Kapitän Singleton
hierfür ließ ich gleichfalls eine weiße Flagge auf der Poop unseres großen Schiffs hissen – das verabredete Signal.
Was das dritte Fahrzeug betraf, das mit ihnen gekommen war, so handelte es sich dabei um eine Art landesübliche Barke, deren Besitzer von unserer Absicht, Handel zu treiben, erfahren hatten und gekommen waren, um mit uns Geschäfte abzuschließen. Sie brachten eine große Menge Gold und einige Vorräte mit, worüber wir zu dem Zeitpunkt sehr froh waren.
Kurz, wir trieben auf hoher See Handel mit diesen Leuten und machten tatsächlich ein sehr gutes Geschäft, obgleich wir ihnen billige „Diebespreise“ zugestanden. Wir verkauften hier ungefähr sechzig Tonnen Gewürze, zumeist Nelken und Muskatnüsse, und dazu über zweihundert Ballen europäische Waren, wie Leinen und Wollstoffe. Wir dachten, wir hätten vielleic ht selbst Bedarf an diesen Dingen und behielten deshalb eine beträchtliche Menge englischer Stoffe, wie Tuch, Flanell und dergleichen mehr, für uns selbst. Ich will nicht den knapp bemessenen Raum, der mir hier noch bleibt, dazu verwenden, weitere Einzelhe iten unseres Handels aufzuzählen; es genügt, wenn ich erwähne, daß wir außer einem Posten Tee und zwölf Ballen gewirkter chinesischer Seide im Austausch für unsere Waren nichts als nur Gold annahmen, so daß die Summe, die wir hier in dieser funkelnden Materie erhielten, über fünfzig-tausend reichlich gewogene Unzen betrug.
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Nachdem wir unseren Tauschhandel beendet hatten, ließen wir die Geiseln frei und übergaben den drei Kaufleuten etwa zwölf Zentner Muskatnüsse und ebensoviel Nelken, zusammen mit einem ansehnlichen persönlichen Geschenk von europäischem Leinen und Wollstoffen als Entschädigung für das, was wir ihnen abgenommen hatten, und so schickten wir sie äußerst befriedigt von dannen.
Hier nun berichtete mir William, er habe bei seinem Aufenthalt an Bord des japanischen Schiffs eine Art Mönch oder japanischen Priester kennengelernt, der einige Worte englisch mit ihm gesprochen hatte, und da William ihn sehr neugierig fragte, wie es komme, daß er diese Worte gelernt habe, erzählte er ihm, in seinem Lande lebten dreizehn Engländer. Er nannte sie ganz deutlich artikuliert Engländer, denn er hatte sehr häufig und ungehindert mit ihnen gesprochen. Er sagte, sie allein seien von zweiunddreißig Mann übriggeblieben und hätten an der Nordseite Japans das Land erreicht, nachdem sie in einer Sturmnacht gegen ein großes Felsenriff getrieben und schiffbrüchig geworden waren; die übrigen seien ertrunken. Er habe den König seines Landes dazu bewogen, Boote zu dem Felsen oder der Insel zu schicken, wo das Schiff gescheitert war, um die überlebenden Leute zu retten und an Land zu bringen, und so sei es geschehen. Die Einheimischen behandelten sie sehr freundlich, bauten ihnen Häuser und gaben ihnen Land, damit sie Ackerbau trieben, um sich mit Nahrung zu versorgen; dort lebten sie unter sich.
Er sagte, er sei häufig bei ihnen gewesen, um sie zu bekeh-ren, seinen Gott anzubeten (einen von ihnen selbst hergestell-ten Götzen, nehme ich an), dies lehnten sie jedoch undankbar-erweise ab, so sagte er; deshalb habe der König ein- oder zweimal befohlen, sie alle zu töten; er habe ihn jedoch überredet, sie zu verschonen und auf ihre Weise leben zu lassen, solange sie sich ruhig und friedlich verhielten und nicht herumgingen, um andere vom Landeskult abzubringen.
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Ich fragte William, warum er sich nicht erkundigt habe, woher sie gekommen seien. „Das habe ich getan“, antwortete William, „denn es mußte mir ja seltsam vorkommen, ihn von Engländern an der Nordseite Japans sprechen zu hören“, sagte er. „Nun“, erwiderte ich, „welche Erklärung hat er Euch dafür gegeben?“ – „Eine Erklärung“, sagte William, „die dich überraschen wird und auch nach dir alle Menschen auf der Welt, die davon hören, und eine, die mich wünschen läßt, daß du nach Japan fährst und sie ausfindig machst.“ – „Was meint Ihr?“ fragte ich, „woher können sie denn gekommen sein?“ –
„Nun“, sagte William, „er zog ein kleines Buch aus der Tasche, und darin lag ein Stück Papier, auf dem von der Hand eines Engländers und in deutlichem Englisch folgendes geschrieben stand – und ich habe es selbst gelesen“, fügte William hinzu:
„Wir sind von Grönland und vom Nordpol gekommen.“ Dies erstaunte uns freilich alle sehr und am meisten die Seeleute unter uns, die etwas über die
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