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Kapitaen Bykow

Kapitaen Bykow

Titel: Kapitaen Bykow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Strugatzki
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gegenwärtigen Stand der Wissenschaft. So war er eines schönen Tages unvermittelt zur Quelle eines starken Magnetfelds geworden. Das äußerte sich darin, dass alle ferromagnetischen Gegenstände im Zimmer sich von ihren Plätzen losrissen und die Feldlinien entlang auf ihn zustürzten. Eine stählerne Schreibfeder stach ihn in die Wange, irgendetwas schlug schmerzhaft gegen den Kopf und den Rücken. Er barg das Gesicht in den Händen und zitterte vor Angst, während von Kopf bis Fuß Messer, Gabeln, Löffel, Scheren an ihm klebten, und plötzlich war alles vorüber. Die Erscheinung hatte nicht länger als zehn Sekunden gedauert, und er wusste nicht die mindeste Erklärung dafür.
    Ein andermal erhielt er den Brief eines Freundes und stellte zu seiner Verwunderung bereits nach der zweiten Zeile fest, dass er genau den gleichen Brief schon ein paar Jahre zuvor bekommen hatte. Er erinnerte sich sogar, dass auf der Rückseite neben der Unterschrift ein Klecks sein musste. Als er den Brief umdrehte, erblickte er tatsächlich den Klecks.
    »Alle diese Dinge haben sich nicht wiederholt«, teilte er betrübt mit. »Ich habe sie für die merkwürdigsten in meiner Sammlung gehalten. Aber nur, wissen Sie, bis heute Abend.«
    Überhaupt unterbrach er seine Rede des Öfteren, um zu erklären: »Das alles, wissen Sie, wäre sehr schön, aber heute ... Das ist zu viel, glauben Sie mir.«
    »Meinen Sie nicht«, fragte ich, »dass Sie von wissenschaftlichem Interesse sein könnten?«
    »Ich habe daran gedacht«, sagte er. »Ich habe Briefe geschrieben. Ich habe, wissen Sie, Vorschläge gemacht. Niemand glaubt mir. Nicht einmal die Verwandten. Nur der Onkel hat mir geglaubt, aber der ist jetzt tot. Alle halten mich für ein Original und einen geistlosen Witzbold. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, was sie nach dem heutigen Ereignis denken werden.« Er seufzte und warf einen Zigarettenstummel weg. »Vielleicht ist es auch besser so, dass mir niemand glaubt. Nehmen wir mal an, irgendjemand würde mir glauben. Sie würden eine Kommission gründen, die mir immerfort auf den Fersen bleiben und auf Wunder warten würde. Dabei bin ich von Natur menschenscheu, und alle diese Dinge haben mir den Charakter nun noch vollends verdorben. Manchmal kann ich nachts nicht schlafen vor Angst.«
    Was die Kommission betraf, stimmte ich ihm zu. Schließlich konnte er die Wunder ja nicht nach seinem Gutdünken heraufbeschwören. Er war nur ihr Fokus, nach seinen Worten, ein Punkt im Raum, wo sich Ereignisse von geringer Wahrscheinlichkeit zutrugen. Ohne Kommission und Beobachtung würde es nicht abgehen.
    »Ich habe an einen bekannten Gelehrten geschrieben«, fuhr er fort. »Hauptsächlich freilich über den Meteoriten und das Wasser in der Vase. Aber er, wissen Sie, hat es humoristisch aufgenommen. Er hat geantwortet, der Meteorit hätte überhaupt nicht mich getroffen, sondern einen Schofför, einen Japaner, glaub ich. Und er hat mir ziemlich gehässig geraten, ich möge mich an einen Arzt wenden. Mich hat dieser Schofför sehr interessiert. Ich dachte, er könnte vielleicht auch eine gigantische Fluktuation sein – Sie verstehen, möglich ist das. Aber es erwies sich, dass er vor vielen Jahren gestorben war. Ja, wissen Sie ...« Er verfiel für einen Augenblick in Nachdenken. »Doch zum Arzt bin ich trotzdem gegangen. Wie sich zeigte, bin ich vom medizinischen Standpunkt aus nicht sonderlich interessant. Aber der Arzt hat bei mir eine gewisse Verstimmung des Nervensystems entdeckt und mich hierher zur Kur geschickt. Und ich bin gefahren. Woher sollte ich denn wissen, was hier passieren würde?«
    Er fasste mich plötzlich an der Schulter und flüsterte: »Vor einer Stunde ist mir eine Bekannte davongeflogen!«
    Ich verstand nicht.
    »Wir gingen dort oben im Park spazieren. Schließlich bin ich auch bloß ein Mensch, und ich hatte ausgesprochen ernste Absichten. Wir hatten uns im Speisesaal getroffen, dann gingen wir in den Park spazieren, und sie flog fort.«
    »Wohin?!«
    »Ich weiß nicht. Wir gingen, plötzlich schrie sie auf, wurde vom Erdboden emporgerissen und erhob sich in die Luft. Ich kam gerade noch rechtzeitig zu mir, um sie am Fuß zu packen, und da ...«
    Er drückte mir einen festen Gegenstand in die Hand. Es war eine Sandale, eine gewöhnliche helle Sandale mittlerer Größe.
    »Verstehen Sie, völlig unmöglich ist das nicht«, murmelte das Phänomen. »Die chaotische Bewegung der Körpermoleküle, die Brownsche Bewegung der

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