Kaperfahrt
vom Bein.
Die Kel-Tec-Pistole steckte in der Tasche seiner Hose, und das Messer befand sich außer Reichweite. Juan legte den Kopf so weit wie möglich zurück und stieß damit nach der Nase seines Angreifers. Er hatte nicht die Kraft, um Knochen zu brechen, daher musste er sich mit einem Blutschwall zufriedengeben, der ihm ins Gesicht spritzte, und dem Schmerzensschrei, den sein Kopfstoß auslöste.
Er wälzte sich unter der Gestalt auf den Bauch, zog die Beine an und stemmte sich mit aller Kraft ruckartig hoch. Die Kreatur wurde von seinem Rücken geschleudert, flog ein Stück durch die Luft und prallte mit einem dumpfen Laut gegen den gegenüberliegenden Rand der Felsschüssel. Cabrillo hatte sich bereits zusammengekauert und herumgerollt, um sein Messer zu fassen, und hielt es nun stoßbereit in der Hand, als das Ungeheuer zusammensackte.
Sein Messerarm senkte sich, die Klinge blitzte, und es hätte sein Ziel mit tödlicher Sicherheit getroffen, wenn Cabrillo nicht im letzten Moment zwei Dinge klar geworden wären. Sein Angreifer war ungewöhnlich leicht und mit den gleichen Lumpen bekleidet, die auch die Gefangenen im Lager trugen. Es war zu spät, um den Wurf abzubrechen, aber er schaffte es immerhin, seine Richtung zu ändern. Die Klinge drang nur wenige Zentimeter vom Kopf der Erscheinung in den Sandstein ein.
Fünf Sekunden waren verstrichen, seit Juan angegriffen worden war. In dieser Zeit hatte Alana es lediglich geschafft, die Hände erschrocken auf ihren Mund zu pressen.
Juan atmete zischend aus.
»O mein Gott«, stieß Alana keuchend hervor. »Greg erzählte, dass vor ein paar Tagen zwei Gefangene entkommen seien. Sie haben aber nur einen von ihnen zurückgebracht.«
Juan berechnete kurz ihre Chancen, auf den einzigen anderen Menschen im Umkreis von zwanzig Meilen zu treffen, und schätzte sie als ziemlich gut ein. Er hatte das Lager hinter sich gelassen, als er und Alana in die offene Wüste vorgedrungen waren. Dabei hatten sie sich den leichtesten Weg durch das stellenweise unwegsame Gelände gesucht. Es war die nächstliegende Wahl gewesen – und dieser Gefangene hatte genauso gehandelt.
Offensichtlich waren sie aber schneller vorangekommen als der Mann, was angesichts seines schlechten Zustands nicht sehr überraschte. Dass er es überhaupt so weit geschafft hatte, glich schon einem Wunder. Er musste den Hügel als Aussichtspunkt benutzt haben, hatte dann Alana und Juan gesehen, wie sie sich seiner Position näherten, und hatte sich offenbar so lange versteckt, bis Cabrillo am verwundbarsten war.
Juan ging zu dem Gefangenen hinüber und ließ sich von Alana die Feldflasche reichen.
»Trinken Sie«, sagte Juan zu dem Araber. »Wir tun Ihnen nichts.«
Juan erkannte, dass sich unter dem Schmutz und dem verfilzten Bart ein Mann mit kräftiger Nase und breiter Stirn verbarg, der etwa in seinem Alter sein musste. Seine Wangen waren von Hunger und Austrocknung eingefallen, während die Augen einen matten Glanz hatten. Aber er hatte immerhin die Kraft gehabt, so weit zu marschieren und eine recht gut durchdachte Attacke zu versuchen. Cabrillo war beeindruckt.
»Sie haben es geschafft, mein Freund«, sagte er. »Unsere Rettung ist unterwegs.«
»Sie sind ein Saudi«, krächzte der Mann, nachdem er die Feldflasche zur Hälfte geleert hatte. »Ich erkenne Ihren Akzent.«
»Nein, ich habe Arabisch in Riad gelernt. Eigentlich bin ich Amerikaner.«
»Allah sei gepriesen.«
»Und Mohammed, sein Prophet«, fügte Juan hinzu.
»Friede sei mit ihm. Wir sind gerettet.«
»Wir?«
21
Nach der Meldung, die Julia mühsam übersetzt hatte, war Juan stumm geblieben, daher traf Max die Entscheidung, Linc, Linda und Mark mit dem Pig zu seiner letzten bekannten Position zu schicken.
Das Trio brauchte zwei Stunden, um die Gegend zu erreichen.
Hanley hielt sich im Operationszentrum auf. Der Schiffscomputer achtete darauf, dass sie ihre Position hielten, daher brauchte nur die Dienstbereitschaft im Zentrum Wache zu halten. Jedoch hatten sich etwa ein Dutzend Männer und Frauen eingefunden, die sich auf die freien Sessel verteilten oder stehend an den Wänden lehnten. Eric Stone saß am Steuer, während sich George Adams neben ihm auf dem Platz, der zu Mark Murphys Waffenstation gehörte, niedergelassen hatte. Mit seinem Kinohelden-Aussehen und seiner Fliegerkombination bot der Hubschrauberpilot einen verwegenen Anblick. Er galt, nach dem Chef, als der beste Pokerspieler auf dem Schiff, und sein einziger
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