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Kaperfahrt

Kaperfahrt

Titel: Kaperfahrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler
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wie ein Uhrenpendel hin und her schwingend. Er streckte die linke Hand aus und schaffte es, die Finger in einen Felsvorsprung zu krallen.
    Seine Aktionen ließen die Wurzel an der messerscharfen Felskante entlangschrammen, so wie eine Schnur an einem Sägeblatt. Cabrillo hatte keine Zeit mehr, sich einen besseren Halt zu suchen, als die Wurzel durchtrennt wurde. Sein Körper prallte gegen die Felswand. Die Baumwurzel, die ihm das Leben gerettet hatte, taumelte in die Tiefe und wurde von der Geröllflut verschluckt, die sich gerade über den Berghang ergoss.
    Nur an einer Hand hängend, blickte er verzweifelt nach unten. Auf den ersten Blick erschien ihm die Klippe so glatt wie eine Glasscheibe und so senkrecht wie die Wand eines Wolkenkratzers. Aber nur wenige Zentimeter unter seinen Füßen verlief ein knapp handbreiter Felsvorsprung.
    Die Sandsteinschuppe, an der er sich festhielt, begann unter der Belastung zu zerbröseln.
    Juan holte tief Luft, hielt den Atem an und ließ sich fallen. Der Platz reichte nicht aus, um die harte Landung durch Beugen der Knie abzufedern, und er spürte, wie ihn der Abgrund hinabzog. Das Satellitentelefon, das er während seiner wilden Sturzfahrt nicht verloren hatte, löste sich durch den Aufprall aus der Gürtelhalterung, wanderte innerhalb des Hosenbeins abwärts und rutschte unten am Aufschlag ganz heraus. Es gab nichts, das er hätte tun können, als es klappernd auf dem Felsband aufschlug und in dem Tal darunter verschwand.
    Bei dem Prasseln des abstürzenden Gerölls konnte er nicht einmal hören, wie es aufschlug. Doch er wusste nur zu gut, dass er es als Totalverlust abschreiben musste. Er klammerte sich an die Felswand. Das Gestein wärmte seine Wange.
    Nicht weit von ihm entfernt wallten Staubwolken von den herabstürzenden Gesteins- und Sandmassen auf. Doch allmählich ließ der Erdrutsch nach. Bei dem ständigen Wind, der um die Bergspitze wehte, würde es nicht lange dauern, bis sich der Staub verzog und Cabrillo für jeden sichtbar machte, der von oben nach ihm Ausschau hielt. Der nächste Steilabfall zum Berghang maß mindestens zehn Meter. Danach folgten weitere dreißig Meter Steilhang bis zum Talgrund.
    Er blickte nach rechts. Die Lawine hatte sich verlaufen und war zur Ruhe gekommen. Die größten Felsklötze lagen verstreut auf dem Talboden, während nur noch ein dünnes Sandrinnsal über die Felskante rieselte.
    Die zweite wichtige Regel beim Felsklettern besagt, dass man niemals über eine Felswand absteigen sollte, ohne die genaue Route zu kennen.
    Juan hatte keine Ahnung, was unter ihm lag und welche Handgriffe und Felsvorsprünge er für seine Füße finden würde. Aber angesichts von zwanzig Schützen, die zweifellos zu ihm herunterblickten, um in Erfahrung zu bringen, was mit ihren Kameraden geschehen war, konnte man auf die Einhaltung der Regeln des sicheren Bergsteigens ruhig einmal verzichten.
    Er bückte sich so tief es ging, nahm einen Fuß vom Felsband und tastete weiter unten mit den Zehen nach einem weiteren Halt. Außerdem verriegelte er das Fußgelenk seines künstlichen Beins. Sein Fuß fand eine winzige Vertiefung, kaum groß genug für alle Zehen, doch sie reichte aus, um sein Gewicht zu tragen. Er ließ sich nun noch weiter abwärts rutschen, so dass seine Ellbogen eine sichere Unterlage auf dem Felsband fanden. Er wechselte die Füße in der Vertiefung und tastete abermals blind nach einer Unregelmäßigkeit in der Felswand. Doch er fand nichts dergleichen. Der Stein war völlig glatt.
    Ein dickes Seilbündel schoss plötzlich an seinem Gesicht vorbei und entwirrte sich, während es in der Tiefe verschwand. Er sah hoch und erkannte, dass die Klippe ihn vor den Terroristen darüber verbarg. Ihm war auch klar, dass sie ihm kein Rettungsseil zugeworfen hatten, sondern jemanden nach unten schickten, um nach Überlebenden zu suchen. Er konnte es nur seinem sprichwörtlichen Glück verdanken, dass sich seine Verfolger beim Herablassen des Seils ausgerechnet die Stelle ausgesucht hatten, wo er an der Felswand klebte.
    Juan kletterte schnell auf das Felsband zurück und zog vorsichtig einen Stiefel aus. Er öffnete einige Knöpfe seines Uniformhemdes und stopfte den Stiefel dort hinein. Dann schlang er das Seil zweimal um den glatten Fuß seiner Prothese, als sei die künstliche Gliedmaße eine Seilrolle. Er spürte, wie das Seil durch die Bewegungen des Mannes, der nach seinen abgestürzten Kameraden suchen wollte, zu schwingen und dabei auch zu

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