Kaperfahrt
dass sie nur mit Meerwasser gefüllt sind, wird er wohl eine Falle wittern und die Oregon schnellstens verlassen.«
»Was meinst du denn, warum ich es so eilig habe, Kevin?«
Nixon trat zurück und begutachtete sein Werk. Er kramte in einer Schreibtischschublade und holte Pilotenbrillen für Juan und Eddie hervor. Sie hatten die richtige Hautfarbe, aber ohne Latexelemente konnte er an ihren Gesichtszügen nur wenig verändern. Hätte er genügend Zeit gehabt, hätte er jeden von ihnen in einen Zwilling Didis verwandeln können, aber er gab sich mit den Sonnenbrillen zufrieden. Dann nickte er und wollte gerade sein Okay geben, aber Juan und seine Helfer waren schon auf dem Weg nach draußen.
»Linda, wo ist Didi im Augenblick?«, erkundigte sich Cabrillo über Funk.
»Sie stehen gerade vor dem Laderaum. Etwa zwölf Männer sind bei ihm. Alle bis an die Zähne bewaffnet. Apropos Zähne, unser Piratenhäuptling, Hakeem, grinst von einem Ohr zum anderen.«
»Das kann ich mir denken«, erwiderte Juan. »Aber nicht mehr lange.«
Er führte Linc und Eddie zu einer Tür, die sich in einem der eleganten Korridore der Oregon befand und kein Türschild aufwies. Er öffnete einen winzigen Spion in einem Einwegspiegel, und als er sah, dass der Raum dahinter dunkel war, öffnete er die Tür – und die drei Männer gingen hindurch. Ein kurzer Zug an einer Kette ließ eine Deckenlampe leuchten, und nun erkannten sie, dass sie sich in einem Geräteraum mit einem Ausgussbecken, Putzeimern und Regalen voller Reinigungsutensilien befanden. Dies war einer der geheimen Verbindungsgänge zwischen den beiden Abteilungen der Oregon.
Erst als Juan die Hand um den Knauf legte, um die Tür zum öffentlichen Bereich des Schiffes zu öffnen, wurde ihm bewusst, dass ihn auf der anderen Seite möglicherweise eine Kampfsituation erwartete. Der Adrenalinstoß wirkte wie eine Droge. Sofort waren die altbekannten Empfindungen wieder präsent – Angst, Nervosität und eine reichliche Dosis Erregung. Je öfter er sich willkürlich in Gefahr begab, desto länger dauerte es, diese Empfindungen zu unterdrücken und sich nicht davon ablenken zu lassen.
Dies war der Moment, über den niemand jemals sprach oder dessen Existenz man auch nur eingestand. Er konnte sich sehr gut Lincs und Eddies Erschrecken vorstellen, wenn er sich jetzt zu ihnen umdrehen und sie fragen würde, ob sie genauso viel Angst hätten wie er. Dies genau war es, was einen guten Soldaten ausmachte: die Fähigkeit, seine Angst einzugestehen und so diszipliniert zu sein, sie zu kontrollieren und als nützliches Hilfsmittel im Kampf einzusetzen.
Juan zögerte nicht. Er stieß die Tür auf und betrat den öffentlichen Teil des Schiffes. Zwei somalische Frauen rannten an ihm vorbei. Sie schleppten einen zusammengerollten Teppich, den sie aus einer der Kabinen herausgerissen haben mussten. Für Cabrillos Team hatten sie keinen zweiten Blick übrig.
Die drei Männer eilten nach achtern zu einer Treppe, die sie tiefer in den Frachter vordringen ließ. Am Fuß der Treppe war ein bewaffneter Wächter postiert, und gerade als Juan an ihm vorbeigehen wollte, fasste er nach seinem Arm und sagte etwas auf Somali, das Cabrillo nicht verstand.
»Ich muss mit Lord Didi sprechen«, sagte Juan auf Arabisch und hoffte, dass der Mann ihn verstand.
»Nein. Er darf nicht gestört werden«, erwiderte der Wächter zögernd.
»Wie du willst«, murmelte Juan auf Englisch und schaltete den Mann mit einem Schwinger aus, der den schmächtigen Somali regelrecht von den Füßen riss.
Cabrillo schüttelte seine Hand aus, während Linc und Eddie den bewusstlosen Wächter unter die stählerne Scherentreppe legten.
»Achtet darauf, dass wir diesen Kerl nicht vergessen, wenn das Ganze hier vorbei ist«, sagte Juan und machte sich auf den Weg zum Frachtraum. Laut Linda Ross war Mohammad Didi bereits seit drei Minuten dort und inspizierte noch immer die Lastwagen.
»Wie ist seine Stimmung?«
»Er benimmt sich wie ein Kind im Süßwarenladen.«
»Okay, ich denke, wir können dann loslegen. Sag Max, er soll damit anfangen, den Qualm ins Schiff zu blasen und die Wasserkanonen bereitzuhalten. Ich will die Leute vom Schiff haben und nicht, dass noch mehr von ihnen an Bord kommen, um weiter zu plündern.«
»Verstanden.«
Das wahrscheinlich wichtigste verborgene Merkmal der Oregon war dies, dass sie nicht von traditionellen Schiffsmotoren angetrieben wurde. Stattdessen verwendete sie etwas, das als
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