sehr viel besser als vor 200, 100 oder 60 Jahren. Fortschritt und Verbesserung sind also für menschliche Gesellschaften möglich. Das hat vor allem mit Diskurs und Diskussion zu tun. Mit der Bereitschaft, freies Denken zuzulassen und immer in Betracht zu ziehen, dass die eigene Sichtweise nicht zwangsläufig die einzig richtige ist. Eben deshalb ist die Auseinandersetzung mit (politischen) Theorien auch spannend. Noch spannender ist es, zu sehen was daraus in der Praxis wird …

Politik in Deutschland – Pluralismus ist schön, macht aber viel Arbeit
    Zweimal Deutschland – eine kurze Geschichte der DDR
    »Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit« – das humoristische Zitat des Münchner Komikers Karl Valentin (1882–1948) lässt sich auch auf die Politik beziehen. Auch der Pluralismus, die Vielfalt von politischen Interessen, Meinungen und Parteien, macht viel Arbeit. Und es ist eben keine Selbstverständlichkeit, dass wir heute in der ganzen Bundesrepublik ein solches pluralistisches System verwirklicht haben.
    Dass Deutschland bis vor etwas mehr als zwei Jahrzehnten in doppelter oder – je nach Sichtweise – geteilter Version auf den Weltkarten verzeichnet war, ist Vergangenheit. Gerade junge Menschen wissen zum Teil erschreckend wenig über den anderen deutschen Staat, die DDR , wie Umfragen zeigen. Manche glauben, die Alliierten ( USA , England und Frankreich) hätten nach dem Krieg die Mauer gebaut und Helmut Kohl sei ein beliebter DDR -Politiker gewesen. Es gibt sogar Jurastudenten, die auf die Frage, ob die DDR eine Demokratie oder eine Diktatur war, keine Antwort wissen! Deshalb vorweg ein kurzer Abriss der jüngeren deutschen Geschichte, bevor wir uns mit der aktuellen Politik in der Bundesrepublik befassen.
    Vier Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, am 7. Oktober 1949, wurde aus der Sowjetischen Besatzungszone die Deutsche Demokratische Republik ( DDR ). Es sollte ein »sozialistischer Arbeiter- und Bauernstaat« werden, in dem das Ideal vom gleichberechtigten Zusammenleben aller verwirklicht wird. Stattdessen aber entstand ein Überwachungsstaat, in dem zahllose Spione des Ministeriums für Staatssicherheit (»Stasi«) herumspitzelten. Es gab keine freien, geheimen Wahlen, und nur wenigen war es vergönnt, das Land für Reisen in den feindlichen Westen zu verlassen: Parteibonzen, Rentnern, Sportlern und einigen Künstlern – natürlich nur unter der Maßgabe, dass sie danach wieder nach Hause kamen. Was nicht alle taten, manche setzten sich bei solchen Gelegenheiten auch ab, doch die meisten kehrten tatsächlich zurück. Teils aus Überzeugung, zumal wenn man zu den Privilegierten des Systems gehörte. Aber auch für die insgeheim Nicht-Regimetreuen war die DDR Heimat, und Heimat und Familie verlässt man nicht leichten Herzens, wenn man befürchten muss, nie wieder zurückkehren zu können. Außerdem drohten den zurückgebliebenen Angehörigen in solchen Fällen harte Repressalien; man wusste also, was man seinen Familien zumutet, wenn man flieht. Umso beeindruckender ist es, dass es doch über die Jahrzehnte so viele Republikflüchtlinge gab, die auf abenteuerliche Weise und unter Lebensgefahr in den Westen entkamen, bereit, alles zurückzulassen, nur um aus der DDR herauszukommen.
    An der 1961 errichteten Mauer, die Berlin zu einer geteilten Stadt machte, und an den »Todesstreifen« mit Selbstschussanlagen am Grenzverlauf kamen mehrere hundert Menschen ums Leben (eine abgesicherte genaue Zahl gibt es bis heute nicht). Die Mauer wurde von der DDR -Führung als »antifaschistischer Schutzwall« bezeichnet, so als müsste sich die DDR vor Eindringlingen aus der Bundesrepublik fürchten. Tatsächlich waren es vor allem wirtschaftliche Gründe, die zum Mauerbau führten. Am Anfang

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