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Kapitaen Bykow

Kapitaen Bykow

Titel: Kapitaen Bykow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Strugatzki
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das – die Vorschrift!« Er nahm einen weißen, fingerstarken Zylinder aus dem Skaphander und knallte wütend den Verschluss zu. »Es wird Zeit, dass ich mich davonmache. Und zwar schleunigst, ehe es mich anstinkt.«
    Jura holte tief Luft und schaute in den Korridor. Die roten Lampen brannten nicht mehr. Der Boden vibrierte nicht mehr. Jura sah, wie aus der Kajüte Jurkowski kam, zu ihm herschaute, majestätisch nickte und gemessenen Schrittes um die Biegung verschwand.
    Shilin knurrte: »Der Fisch sucht sich die tiefste Stelle aus und der Mensch die schlechteste. Verstehst du? Hier ist alles gut. Alarm nur zur Übung, Havarien so als ob. Woanders aber ist es schlechter. Viel schlechter. Und da muss man hingehen, statt abzuwarten, bis sie einen hinführen ... Hörst du mir zu, Praktikant? Nach der Vorschrift hast du mir zuzuhören.«
    »Warten Sie, Wanja«, sagte Jura und verzog das Gesicht. »Ich bin wohl noch nicht ganz zu mir gekommen ...«

8. Eunomia. Die Todesplanetarier
    »Praktikant Borodin«, sagte Bykow und faltete die Zeitung zusammen. »Zeit zum Schlafengehen.«
    Jura stand auf, klappte das Buch zu und legte es nach kurzem Zögern in den Schrank. Ich werde heute nicht lesen, dachte er. Muss mich endlich mal ausschlafen.
    »Gute Nacht«, sagte er.
    »Gute Nacht«, erwiderte Bykow und entfaltete die nächste Zeitung.
    Ohne von seinen Papieren aufzusehen, winkte Jurkowski ihm lässig hinterher. Als Jura draußen war, fragte Jurkowski: »Was meinst du, Alexej, was hat er noch gern?«
    »Wer?«
    »Unser Kadett. Ich weiß, dass er vakuumschweißen kann und es gern tut. Ich habe es auf dem Mars gesehen. Und was hat er noch gern?«
    »Mädchen«, sagte Bykow.
    »Nicht Mädchen, sondern ein Mädchen. Er hat ein Foto von einem Mädchen.«
    »Das wusste ich nicht.«
    »Das hättest du dir aber denken können. Mit zwanzig nehmen alle Fotografien mit, wenn sie auf eine lange Reise gehen, und wissen dann nicht, was sie damit anfangen sollen. In den Büchern steht, dass man diese Fotos heimlich anschauen soll und dass sich dabei die Augen mit Tränen zu füllen oder wenigstens zu verschleiern haben. Bloß das dazu immer die Zeit fehlt. Oder etwas anderes, was noch wichtiger ist. Aber zurück zu unserem Praktikanten.«
    Bykow legte die Zeitung beiseite, setzte die Brille ab und schaute Jurkowski an. »Bist du für heute schon mit der Arbeit fertig?«, fragte er.
    »Nein«, sagte Jurkowski gereizt. »Ich bin nicht fertig und möchte auch nicht drüber sprechen. Von diesem idiotischen Bürokram platzt mir noch der Kopf. Ich möchte mich zerstreuen. Kannst du meine Frage beantworten?«
    »Die beste Antwort darauf kriegst du von Iwan. Der steckt immer mit ihm zusammen.«
    »Aber weil Iwan nicht hier ist, frage ich eben dich.«
    »Reg dich nicht so auf, Wolodja, sonst kriegst du’s wieder mit der Leber. Unser Praktikant ist einfach noch ein Junge. Geschickte Hände, aber zum Lieben hat er weiter nichts Besonderes, weil er nichts kennt. Alexej Tolstoi mag er. Und Wells. Aber Galsworthy langweilt ihn, und der »Weg der Wege« auch. Dann hat er noch Shilin sehr gern, und einen Barbesitzer in Mirsa-Tscharle mag er nicht. Er ist noch ein kleiner Junge. Eine Knospe.«
    »In seinem Alter«, sagte Jurkowski, »habe ich gern Verse geschrieben. Ich träumte davon, Schriftsteller zu werden. Doch dann hab ich irgendwo gelesen, dass Schriftsteller in einem den Toten ähneln: Sie möchten, dass man von ihnen entweder gut oder gar nicht spricht ... Ja. Was wollte ich eigentlich?«
    »Keine Ahnung«, sagte Bykow. »Ich glaube, du drückst dich einfach vor der Arbeit.«
    »Nein, nein, wieso denn ... Ja! Mich interessiert die Innenwelt unseres Praktikanten.«
    »Ein Praktikant ist ein Praktikant.«
    »Ein Praktikant ist nicht wie der andere«, widersprach Jurkowski. »Du bist auch ein Praktikant, und ich bin auch einer. Wir alle sind Praktikanten im Dienste der Zukunft. Alte und junge. Unser Praktikum dauert das ganze Leben lang, bei jedem auf seine Weise. Und wenn wir sterben, bewerten die Nachkommen unsere Arbeit und stellen das Diplom für die Unsterblichkeit aus.«
    »Oder auch nicht«, sagte Bykow nachdenklich, den Blick zur Decke gewandt. »In der Regel leider nicht.«
    »Na und, das ist unsere Schuld und nicht unser Unglück. Übrigens, weißt du, wer das Diplom immer bekommt?«
    »Ja?«
    »Diejenigen, die die Ablösung ausbilden. Solche wie Krajuchin.«
    »Mag sein«, sagte Bykow. »Und was interessant ist: Diese Leute kümmern sich

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