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Kaperfahrt

Kaperfahrt

Titel: Kaperfahrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler
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sich dann wieder auf das Betriebsgelände der Steinkohlemine. Der Gefangene zupfte an Juans Ärmel, also musterte er ihn etwas genauer. Er war kein Araber wie alle anderen. Sein Haar und sein Gesicht waren deutlich heller, obgleich seine Haut von der Sonne verbrannt war.
    »Sind Sie Chaffee?«, fragte Juan.
    »Ja. Woher wissen Sie das?«
    »Sie müssen sich für Ihre Rettung bei Alana Shepard bedanken.«
    Chaffee atmete erleichtert auf. »Gott sei Dank. Wir hörten gestern Abend, sie sei bei einem Fluchtversuch erschossen worden.«
    »Sind Sie kräftig genug, um nötigenfalls zu kämpfen?«
    Der CIA-Agent richtete sich so gut er konnte auf. »Geben Sie mir eine Pistole, und überzeugen Sie sich.«
    Juan deutete auf Mark Murphy, der soeben im Begriff war, den alten Eisenbahnwaggon an den beiden Haken am Heck des Pig zu befestigen. Von Weitem betrachtet wirkte der Eisenbahnwaggon riesengroß und die Kette so dünn und zerbrechlich wie ein Silberfaden. Aber daran konnte er jetzt nichts ändern. »Melden Sie sich bei dem Mann dort drüben. Er wird sich um Sie kümmern.«
    »Danke sehr.«
    Cabrillo warf einen Blick auf seine Uhr. Acht Minuten waren seit dem ersten Schuss verstrichen. Ihnen blieben also weniger als zehn Minuten, bevor ein Trupp schießwütiger Fanatiker aus dem Trainingslager erscheinen würde, und höchstens eine Stunde, bis das libysche Militär aufmarschierte und auf alles schoss, was sich hier bewegte.
    Der Strom der Gefangenen zum Schienenwagen riss nicht ab – und ganz gleich, wie sehr Juan sie auch zur Eile antrieb, sie schafften es einfach nicht. Sie waren von ihrem Martyrium derart geschwächt, dass noch nicht einmal die Aussicht auf Freiheit sie dazu brachte, sich schneller als nur mühsam schlurfend vorwärtszubewegen. Fast konnte er hören, wie die Zeit vertickte.
    Über die Schulter beobachtete Juan, wie sie in den Waggon kletterten und sich gegenseitig dabei halfen.
    Es war jedoch nicht seine Uhr, die Juan zu hören glaubte. Es war vielmehr das rhythmische Rotorflappen eines anfliegenden Hubschraubers. George Adams war immer noch mindestens zwanzig Minuten weit entfernt. Demnach musste es der Mi-8 der Terroristen sein.
    Es spielte keine Rolle, dass der Waggon voll war und nur noch eine ältere Frau sich abmühte, das Gleisende zu erreichen, während die Zelte und die Bergwerksanlagen hinter ihr brannten und dichte Qualmwolken zu einem Himmel aufstiegen, der sich rosig färbte.
    Die Zeit war abgelaufen.

23
    Als Projektile das Erdreich hinter der alten Frau aufwühlten, ließ Cabrillo ein frisches Magazin auf der Unterseite seines Sturmgewehrs einrasten. Er hatte das erste Magazin nicht völlig leer geschossen, daher brauchte er die Waffe nicht neu zu spannen.
    Zu diesem Zeitpunkt waren Juan die mehr als einhundert Menschen, die sich in dem Güterwagen drängten, gleichgültig. Er achtete ausschließlich auf die alte Frau.
    Vielleicht war dies ein Fehler in seiner Logik. Eine Synapse, die nicht ordnungsgemäß funktionierte. Er machte keinen Unterschied zwischen den Bedürfnissen der vielen und den Bedürfnissen von wenigen. In diesem Moment bedeutete ihm ihr Leben genauso viel wie die Leben all der anderen.
    Er verließ seine Deckung und feuerte aus der Hüfte eine glühende Salve ab, die das Gewehr des Terroristen zum Schweigen brachte. Die Frau war stocksteif stehen geblieben. Wie ein Reh im Lichtstrahl eines Autoscheinwerfers, dieser Gedanke schoss Juan durch den Kopf.
    Er erreichte sie mit einem Dutzend langer Schritte, duckte sich, während er sich ihr näherte, so dass er sie sich auf die linke Schulter legen konnte, ohne auch nur einen Augenblick innezuhalten. Trotz ihrer Hungerdiät wog sie solide einhundertachtzig Pfund und musste vor ihrem Martyrium an die zweihundertfünfzig Pfund auf die Waage gebracht haben. Juan taumelte unter dem Gewicht, als sein verletztes Bein beinahe nachgab. Die Frau stieß einen erschreckten Schrei aus, wehrte sich jedoch nicht, als Juan zum Gebäude zurückrannte und sich dabei gelegentlich halb umdrehte, um mit dem Gewehr, das er in einer Hand hielt, seinen Rückzug zu sichern.
    Die Frau kreischte plötzlich auf. Juan riss den Kopf herum und blickte in Laufrichtung. Wie aus dem Nichts war da ein Wächter aufgetaucht. Er war nur mit einem Knüppel bewaffnet und versuchte sein Glück mit einer Kamikazeattacke, doch Cabrillos Gewehr zeigte noch in die falsche Richtung. Während er herumwirbelte, verfehlten die Füße der Frau den Kopf des Wächters nur um

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