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Kapitaen Bykow

Kapitaen Bykow

Titel: Kapitaen Bykow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Strugatzki
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Stewardess nahm ihr Köfferchen aus dem Netz und sagte aufgeräumt: »Worauf warten Sie noch, Genossen, wir sind da! Weiter fährt der Autobus nicht.«
    Bykow erhob sich schwerfällig und schritt, ohne die Hände aus den Taschen zu nehmen, durch den leer gewordenen Bus zum Ausgang. Shilin, der Jurkowskis Aktenmappe trug, folgte ihm. Die Menge hatte sich bereits aufgelöst, die Leute strebten grüppchenweise dem Empfangsgebäude zu; sie lachten und unterhielten sich. Bykow trat in den Schnee hinaus, verharrte dort eine Weile, düster in der Sonne blinzelnd, und begab sich dann gleichfalls zum Flughafengebäude. Der Schnee unter seinen Schuhen knirschte hell. Von der Seite glitt ein langer bläulicher Schatten auf sie zu, und Shilin entdeckte Dauge.
    Dauge humpelte ihnen hastig entgegen, wobei er sich schwer auf einen dicken, polierten Stock stützte; er wirkte wie immer schmächtig, war dick eingemummt, sein Gesicht dunkel und voller Falten. Die Finger im warmen Flauschhandschuh umklammerten ein klägliches Sträußchen verwelkter Vergissmeinnicht. Starr vor sich hin blickend, trat er auf Bykow zu, hielt ihm das Sträußchen hin und vergrub sein Gesicht in der Grönlandjacke. Bykow umarmte ihn und brummte: »Also wirklich, du hättest zu Hause bleiben sollen, siehst doch, was für ein Frost herrscht ...«
    Er nahm Dauge am Arm, und sie gingen langsam zum Flughafengebäude – der riesige, gebeugte Bykow und der kleine, verhutzelte Dauge. Shilin folgte ihnen.
    »Was macht die Lunge?«, erkundigte sich Bykow.
    »Es geht ...«, erwiderte Dauge. »Nicht besser und nicht schlechter.«
    »Du solltest ins Gebirge fahren. Bist schließlich kein Junge mehr, musst auf dich achtgeben.«
    »Keine Zeit«, sagte Dauge. »Ich muss noch sehr vieles zu Ende bringen. Hab alles Mögliche in Angriff genommen, Aljoscha.«
    »Gerade deshalb musst du dich auskurieren. Sonst kommst du nicht mehr dazu, die Dinge zu Ende zu bringen.«
    »Wichtig ist, sie anzufangen.«
    »Na dann um so mehr.«
    »Die Frage Transpluto ist übrigens entschieden. Sie bestehen darauf, dass du an der Expedition teilnimmst. Ich habe darum gebeten, deine Rückkehr abzuwarten.«
    »Warum nicht«, erwiderte Bykow. »Ich fahre nach Hause, erhol mich ein bisschen, und dann – bitte sehr.«
    »Zum Leiter ist Arnautow bestimmt worden.«
    »Egal«, sagte Bykow.
    Sie stiegen die Stufen zum Empfangsgebäude empor. Dauge hatte Schwierigkeiten, er war den Stock offensichtlich noch nicht gewöhnt. Bykow stützte ihn am Ellbogen. Da sagte Dauge leise: »Und ich hab die beiden noch nicht mal umarmt, Aljoscha ... Dich hab ich umarmt, Wanja hab ich umarmt, sie dagegen nicht ...«
    Bykow schwieg, und sie betraten das Vestibül. Shilin war ebenfalls die Treppe emporgestiegen und entdeckte im Schatten hinter einer Säule plötzlich eine Frau, die ihn anschaute. Sie wandte sich sofort ab, doch hatte er ihr Gesicht unter der Fellmütze gerade noch sehen können – es war früher bestimmt sehr schön gewesen, wirkte jetzt jedoch alt, gedunsen, ja fast verlebt. Wo bin ich dieser Frau bloß schon mal begegnet?, überlegte Shilin. Denn dass er ihr bereits begegnet war, und zwar oft, stand fest. Oder besaß sie nur Ähnlichkeit mit jemandem?
    Er stieß die Tür zum Vestibül auf. Und nun also der Transpluto, dachte er, der Cerberus. Fern, unendlich fern. Fern von allem. Fern von der Erde, den Menschen, fern von alldem, was wichtig ist. Wieder eine Schachtel aus Stahl, abermals fremde, von Eis überzogene, völlig unwichtige Felsen. Das Wichtige bleibt auf der Erde zurück. Wie übrigens immer. Aber so geht das doch nicht, das ist nicht ehrlich. Es wird Zeit, sich zu entscheiden, Iwan Shilin, höchste Zeit! Natürlich werden einige Leute sagen, bedauernd oder auch spöttisch: »Seine Nerven haben versagt, so etwas soll vorkommen.« Alexej Petrowitsch wird das gewiss denken. Shilin verhielt den Schritt. Ja, genau, das wird er denken: Seine Nerven haben versagt. Dabei war er so ein kräftiger Bursche. Aber das ist ja nur gut! Zumindest wird es ihn nicht so kränken, dass ich ihn gerade jetzt im Stich lasse, wo er allein zurückgeblieben ist ... Natürlich ist es leichter für ihn zu glauben, dass meine Nerven versagt haben, als einsehen zu müssen, dass mir all diese Transplutos schnurzegal sind. Denn er ist sehr starrsinnig und hart in seinen Überzeugungen ... und Verirrungen. Steinharte Verirrungen ...
    Das Wichtige ist auf der Erde. Das Wichtige bleibt immer auf der Erde, deshalb werde ich

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