Kaperfahrt
Faust.
Linc beugte sich vor, packte Bumford unter den Armen und hievte ihn in einer einzigen fließenden Bewegung ins Zelt, an dessen Ende der Spezialist für das Ottomanische Reich nun ausgestreckt auf dem Lehmboden lag. Lincoln stürzte sich wie ein Todesengel auf ihn. Eine Hand presste er auf Bumfords Mund, die andere hielt das Messer so hoch, dass der rundliche Professor es deutlich sehen konnte.
Kurz darauf schlüpfte auch Linda durch das Loch, das Linc geschnitten hatte, ins Zelt hinein. »Verdammt, das sah bei dir so einfach aus. Er wiegt doch sicher an die zweihundertfünfzig Pfund.«
»Eher zweihundertsiebzig. Und das meiste davon ist unnützer Ballast.«
Linda ging neben Bumfords Kopf in die Hocke. Die Augen des Doktors waren so groß wie Untertassen, und Schweiß stand in dicken Perlen auf seiner Stirn. »Mein Kollege nimmt gleich seine Hand weg. Sie rühren sich nicht und fangen nicht an zu schreien. Verstanden?«
Bumford lag da wie ein ausgenommener Fisch.
»Nicken Sie, wenn Sie verstanden haben.«
Als er sich noch immer nicht rührte, half ihm Linc, indem er sein Kinn rauf und runter bewegte. Bumfords Augenlider flatterten, als der erste Schrecken verflog, und er nickte heftig.
Als Linc die Hand wegzog, wimmerte Bumford: »Wer sind Sie?«
»Sprechen Sie leise«, befahl Linda. »Wir sind wegen Alana Shepard, Mike Duncan und Greg Chaffee hier.«
»Wer sind Sie?«, wiederholte Bumford. »Ich kenne Sie nicht. Sie gehören nicht zu dieser Gruppe.«
Als Linda ihren Arm über ihn hinweg ausstreckte, schien Bumford zu versuchen, sich ins Erdreich zu graben. Sie rückte die Brille auf seiner Nase gerade und legte einen der Bügel, der sich selbstständig gemacht hatte, um sein Ohr. »Wir sind Freunde. Wir müssen mit Ihnen über die anderen Mitglieder Ihrer Truppe reden.«
»Sie sind nicht hier.«
»Was für ein Typ ist das? Ein Fachidiot?«, fragte Linc
»Professor Bumford«, begann Linda noch einmal so sanft sie es nur vermochte, »wir sind hier, um Ihnen einige Fragen zu stellen. Wir gehören zu einem amerikanischen Such- und Rettungsteam.«
»Vom Militär?«
»Nein, Zivilisten, die aber auf solche Jobs spezialisiert sind. Washington hielt Ihre Mission für wichtig genug, um uns zu engagieren.«
»Das Ganze ist reine Zeitverschwendung«, sagte Bumford und gewann ein wenig von seinem inneren Gleichgewicht und seiner Arroganz zurück.
»Warum sagen Sie das?«
»Sie wissen doch, wer ich bin, nicht wahr?«
Linda wusste, dass er um ein wenig Anerkennung rang, um sein Ego zu pflegen. »Sie sind Emile Bumford, einer der weltweit bedeutendsten Experten für das Ottomanische Reich.«
»Dann müssen Sie doch auch wissen, dass ich meine Einschätzungen nicht näher erläutern muss. Sie können sie ruhig als Tatsache akzeptieren. Diese Expedition für das Außenministerium ist eine vollständige Zeitverschwendung.«
»Warum, zum Teufel, sind Sie dann hierhergekommen?«, wollte Linc wissen.
Bumford antwortete nicht sofort, und Linda gewahrte den lauernden Ausdruck in seinen Augen. »Lügen Sie nicht«, warnte sie.
Mit einem Seufzen sagte Bumford: »Ich habe meine Anstellung wegen einer Affäre mit einer Studentin verloren und stecke mitten in einer Scheidung. Der Anwalt meiner zukünftigen Ex-Frau schröpft mich bis aufs Blut … und so viel habe ich mit meiner Lehrtätigkeit auch nicht verdient. Fügen Sie dem noch hinzu, dass ich seit zehn Jahren kein Buch mehr veröffentlicht habe, und Sie können es sich selbst denken.«
»Es geht Ihnen ums Geld.«
»Das Außenministerium zahlt mir fünfhundert Dollar pro Tag. Und die brauche ich auch dringend.«
»Deshalb sitzen Sie hier draußen auf Ihrem Hintern, obwohl der Rest Ihrer Mannschaft vermisst wird. Sie schielen ausschließlich auf Ihre Tagesspesen.« In Bumfords Miene war weder Protest noch Scham zu lesen.
Linda hätte ihm am liebsten in sein blasiertes Gesicht geschlagen, doch stattdessen sagte sie so ruhig und gelassen sie es vermochte: »Nun, dann wird es wohl Zeit, dass Sie sich Ihr Honorar verdienen. Erklären Sie mir bitte ganz genau, weshalb Sie dieses Unternehmen für Zeitverschwendung halten.«
»Kennen Sie die Geschichte von Suleiman Al-Jama, die uns erzählt wurde – wie er sich mit einem amerikanischen Seemann angefreundet und dann seine Meinung über seinen Dschihad gegen den Westen geändert hat?«
»Wir haben sie gehört«, antwortete Linda.
»Ich glaube sie aber nicht. Nicht für eine Sekunde. Ich habe alles genauestens
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