Kap der Finsternis: Roman (German Edition)
Tik.«
Gatsby wuchtete seinen massigen Leib vom Sofa, zog sein Hemd hoch und die Jeans runter. Einen schrecklichen Moment lang befürchtete sie schon, er werde sich vor ihr entblößen, aber er zeigte ihr lediglich die Pistole an seiner Taille, umhüllt von einem Meer aus marmoriertem rosa Fleisch.
»Wenn du ein liebes, braves kleines Mädchen bist, kriegst du deinen Tausender. Lässt du irgendwen wissen, dass dieser Junge hier ist, leg ich dich um. Hast du das verstanden?« Die Schweinsaugen fixierten sie. Sie verspürte dabei den dringenden Wunsch zu baden.
»Ja. Hab verstanden.«
Er ließ das Hemd fallen und trottete zur Tür.
»Hey«, rief sie ihm nach, als er gerade nach der Türklinke griff.
Er drehte sich um. »Was?«
»Wie heißt er?«
»Woher zum Teufel soll ich das wissen?«
»Darf ich ihn losschneiden? Seine Füße sind schon ganz blau.«
»Hey, Scheiße, mach doch, was du willst. Sorg nur dafür, dass ihn keiner sieht.«
Und dann war der fette Bure fort, nachdem er die Tür hinter sich zugeknallt hatte.
Carmen kehrte zum Sofa zurück und betrachtete das Kind. Zögernd streckte sie eine Hand aus und berührte seinen Hals. Sie spürte den Puls, flatternd wie ein Vogel. Seine Lider zuckten, blieben aber geschlossen.
Vorsichtig entfernte sie das Klebeband von seinem Mund, zog dann den Lappen heraus. Gierig schnappte er durch den Mund nach Luft, kam aber noch nicht wieder zu Bewusstsein. Er war ein hübscher kleiner Junge, das sah sie sofort, in seinem putzigen Disney-Schlafanzug. Ein kuscheliger, süßer Kerl, dessen nettes kleines Leben gerade vor die Hunde ging. Nicht ihr scheiß Problem. Für sie war er ein Geschenk des Himmels.
Sie ging in die Küche und holte ein Messer, um ihm die Fesseln abzuschneiden.
Burn saß vor dem Fernseher. Lokalnachrichten. Bilder einer Kinderleiche, die draußen auf den Cape Flats in einem Abflussrohr gefunden worden war. Das Kind war zuerst vergewaltigt und dann ermordet worden.
Burn griff nach der Fernbedienung und wechselte den Kanal. MTV , irgendeine schmalzige Latina sang von einer Liebe, die nicht mehr lief. Mein Gott, wie sehr wünschte er sich, wieder in den Staaten zu sein, wo er die Codes verstand. In diesem verschissenen Land gab es tausend Sachen, von denen er nicht die geringste Ahnung hatte. Die Pistole des toten Gang-Mitglieds lag neben ihm. So fühlte er sich besser. Vielleicht weil er wusste, dass er sie auch gegen sich selbst richten konnte, falls alles schief lief.
Er musste glauben, dass sein Sohn noch lebte. Matt war aus irgendeinem Grund entführt worden. Hier ging es um Geld. Um Habgier. Es musste so sein.
Sein Mobiltelefon klingelte, und als er Mrs. Dollies Namen auf dem Display sah, glaubte er für einen Sekundenbruchteil, dass sie ihn von zuhause aus anrief und nicht nebenan tot auf dem Boden lag.
Er nahm den Anruf an.
»Burn?« Der Mann kannte seinen richtigen Namen. Die Stimme am anderen Ende, mit einem starken kehligen Akzent, klang verzerrt. Als würde der Anrufer die Freisprecheinrichtung benutzen und seine Stimme zusätzlich dämpfen, um nicht erkannt zu werden.
»Wer spricht da?«
»Unwichtig. Ich habe deinen Jungen.«
»Wo ist er?«
»Dem Jungen geht’s gut. Und so wird es auch bleiben, wenn du genau das tust, was ich dir sage. Verstanden?«
»Ja. Was wollen Sie?«
»Ich will eine Million. In bar. Morgen Abend.«
»So eine Summe liegt hier nicht einfach so herum.«
»Pass auf, Burn, wenn du mich verarschen willst, fange ich an, ihm einen Finger nach dem anderen abzuschneiden, und stopfe sie dann in deinen Briefkasten. Haben wir uns verstanden?«
»Ja. Bitte, ich mache alles, was Sie verlangen. Aber tun Sie meinem Sohn nichts. Ich muss das Geld aus dem Ausland auf eine hiesige Bank überweisen. Ich werde mehr Zeit brauchen.«
»Wie viel?«
»Bis übermorgen.«
Burn hörte nur ein pfeifendes Atmen, dann sprach der Mann wieder. »Okay, aber nicht länger. Verstanden?«
»Ja.«
»Also, ich weiß, wer du bist. Ich weiß, dass die US Marshals es auf deinen Arsch abgesehen haben. Deshalb ziehst du auch keinen dummen Scheiß ab, richtig? Wie zum Beispiel zu den Bullen zu laufen.«
»Nein, mache ich nicht.«
»Okay. Denn falls du das tust, mach ich den Kleinen kalt.«
»Ich gebe Ihnen mein Wort.«
»Ja, klar.« Der Mann lachte. »Und jetzt sieh zu, dass du die Kohle ranschaffst, und dann wartest du, bis ich mich wieder bei dir melde, verstanden?«
»Kann ich kurz mit meinem Sohn sprechen?«
»Jetzt nicht. Besorg
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