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Kapitaen Bykow

Kapitaen Bykow

Titel: Kapitaen Bykow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Strugatzki
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Wandleuchte die glänzende Glatze des Navigators. Es war ganz still.
    Shilin hatte »Die Forscher« schon gesehen, er fand es viel interessanter, Jura und den Navigator zu betrachten. Jura wandte den Blick nicht vom Bildschirm und rückte nur manchmal ungeduldig den schmalen Reif des Fonodemonstrators auf dem Kopf zurecht. Die Forscher gefielen ihm ungeheuer, Shilin hingegen lächelte vor sich hin und dachte, wie unsinnig und primitiv dieser Film doch sei, vor allem, wenn man ihn schon kannte und über dreißig war. Diese Heldentaten, die einer rauschhaften Selbstkasteiung glichen und von Anfang bis Ende sinnlos waren, und dieser Kommandeur Sanders, den man unverzüglich absetzen, ihm den Kopf waschen und ihn als Archivar zurück auf die Erde schicken müsste, damit er nicht durchdrehte und keine unschuldigen Leute ins Verderben führte, die ihm nicht widersprechen durften. Und vor allem müsste man dieses hysterische Weib erledigen – Praskowina hieß sie wohl –, sie allein in den Dschungel schicken, wenn es sie schon so sehr juckte. Und was für eine Mannschaft sich da zusammengefunden hatte! Lauter Selbstmörder mit infantilem Verstand. Der Doktor war nicht übel, aber den hatte der Autor gleich zu Beginn erledigt, offensichtlich, damit niemand die idiotischen Pläne des halb verrückten Kommandeurs störte.
    Am komischsten war, dass Jura all das natürlich auch sehen musste, aber wenn jetzt jemand versucht hätte, ihn vom Bildschirm loszueisen und ihm statt dessen, sagen wir, den Prinzen Genji in die Hand zu drücken ... Es war so von alters her und würde wohl auch immer so bleiben, dass jeder normale junge Mann bis zu einem gewissen Alter das Drama von Verfolgungsjagden, Suche und rückhaltloser Selbstaufopferung dem Drama der menschlichen Seele vorzog, den feinsten Gefühlsregungen, die komplizierter, spannender und tragischer als alles in der Welt sind ... O gewiss, er würde bestätigen, dass Lew Tolstoi groß ist als Denkmal der menschlichen Seele, Galsworthy monumental und vortrefflich als Soziologe und Dmitri Strogow ohnegleichen bei der Erforschung der inneren Welt des neuen Menschen. Doch all das wären Worte, die von außen kamen. Natürlich würde eines Tages auch Jura erschüttert sein,wenn er den Fürsten Andrej als Lebenden unter Lebenden sähe, er würde vor Schrecken und Mitleid erschauern, wenn er Soames vollends verstünde, und gewaltigen Stolz empfinden angesichts der blendenden Sonne, die in der unvorstellbar komplizierten Seele von Strogows Tokmakow brennt ... Doch das würde später geschehen, nachdem er die Erfahrung eigener Seelenregungen gesammelt hätte.
    Ganz anders dagegen Michail Antonowitsch. Da hatte er gerade den Kopf gehoben und blickte mit den kleinen Augen ins Dunkel des Zimmers, und natürlich stand jetzt vor ihm der ferne schöne Mann in der seltsamen Kleidung und mit der seltsamen Frisur, das nutzlose Schwert im Gürtel, ein feinsinniger und spöttischer Sünder, ein japanischer Don Juan – genau so, wie er seinerzeit aus der Feder einer genialen Japanerin am prunkvollen und schmutzigen Hof von Heian hervorgegangen war, um unsichtbar durch die Welt zu ziehen, bis sich auch für ihn ebenso geniale Übersetzer fänden. Und Michail Antonowitsch sah ihn jetzt so, als lägen nicht neun Jahrhunderte und anderthalb Milliarden Kilometer zwischen ihnen, und nur er sah ihn, Jura aber war das noch nicht gegeben, und es würde ihm vielleicht erst in fünf Jahren vergönnt sein, wenn in Juras Leben auch Tokmakow,die Forsytes, Katja und Dascha und viele, viele andere treten würden ...
    Der letzte Forscher war unter der aufgepflanzten Flagge gestorben, und der Bildschirm erlosch. Jura nahm den Fonodemonstrator vom Hinterkopf und sagte nachdenklich: »Ja, hervorragend gemacht, der Film.«
    »Ein Juwel«, äußerte Shilin ernsthaft.
    »Das sind Menschen, was?« Jura zupfte sich an einer Haarsträhne auf dem Schopf. »Wie eine Stahlklinge ... Helden des letzten Schrittes. Nur die Praskowina ist irgendwie unnatürlich.«
    »Hm-ja, mag sein ...«
    »Aber dafür Sanders! Wie sehr er Wladimir Sergejewitsch ähnelt!«
    »Mir kommen sie alle wie Wladimir Sergejewitsch vor«, sagte Shilin.
    »Ja wieso denn!« Jura schaute sich um, sah Michail Sergejewitsch und fuhr flüsternd fort: »Natürlich, sie sind alle echt, rein, aber ...«
    »Gehen wir lieber zu mir«, schlug Shilin vor.
    Sie verließen die Messe. Auf dem Weg zu Shilins Kajüte sagte Jura: »Sie sind alle gut, dagegen ist nichts zu

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