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Kapitaen Bykow

Kapitaen Bykow

Titel: Kapitaen Bykow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Strugatzki
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war. Wenn zum Beispiel der Oxitangeber derart zu vibrieren begänne, wäre alles klar – man müsste den Kompressor regulieren oder wenigstens die Drosselklappe auswechseln ... Jura spürte deutlich, wie sich das Schiff auf die Seite legte – er merkte es am Druck auf den Fuß. Die Tachmasib wendete zuerst fließend, dann ruckweise. Jeder Ruck erschütterte den Kopf und alles, was darin war ... Was denn, dachte Jura und stemmte sich mit ganzer Kraft fest. Was ist denn da los? Und da ertönten in der schrecklichen dumpfen Stille Schritte. Gemessene, sichere, unbekannte Schritte, aber vielleicht erkannte Jura sie nur nicht. Er blickte den Korridor entlang, die Schritte jedoch kamen immer näher, und da erschien an der Biegung Shilin im Arbeitsanzug, den flachen Kasten des Testers vor der Brust. Sein Gesicht war ernst und wirkte unzufrieden, in die Augen fiel ihm eine helle Haarsträhne. Shilin kam heran, gab Jura einen Klaps aufs Knie und sagte leise: »Na, na ...«
    Er wollte die Vakuumsektion betreten. Jura klappte den Mund auf und zu, nahm das Bein aber nicht weg. Es war Shilin, der liebe, prächtige, langersehnte Shilin, doch Jura nahm das Bein nicht weg, sondern fragte stattdessen: »Was ist los bei euch?«
    Er wollte es lässig sagen, aber bei der letzten Silbe versagte ihm die Stimme, und der Eindruck war verdorben.
    »Ja, was soll schon bei uns los sein ...«, sagte Shilin widerwillig. »Lass mich doch durch. Ich muss da was holen ...«
    In Juras Kopf bildeten die eigenen Prinzipien und Vorstellungen einen Brei, und in diesem Brei blieb allein die Vorschrift unversehrt.
    »Warten Sie, Wanja«, murmelte er und drückte die Ruftaste.
    Der Kapitän meldete sich nicht.
    »Mensch, Jura«, sagte Shilin, »was hast du denn? Lass mich doch durch, ich habe im Skaphander ...«
    »Ich kann nicht«, erwiderte Jura und leckte sich die Lippen. »Wie soll ich denn können? – Gleich wird sich der Kapitän melden ...«
    Shilin musterte ihn aufmerksam. »Und wenn er sich nicht meldet?«
    »Warum sollte er sich denn nicht melden?« Jura fixierte Shilin mit großen Augen und packte ihn plötzlich am Ärmel. »Was ist passiert?«
    »Ja, nichts ist passiert.« Shilin begann mit einem Mal zu lächeln. »Du lässt mich also nicht durch?«
    Jura schüttelte verzweifelt den Kopf. »Ich darf doch nicht, Wanja ... Das musst du doch verstehen!« Im Überschwang der Gefühle duzte er ihn sogar, er hätte am liebsten losgeheult, aber gleichzeitig ließ etwas ihn sich gut und sicher fühlen, und er wusste, dass er Shilin um keinen Preis durchlassen würde. »Du bist schließlich auch mal Praktikant gewesen.«
    »Tja ...«, meinte Shilin unbestimmten Tones und betrachtete ihn. »Wir befolgen Buchstaben und Geist der Vorschrift?«
    »Ich weiß nicht«, murmelte Jura. Er schämte sich und wusste zugleich, dass er das Bein nicht herunternehmen würde. Wenn du wirklich hinein musst, dann steh nicht rum, rief er Shilin in Gedanken zu. Hau mir eine aufs Maul und hol dir, was du brauchst ...
    »Kapitän Bykow hört«, erklang es aus dem Radiofon.
    Jura vermochte immer noch nicht, seine Gedanken zu sammeln.
    »Alexej Petrowitsch«, sagte Shilin ins Radiofon, »ich will in die Vakuumsektion, aber der Praktikant lässt mich nicht durch.«
    »Was hast du in der Vakuumsektion zu schaffen?«, erkundigte sich Bykow.
    »Ich hab da letztes Mal einen ›Sirius‹ gelassen ... Hab ihn im Skaphander vergessen.«
    »So«, sagte Bykow. »Praktikant Borodin, lassen Sie Bordingenieur Shilin passieren.«
    Bykow schaltete ab. Jura nahm riesig erleichtert das Bein weg. Er bemerkte erst jetzt, dass das Schiff nicht mehr vibrierte. Shilin blickte ihn zärtlich an und klopfte ihm auf die Schulter.
    »Wanja, nehmen Sie’s bloß nicht übel ...«, murmelte Jura.
    »Im Gegenteil! Du hast einen außerordentlich interessanten Anblick geboten.«
    »Mir geht im Kopf alles so durcheinander ...«
    »So-so ...« Shilin blieb vor seinem Skaphander stehen. »Für diesen Fall werden die Vorschriften ja gemacht. Eine gute Sache, nicht wahr?«
    »Ich weiß nicht. Irgendwie begreife ich jetzt nicht mehr, was Sache ist. Was ist denn nun passiert?«
    Shilins Miene verdüsterte sich wieder. »Was kann schon passiert sein?«, presste er zwischen den Zähnen hervor. »Künstliche Ernährung. Tablettchen statt Kotelettchen. Ein Übungsalarm, Praktikant Borodin, weiter nichts. Eine Routinesache, mindestens ein, zwei Mal pro Flug. Zwecks Überprüfung der Vorschriftenkenntnis. Große Sache

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