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Kapital: Roman (German Edition)

Kapital: Roman (German Edition)

Titel: Kapital: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Lanchaster
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ich nicht. Ich mag Actionfilme. Das ist nicht dasselbe.«
    »Aber wenn du wirklich wüsstest, wie Gewalt aussieht …«
    Also daher wehte der Wind. Davina machte hier und da geheimnisvolle Andeutungen, dass sie in der Vergangenheit einmal das Opfer von Gewalt geworden war, etwas, das (vielleicht) mit ihrer Kindheit zu tun hatte, oder (vielleicht) mit einem früheren Freund, oder beides. Dabei äußerte sie sich jedoch nie klar und deutlich. Sie ließ ein paar Andeutungen fallen und wehrte dann Zbigniews Versuche ab, dem Ganzen nachzugehen und Näheres herauszufinden. Trotzdem wollte sie ganz offensichtlich, dass er sich die Mühe machte, nachzufragen. Also fragte er – während er sich darüber wunderte, wie sie es mal wieder geschafft hatte, ihn so weit zu manipulieren, dass er eine Frage stellte, deren Antwort ihn nicht interessierte und die er auch nicht mal unbedingt glauben würde:
    »Was willst du damit sagen?«
    Das war der Moment, in dem sie wieder in ihre »Schwarze-Hund«-Stimmung verfiel. Und es war nicht besonders schwer zu erraten, was dann passierte: Das Ende vom Lied war, dass sie wieder miteinander schliefen. Er hatte sie nach Hause gebracht, sie war in Tränen ausgebrochen, hatte ihn gebeten, mit reinzukommen, und nur dreißig Sekunden später waren sie, wie sich ein irischer Elektriker in Zbigniews Gegenwart einmal ausgedrückt hatte, damit beschäftigt, »sich wegzuknallen wie schießwütige Bullen«. Der Sex war natürlich wunderbar. Er war monumental. Besser konnte er gar nicht sein. Sex war nicht das Problem. Oder genauer gesagt, Sex war genau das Problem, denn er war einfach zu gut.
    Zbigniew stieg so vorsichtig wie möglich aus dem Bett. Im Idealfall schaffte er es, Davinas Wohnung zu verlassen, ohne dass sie aufwachte. Er würde ihr einfach nur einen Zettel hinterlassen, auf den er schreiben würde, wie sehr … auf den er irgendetwas schreiben würde. Er lief, nur mit Unterhose bekleidet, ins Bad, woer sich Wasser ins Gesicht spritzte und seine Zähne mit der Zahnbürste putzte, die sie extra für ihn gekauft hatte. Dann pinkelte er und zog ab. Das war zwar riskant, weil es ziemlich viel Krach machte, aber für alles andere war er einfach zu pingelig.
    Als er zurück ins Schlafzimmer kam, konnte er sich selbst einen Moment lang nicht ausstehen. Das Zimmer war in einem leuchtenden Rosa gehalten – einem sehr geschmackvollen Rosa, wie Zbigniew zugeben musste –, und in der Mitte stand ein großes Ikea-Bett. Davina besaß eine Teddybärsammlung, die sie gestern Abend in ihrem Bestreben, so schnell wie möglich Sex zu haben, einfach auf die Erde geschmissen hatten. Die Bären lagen dort verstreut in einer Vielzahl verschiedenster Positionen, mit in die Luft gestreckten Beinen, kopfüber oder auf einem Haufen übereinandergetürmt. Weil ihm gleichzeitig die Erinnerung an das, was er und Davina gestern Abend getan hatten, durch den Kopf ging, wirkte die Selbstvergessenheit, mit der die Stofftiere dort lagen, einen seltsamen Moment lang regelrecht pornografisch. Die Bären sahen aus, als habe man sie vergessen und würde sie nicht mehr lieben, aber auch, als seien sie gerade munter dabei, eine wilde Bärenorgie zu veranstalten. Das Ganze wirkte einfach falsch.
    Seine Kleider, die er ebenfalls mit großer Hast ausgezogen hatte, lagen auf einem schweren, prunkvollen Sessel, der dem Bett gegenüberstand und ganz und gar nicht nach Ikea aussah. Zbigniew zog T-Shirt und Sweatshirt an, aber seine Jeans war mit einem Bein unter dem Sessel eingeklemmt. Er hob den Sessel mit einer Hand an und zog die Jeans mit der anderen darunter hervor. In diesem Moment hörte er hinter sich:
    »Ahhh. Muskeln.«
    Er verzog schmerzlich das Gesicht, drehte sich um und lächelte.
    »Ich wollte dich nicht aufwecken.«
    »Ich mag es, von dir aufgeweckt zu werden«, sagte sie, und ihre Stimme klang dabei so schläfrig und erotisch, dass ein unwillkürliches Zucken seinen Schwanz durchfuhr.
    »Es war schön letzte Nacht«, sagte Zbigniew. Sie sagte nichts,sondern gab nur ein schläfriges Murmeln von sich. Das war Davinas beste Seite. In solchen Momenten bewies sie, dass sie trotz allem in der Lage war, den richtigen Ton zu treffen. Sie hatte den Kopf noch immer nicht gehoben, und ihr leuchtendes blondes Haar lag über dem Kissen ausgebreitet. Dabei sah sie aus, als sei sie nur halbwach und sofort zu weiteren Schandtaten bereit.
    »Du bist unwiderstehlich«, sagte Zbigniew und sprach damit leichthin eine sehr komplizierte

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