Kap der Finsternis: Roman (German Edition)
wenn dieser zu hartnäckig wurde, ging er auf die Jagd. Schleppte eine Frau in einer Bar ab oder auch an einer Straßenecke – er hatte kein Problem damit, für Sex zu bezahlen, mochte es genau genommen sogar –, ein schneller, brutaler Koitus auf dem Rücksitz seines Autos oder in einem anonymen Hotelzimmer und dann nichts wie weg. Zurück in seine Wohnung zum Duschen, dann einen Fingerhut Glenmorangie, und mit dem rauchigen, intensiven Geschmack von Gerste und Torffeuer im Mund ins Bett, um friedlich allein zu schlummern, nachdem sein Appetit gestillt war. Für den Augenblick.
Doch bevor er Johannesburg verließ, hatte er mit sich selbst ein Abkommen getroffen. Keinen Sex, keine Ablenkungen, bis seine Arbeit in Kapstadt erledigt war.
Er musste diszipliniert sein.
Sein Mobiltelefon klingelte. Es war der Computertechniker aus dem kriminaltechnischen Labor. Der Mann, ein Afrikander frisch von der Universität, überraschte Zondi mit seiner Tüchtigkeit. »Äh, Mr. Zondi, ich habe diese IP -Adresse zurückverfolgt, über einen ISP in den Staaten.«
»Im Klartext, bitte!«
»Okay. Ich habe die Yahoo-Adresse zu einer Person in den USA zurückverfolgt.«
»Ja. Und?«
»Er ist ein Deputy US Marshal in …« Der Techniker unterbrach sich, Zondi hörte Finger über eine Tastatur fliegen. »… in Arlington, Virginia.«
Das interessierte Zondi. »Woher wissen Sie das?«
»Die IP -Adresse ist auf das Hauptquartier der US Marshals registriert.«
Zondi griff nach seinem Notizblock. »Hat dieser Marshal auch einen Namen?«
»Torrance, Dexter Torrance.« Der Techniker buchstabierte Zondi den Namen.
Zondi bedankte sich und unterbrach die Verbindung. Alle Gedanken an seine tobende Libido waren verschwunden, als er sich vor Barnards Laptop setzte. Der Rechner befand sich im Ruhezustand, und Zondi zog mit einem Finger über das Touchpad. Dann wischte er sich den Finger an seinem seidenen Taschentuch ab, in der unbewussten Angst vor einer möglichen Ansteckung.
Das Bild des Fingerabdrucks erschien auf dem Monitor. Warum hatte Barnard ihn an einen Deputy US Marshal in den Staaten geschickt? Und wessen Abdruck war das überhaupt, zum Teufel? Die Beantwortung der ersten Frage könnte noch eine ganze Weile dauern, die Antwort auf die zweite Frage war jetzt in greifbare Nähe gerückt.
Sein eigener Laptop kündigte mit einem dezenten Glockenklang das Eintreffen einer neuen Mail an. Sie kam von Archibald Mathebula, seinem Vorgesetzten. Sein Chef hatte für Zondi ein verschlüsseltes Passwort besorgt, ein Passwort, mit dem er sich in die Fingerabdruck-Datenbank des FBI einloggen konnte.
Burn bremste den Jeep ab und parkte zwischen zwei Straßenlaternen. Bevor er die Tür öffnete, schaltete er die Innenbeleuchtung des Wagens aus. Einen Augenblick stand er in der ruhigen Straße, die Häuser glichen seinem. Er ließ seinen Blick wandern und lauschte. Es war nach zwei Uhr morgens, und die Welt schlief. Alles war ruhig, bis auf einen irgendwo in der Ferne bellenden Hund und ein Auto, das sich einige Blocks entfernt eine Steigung hinaufmühte.
Burn umrundete den Jeep und erreichte eine steile Treppe, die die Straße mit der darunterliegenden verband. Sie wurde von Joggern, Hundebesitzern und Hauspersonal benutzt, um den Weg zur High Level Road und zu den Minibus-Taxis abzukürzen. Außerdem nutzten Obdachlose sie als Schlafplatz. Burn ging die Treppe bis zur Hälfte hinunter. Er stieß auf kein heruntergekommenes Bündel Mensch.
Burn kehrte zum Auto zurück und schaute sich um, weil er sich ein letztes Mal vergewissern wollte, tatsächlich allein und unbeobachtet zu sein, bevor er die Heckklappe des Jeeps öffnete. Mrs. Dollie lag an genau derselben Stelle, wo er bereits die letzten beiden Leichen verstaut hatte. Sie war in eine Decke gewickelt. Er beugte sich vor und hob sie heraus. Sie war klein und schmal, leicht zu tragen.
Burn lief die Treppe hinunter. Er legte sie behutsam auf die Betonstufen und wickelte sie aus der Decke. Es fiel genug Licht von der Straßenbeleuchtung bis hierher, dass er ihren panischen Gesichtsausdruck erkennen konnte. Einen Moment lang glaubte er, es doch nicht tun zu können, diese Frau, die sich so liebevoll um seinen Sohn gekümmert hatte, hier einfach liegen zu lassen. Dann nahm Burn die Decke und kehrte zum Auto zurück. Er vergewisserte sich noch einmal, dass er nicht beobachtet worden war, und fuhr weg.
Er wusste, wenn die Leiche morgen früh auf der Treppe gefunden wurde, dann würde das
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