Kapitän Singleton
führte sie mitten in eine Gruppe von Ortschaften, Tissea Wava genannt, wo sie große Angst ausstanden, weil ihnen dort Entdeckung drohte. Hätten die Leute sie gefunden, dann hätten sie sie zuerst geschlagen und dann zum König gesandt; um dem zu entgehen, verkrochen sie sich in einen hohlen Baum und blieben dort im feuchten Moder sitzen, bis es zu dunkeln begann. Nun machten sie sich auf und wanderten, bis die Schwärze der Nacht sie am Weitergehen hinderte. Hinter sich hörten sie Stimmen, und sie fürchteten schon, es seien Leute, die sie verfolgten; schließlich aber überzeugten sie sich davon, daß es nur ein Geschrei war, das die wilden Tiere von den Kornfeldern fernhalten sollte, und so schlugen sie am Fluß ihre Zelte auf, und nachdem sie gekochten Reis und gebratenes Fleisch zum Abendbrot gegessen und ihren Hunger gestillt hatten, empfahlen sie sich in Gottes Hand und legten sich zum Schlafen nieder.
Um das Schlimmste zu verhindern, erhoben sie sich früh am nächsten Morgen und eilten auf ihrer Wanderung weiter. Obwohl sie sich jetzt in Sicherheit vor den zivilisierten Chiangulays befanden, drohte ihnen doch große Gefahr durch die wilden Eingeborenen, von denen jene Wälder voll waren und deren Zelte sie sahen; aber wegen des Regens hatten sich alle vom Fluß fort in die Wälder begeben, und so bewahrte Gott sie vor der Gefahr, denn wären sie auf die Wilden gestoßen, dann hätten diese sie erschossen.
Auf diese Weise zogen sie mehrere Tage lang vom Morgen bis zum Abend weiter, durch Buschwerk und Dornen, die ihnen die nackten Arme und Schultern blutig rissen. Häufig trafen sie auf Bären, Wildschweine, Rehe und wilde Büffel, die jedoch alle davonliefen, sobald sie sie erblickten. Der Fluß wimmelte von Alligatoren. Am Abend schlugen sie ihre Zelte auf und zündeten vor und hinter ihnen große Feuer an, um die wilden Tiere zu verscheuchen, und obgleich sie Laute der unterschiedlichsten Arten hörten, sahen sie keine Tiere.
Am Donnerstagmittag überquerten sie den Fluß Coronda, der das Land der Malabaren von dem des Königs trennt, und am Freitag gegen neun oder ze hn Uhr morgens gelangten sie zu den Einwohnern, vor denen sie sich ebenso fürchteten wie zuvor vor den Chiangulays, denn obwohl der Wanniounay oder Prinz dieses Volkes den Holländern aus Angst Tribut zahlt, hat er doch bessere Beziehungen zum König von Kandy, und wenn er sie erwischt hätte, dann hätte er sie zu ihrem ehemaligen Herrn zurückgeschickt. Da sie nicht wußten, wohin sie entkommen konnten, setzten sie ihre Wanderung längs des Flusses tagsüber fort, denn nachts war es wegen der Dornen und der wilden Tiere, die zur Tränke an den Fluß hinunterkamen, unmöglich, durch den Wald zu ziehen. Im ganzen Malabarenland begegneten ihnen nur zwei Brahmanen, die sich sehr höflich zu ihnen verhielten, und gegen Bezahlung führte sie der eine in das Gebiet der Holländer, und sie befanden sich nun gänzlich außerhalb der Reichweite des Königs von Kandy, worüber sie sich nicht wenig freuten. Sie hatten jedoch große Mühe, den Weg aus den Wäldern zu finden, dann aber führte ein Malabare sie gegen eine Entlohnung in Form eines Messers zu einer holländischen Ortschaft; dort trafen sie auf Leute, die sie von einem Ort zum nächsten geleiteten, und so erreichten sie schließlich das Fort Aripo, wo sie am Donnerstag, dem 18. Oktober 1679, ankamen und dankbar Gottes wunderbare Fürsorge priesen, der auf diese Weise ihre Befreiung aus einer langen Gefangenschaft von neunzehn Jahren und sechs Monaten bewirkt hatte.
Ich kehre jetzt zu meiner eigenen Geschichte zurück, die sich ihrem Ende nähert, was meine Reisen durch diesen Teil der Welt betrifft.
Wir waren nun auf See und hielten eine Zeitlang Kurs auf Norden, um zu versuchen, einen Markt für unsere Gewürze zu finden, denn wir waren sehr reich an Muskatnüssen, wußten jedoch nicht, was wir mit ihnen anfangen sollten; wir wagten uns nicht an die englische Küste oder, um es richtiger auszudrücken, in die englischen Handelsniederlassungen, um dort Geschäfte abzuschließen. Nicht daß wir uns gefürchtet hätten, gegen ihre zwei Schiffe zu kämpfen, denn wir wußten auch, daß sie von der Regierung keine Kaperbriefe hatten und es ihnen daher nicht zukam, die Offensive zu ergreifen – nicht einmal dann, wenn wir Piraten waren. Hätten wir sie allerdings angegriffen, dann wären sie berechtigt gewesen, sich zusa mmenzuschließen, um Widerstand zu leisten, und einander
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