Kap der Finsternis: Roman (German Edition)
Betrunkene zu Boden geworfen wurde und ihm drei Polizisten mit Mühe Handschellen anlegten.
»Ich schulde dir einen Drink, Kumpel«, sagte Burn leise, als er weiter zur Autobahn fuhr.
Burn fuhr auf der N 2 zum Flughafen. Obwohl es weit nach Mitternacht war, herrschte viel Verkehr. Die Rücklichter flogen wie Leuchtkäfer durch die Nacht. Er hielt sich penibel an die Geschwindigkeitsbegrenzung, während Kamikaze-Taxifahrer aus den Flats mit ihren überfüllten, zerbeulten Kleinbussen an ihm vorbeiknatterten.
Im Rückspiegel warf Burn einen Blick auf Matt. Sein Sohn schlief angeschnallt auf dem Rücksitz, das blonde Haar schimmerte im Scheinwerferlicht vorbeifahrender Autos wie ein Heiligenschein.
Armselige Häuser und Hütten erstreckten sich auf beiden Seiten der Autobahn, als Burn den Tafelberg hinter sich ließ. Die Cape Flats. Wo jeden Tag mehr Menschen eines gewaltsamen Todes starben als in einem Kriegsgebiet. Wo Kinder spurlos verschwanden und ihre geschändeten Körper irgendwann in Kisten unter den Betten von Nachbarn gefunden wurden. Wo die Besitzlosen ihre hungrigen Augen auf den Spielplatz des reichen Mannes an den Hängen des Bergs richteten.
Burn wusste genug über Kapstadt, um zu kapieren, dass die toten Farbigen im Heck des Jeeps von hier draußen von den Flats kamen.
Bei seiner Ankunft in Kapstadt war Burn wie die meisten Ausländer davon ausgegangen, dass es in Südafrika nur Schwarz und Weiß gab. Aber natürlich waren die Verhältnisse in dem Land, das die Apartheid erfunden hatte, erheblich komplexer. Er hatte gelernt, dass über die Hälfte der Bevölkerung der Stadt aus Farbigen bestand, die fast alle draußen auf den Flats wohnten. Und in Südafrika bedeutete farbig nicht dasselbe wie in den Staaten. Farbige waren hier braunhäutige Menschen verschiedener Rassen, eine Mischung aus Afrikanern, europäischen Siedlern und ihren Sklaven aus Asien.
Also hatte er zwei Farbige getötet. Die Tattoos auf ihren Körpern wiesen sie als Gang-Mitglieder aus. Er wusste, dass draußen auf den Flats Leichen zum Alltag gehörten und es selten zu Zeitungsmeldungen brachten. Er würde am Flughafen vorbeifahren, sie irgendwo draußen auf dem Veld abladen und dann hoffen, dass man sie für Opfer eines Gang-Kriegs halten würde, falls sie denn gefunden werden sollten.
Eine typische Nacht in Kapstadt.
Burn nahm die Flughafenausfahrt, bog direkt auf eine kleine Landstraße ab und ließ den Verkehr hinter sich. Wenige Minuten später fuhr er auf einer dunklen, leeren Straße neben den äußeren Startbahnen, nur etwas offenes Gelände zwischen ihm und einer Reihe kleiner Häuser.
Er schaute in die Spiegel. Keine Autos. Er lenkte den Jeep von der Straße und fuhr durch Schlaglöcher, bis er einen Flecken mit windzerzaustem Gestrüpp erreichte, wo er weder von der Straße noch von den Häusern aus zu sehen war. Das müsste genügen.
Burn löschte die Scheinwerfer und stieg aus, in der Hand eine Taschenlampe.
Das Veld war verlassen, übersät mit Abfall, den der Wind hergeweht hatte, aber weit und breit keine Menschenseele in Sicht. Burn vergewisserte sich, dass Matt noch schlief, bevor er die Heckklappe des Jeeps öffnete.
Er hob die Plane an, packte den größeren der beiden Körper und ließ ihn zu Boden fallen wie eine in schwarze Müllsäcke gewickelte Mumie. Er schleifte den Körper so weit, bis er zumindest teilweise von einem Gebüsch verborgen wurde. Er kehrte für die zweite Leiche zurück und ließ den kleinen Mann ein Stück entfernt von seinem toten Freund liegen.
Burn vergewisserte sich, dass der einzige Hinweis auf seine Anwesenheit die Reifenspuren waren, die der Jeep im Staub hinterlassen hatte. Der Südostwind frischte auf und würde den Sand bereits glattgefegt haben, wenn er die Straße wieder erreichte.
Matt wachte auf, als Burn in den Wagen stieg. »Daddy?«
Burn beugte sich zwischen den Vordersitzen nach hinten und ergriff die kleine Hand seines Sohnes. »Ich bin hier, Matty.«
»Wann fahren wir nach Hause?«
»Jetzt.«
»Nach Hause zu Barney?«
Barney war der Labrador, den sie zurückgelassen hatten, als sie ihr Zuhause in Los Angeles fluchtartig verließen. Matt hatte den Hund geliebt.
»Nein, nicht zu Barney«, sagte Burn. »Wir werden einen anderen Hund für dich finden, versprochen.«
»Ich will aber Barney.« Jetzt weinte Matt.
Nach allem, was in dieser Nacht bereits passiert war, brachten Burn die Tränen seines Sohnes an den Rand dessen, was er noch ertragen konnte. Er
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