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Kapitän Singleton

Kapitän Singleton

Titel: Kapitän Singleton Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Defoe
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begruben sie ihn auf so anständige Weise, wie ihre Lage es zuließ.
    Da er den Anblick seines toten Vaters nicht mehr vor Augen hatte, sein Wechselfieber jedoch fortdauerte, ging es ihm sehr schlecht, zum Teil vor Trauer, zum Teil durch seine Krankheit. Sein einziger Trost war, mit einem Buch in den Wald oder auf die Felder zu gehen – entweder mit „Übung der Frömmigkeit“ oder mit Mr. Rogers’ „Sieben Abhandlungen“, die einzigen beiden Bücher, die er besaß – und dort zu lesen und nachzudenken, zuweilen auch zu beten. Dabei ließ ihn die Qual seines Herzens oft die Bitte des Propheten Elias aussprechen, daß er sterben möge, da ihm das Leben eine Last sei. Obwohl es aber Gott gefiel, sein Leben zu verlängern, fand er doch einen Weg, seinen Kummer zu erleichtern, indem er ihn von seiner Krankheit befreite und ihm die Erfüllung eines Wunsches gewährte, die ihn außerordentlich befriedigte. Er hatte seine beiden Bücher so häufig gelesen, daß er sie fast auswendig kannte, und obgleich beide fromme und gute Werke waren, sehnte er sich doch nach der Wahrheit aus der Ursprungsquelle, und er hielt es für sein größtes Unglück, daß er keine Bibel besaß, und glaubte nicht, daß er jemals wieder eine zu Gesicht bekäme. Entgegen seinen Erwartungen aber ließ ihm Gott auf seine Weise eine solche zukommen. Als er eines Tages mit seinem schwarzen Jungen angelte, um ein paar Fische zu fangen, die seinen Hunger stillen sollten, kam ein alter Mann vorbei und fragte den Knaben, ob sein Herr lesen könne. Da er es bejahte, sagte der Alte, er habe von den Portugiesen, als sie Colombo verließen, ein Buch erhalten; wenn es seinem Herrn gefalle, wolle er es ihm verkaufen. Der Junge erzählte es diesem, und der hieß ihn hingehen und sich ansehen, was für ein Buch es war. Der Knabe, der schon seit einiger Zeit den Engländern diente, kannte das Buch, und kaum hielt er es in der Hand, rannte er zu seinem Herrn und rief schon von weitem: „Es ist die Bibel!“ Diese Worte ließen Mr. Knox auffahren, er warf seine Angel hin und kam dem Jungen entgegen; als er sah, daß es der Wahrheit entsprach, freute er sich außerordentlich darüber, fürchtete jedoch, er habe nicht genug Geld, um das Buch zu kaufen, obwohl er entschlossen war, sich von allem Geld, das er besaß, und das war nur eine Goldmünze, zu trennen, um es zu erwerben; aber sein schwarzer Junge überredete ihn, Geringschätzung vorzutäuschen und ihm den Kauf zu überlassen. So erhielt er das Buch schließlich für eine Strickmütze.
    Diesen Vorfall konnte er nur als großes Wunder betrachten – daß Gott ihm einen solchen Segen erwies, ihm eine Bibel in seiner Muttersprache zu bringen, an einem so fernen Punkt der Welt, wo Gottes Name unbekannt war und wo sich vermutlich niemals zuvor ein Engländer befunden hatte! Die Freude über diese Gnade war ihm ein großer Trost in seiner Gefange nschaft, obwohl ihm keine körperliche Annehmlichkeit fehlte, die das Land zu bieten vermochte; denn sogleich nach dem Tode seines Vaters hatte der König an die Stadtbewohner einen Eilboten gesandt, der den Befehl überbrachte, sie sollten ihn mit Freundlichkeit behandeln und ihm gute Nahrungsmittel geben; und nachdem er eine Zeitlang im Lande verbracht hatte und die Sprache verstand, gewährte ihm der König Annehmlichkeiten, wie ein Haus und Gärten. Er begann sich der Landwirtschaft zu widmen, und Gott ließ ihn soviel Erfolg haben, daß er reichlich mit Nahrung versehen war, und das nicht nur für sich selbst, sondern er konnte dazu noch anderen borgen, was ihm nach der Landesgewohnheit fünfzig Prozent Gewinn im Jahr einbrachte und ihn sehr bereicherte; er hatte auch Ziegen, die er statt Hammelfleisch verspeiste, sowie Schweine und Hühner. Trotz alledem aber, und es ging ihm so gut wie nur irgendeinem ihrer Adligen, konnte er sein Heimatland nicht so weit vergessen, daß er es zufrieden gewesen wäre, in einem fremden Land zu leben, wo er nach Gottes Wort und seinen Sakramenten hungerte, deren Fehlen ihm alle anderen Dinge unwichtig scheinen ließ; darum betete er täglich inständig zu Gott, er möge ihm dann, wenn er die Zeit für gekommen erachte, beidem wieder zuführen.
    Endlich beschlossen er und ein gewisser Stephen Rutland, der seit zwei Jahren bei ihm lebte, um das Jahr 1673 zu fliehen, und sie überdachten alle geheimen Möglichkeiten, den Plan auszuführen. Sie hatten zuvor einen Weg ausprobiert, als fliegende Händler durch das Land zu ziehen, Tabak,

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