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Kanzler, Krise, Kapital: Wie Politik funktioniert (German Edition)

Kanzler, Krise, Kapital: Wie Politik funktioniert (German Edition)

Titel: Kanzler, Krise, Kapital: Wie Politik funktioniert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marietta Slomka
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auch wichtig.
    Je kleiner der Club, desto größer der Einfluss
    Weltweit gibt es über 7000 NGOs , Tendenz stark steigend. Eine international agierende NGO kann viele Millionen Dollar im Jahr umsetzen – Greenpeace beispielsweise hat mehr Geld zur Verfügung als das Umweltprogramm der Vereinten Nationen. Diese Summen stammen zum Teil auch aus staatlichen Mitteln. So übernehmen beispielsweise Großbritannien und die Europäische Union ein Viertel der jährlichen Kosten von etwa 160 Millionen Dollar für die Hungerhilfe-Organisation Oxfam.
    Der wichtigste Kritikpunkt an derartigen Verbänden ist die fehlende Transparenz. Auch wenn Politik oft langsam geht und nicht immer alles so sauber funktioniert, wie es soll, sind doch eindeutige Kontrollmöglichkeiten vorgesehen. Das ist bei den NGOs nicht der Fall. Und deshalb kommt es auch bei Organisationen, die doch eigentlich nur für das Gute stehen, immer wieder zu Spendenskandalen, weil erst viel zu spät auffällt, dass irgendein Vereinsvorsitzender Geld verschleudert hat. NGOs sind oft wichtige Ideengeber und können starken politischen Druck aufbauen. Demokratisch legitimiert (also gewählt) sind sie aber nicht; viele sind auch intern nicht demokratisch strukturiert, sondern werden hierarchisch geführt. Hinzu kommt oft eine inhaltliche Abhängigkeit von zahlungskräftigen Einzelspendern.
    Interessante Einblicke in diesen Dschungel der Einflussnahme bietet die Clubtheorie des Wirtschafts-Nobelpreisträgers James M. Buchanan. Er sagt: Menschen treten nur so lange in »Clubs« ein, wie sie einen Vorteil davon haben. Wobei ein Club in seinem Sinne jede Form von Gruppe ist. Der ADAC beispielsweise bietet Pannenhilfe an, deswegen werden Autofahrer Mitglied. DieBundesrepublik als»Club Deutschland« bietet ein immer noch recht stabiles Sozialsystem – wem das nicht gefällt, der wandert vielleicht nach Neuseeland aus. Der »Club Europäische Union« verspricht Handelsvorteile und politischen Schulterschluss für seine Mitgliedstaaten. Und wenn sich Entwicklungen zeigen, die vielen nicht gefallen, treten sie aus und gründen einen neuen, exklusiven Club, der ihre Interessen besser vertritt. Dabei gilt: Je kleiner eine Gruppe und je einheitlicher ihr Interesse, desto besser kann sie sich organisieren. Deshalb demonstrieren zum Beispiel Arbeitnehmer einer Branche für höhere Löhne, was von der jeweiligen Gewerkschaft organisiert wird. Aber es demonstrieren nie »die Arbeitslosen« oder »die Steuerzahler«, denn davon gibt es jeweils zu viele mit zu vielen unterschiedlichen Interessen. Grundsätzlich gilt also: Je konkreter die Ziele einer Interessengruppe, desto besser kann sie sich organisieren. Es gibt in Berlin zum Beispiel regelmäßig Demonstrationen von Bauern , die mit Traktoren vors Brandenburger Tor fahren . Aber hat man jemals schon mal eine Massendemonstration der »Verbraucher« oder der »Eltern« gesehen?

Kinderkriegen in der sozialen Hängematte?
    Der Staat redet bei vielen Dingen mit, die auf den ersten Blick eher nach Privatsache aussehen. Zum Beispiel: Kinderkriegen. Warum eigentlich? An der Familienpolitik kann man exemplarisch zeigen, welche Schwierigkeiten sich ergeben, wenn die Politik Einfluss auf das Leben der Bürger nehmen will – mit besten Absichten, versteht sich. Warum will sich der Staat überhaupt ins Familienleben einmischen? Ist das nicht Privatsache? Das sieht die Politik nicht so, auch nicht die Unionsparteien, selbst wenn sie immer wieder betonen, dass Familien über ihre Geschicke selbst entscheiden sollten und der Staat sich nicht einzumischen habe. Tut er aber. Zum einen steht im Grundgesetz, dass der Staat Ehe und Familie besonders schützt. Dafür muss er dann auch etwas tun, und am besten »tut« der fürsorgliche Vater Staat etwas, indem er Geld in die Hand nimmt. Zum anderen zahlen die Kinder von heute übermorgen die Renten. Und da die Deutschen immer weniger Nachwuchs in die Welt setzen, sind die Renten in Gefahr. Das kann dem Staat nicht gleichgültig sein. Kindergeld und Elterngeld sollen also erstens für mehr Gerechtigkeit sorgen zwischen denen, die Kinder großziehen, und denen, die es nicht tun. Solche Finanzhilfen sollen zweitens aber auch Mut machen zum Kinderkriegen. Kinder zu bekommen darf (und kann) keine Pflicht werden, aber der Staat will durchaus signalisieren: Wir finden Kinder gut!
    184 Euro pro Kopf und Monat kriegen Eltern derzeit für die ersten beiden Kinder, für das dritte gibt’s 190 Euro, und ab dem

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