Kap der Finsternis: Roman (German Edition)
zu erkennen sein. Er wusste, dass er dem Bullen ein perfektes Ziel bieten würde. Es war ihm gleichgültig.
Er stürmte zur Treppe, und die Kugel krachte in seine Schulter. Es war sein Messerarm, und er hörte das Messer klappern, als es ihm aus der Hand fiel. Er war auch früher schon angeschossen worden, doch es war kein Gefühl, an das man sich gewöhnte, eine Kugel, die sich ins Fleisch bohrt. Das taube Gefühl. Zuerst kein Schmerz. Aber man wusste genau, er würde kommen.
Er schaffte es, sich zu drehen und seitlich zurückzuspringen, so dass er ein Stück von der Treppe entfernt landete, geschützt durch eine niedrige Mauer. Benny Mongrel lag auf der Seite und wartete, dass der fette Bulle die Treppe heraufkam. Sein rechter Arm war nicht mehr zu gebrauchen. Er spürte, wie das Blut aus seiner Schulter floss, den Arm hinunter, sich auf seinen Fingern sammelte.
Er streckte die linke Hand aus, fand einen halben Ziegelstein. Wenigstens etwas.
Irgendwo in der Ferne hörte er ein Auto, es fuhr schnell, wurde energisch hochgeschaltet. Er hörte den Bullen eine weitere Stufe heraufkommen. Dann noch eine.
Barnard stieg die Treppe hinauf. Er schaute zur Straße hinunter. Der Streifenwagen hinterließ Gummi auf dem Asphalt, als er wieder in seine Richtung kam. Noch zwei Blocks entfernt. Barnard traf eine Entscheidung. Er drehte sich um und lief los, bewegte sich so schnell, wie es bei seinen enormen Ausmaßen möglich war.
Er rannte aus dem Haus, stürmte über die Bretter und weiter zur Straße, die Beine immer auf und ab, während das Herz drohte, in seiner Ummantelung aus Fett und Cholesterin zu explodieren.
Da stand der Ford. Nicht mehr weit.
Er warf einen Blick über die Schulter. Der Streifenwagen war noch nicht da, war noch nicht zu sehen. Aber er konnte ihn hören, konnte hören, wie die Gänge mit Gewalt geschaltet wurden, vielleicht hinter der nächsten Ecke.
Er hatte seinen Wagen erreicht. Schloss ihn auf, ließ sich hineinfallen, spürte, wie er unter seinem Gewicht durchsackte.
Schlüssel ins Zündschloss. In den Rückwärtsgang und weg, weg von diesem Haus, weg von dem Streifenwagen, mit brennender Kupplung.
Dann war er über die Anhöhe und verschwand im Rückwärtsgang außer Sicht.
Als der fette Bulle verschwunden war, schleppte Benny Mongrel sich hoch, den Backstein noch in der linken Hand. Er ging die Treppe hinunter.
Bessie lag auf dem Absatz darunter. Sie rührte sich nicht. Benny Mongrel stand neben dem Hund, ließ den Ziegel fallen und ging langsam in die Knie. Er wusste, dass sie tot war, noch bevor er sie berührte. Ein Strahl der Straßenlaterne fiel auf den Treppenabsatz, und er konnte sehen, wie die Lefzen in der starren Grimasse des Todes von den blutverschmierten Zähnen zurückgezogen waren. Blut tränkte ihr Fell und breitete sich wie ein dunkler Fleck um ihren Körper aus.
Benny Mongrel kniete sich in das Blut und hob den toten Hund mit seinem unverletzten Arm auf und hielt ihn. Dann tat er etwas, das er nicht mehr getan hatte, seit er vor vielen Jahren auf die Müllkippe geworfen worden war.
Benny Mongrel weinte.
KAPITEL 18
Als Burn die blitzenden Blaulichter des Polizeiwagens sah, überkam ihn kurz blinde Panik. Im ersten Moment wollte er einfach an seinem Haus vorbeifahren und dann zusehen, dass er so schnell wie möglich verschwand.
Dann sah er, dass die Cops auf der Baustelle nebenan waren. Ein Krankenwagen stand vor dem Streifenwagen, und auf dem Bürgersteig stand das Fahrzeug eines privaten Sicherheitsdienstes. Er sah den Nachtwächter, den Mann mit dem entstellten Gesicht, der zum Krankenwagen geführt wurde. Das Hemd des Nachtwächters stand offen, und Burn konnte sehen, dass sein Arm in einer Schlinge steckte und seine Schulter verbunden war. Die Cops schauten desinteressiert herüber, als Burn vor seinem Garagentor hielt und die Fernbedienung betätigte.
Langsam fuhr er den Wagen hinein, das Tor senkte sich hinter ihm. Er blieb noch einen Moment sitzen und genoss das Gefühl großer Erleichterung. Er war in Sicherheit. Vorläufig. Und er würde noch nicht morgen abreisen. Vielleicht, nur vielleicht, überlegte Susan es sich doch noch anders, wenn ihre Tochter erst einmal geboren war, überwältigt von mütterlichen Gefühlen. Und gab ihm – ihnen – eine weitere Chance.
Burn erinnerte sich an Matts Geburt, wie Susan ihm da ihre Fingernägel in die Handfläche gebohrt hatte, so fest, dass es blutete. Er hatte das überhaupt nicht gemerkt, so gebannt und
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