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Kapital: Roman (German Edition)

Kapital: Roman (German Edition)

Titel: Kapital: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Lanchaster
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Seite des Parks gehen würden, um die Enten zu füttern, falls sich das Wetter bessern sollte. Auf dem Weg dorthin würden sie sich dann über Superkräfte unterhalten, das war der Plan, denn Joshua hatte sich von der Begeisterung seines älteren Bruders anstecken lassen. Sie würden diskutieren, welche ihre Lieblingssuperkraft war, welche sie haben wollten, wenn sie nur eine wählen könnten, welche sie haben wollten, wenn sie eine neue erfinden könnten, und welcher Superheld der beste war. Joshuas momentaner Favorit war Batman, weil er dessen Höhle so toll fand.
    »Also gut«, sagte Matya. Sie nahm seine Hand und schob ihn in Richtung Toilette. Joshua zog es vor, allein aufs Klo zu gehen, wollte aber nicht, dass man die Tür zu machte – dann fühlte er sich nämlich einsam. Er setzte auch gerne eine Unterhaltung fort, während er sich auf dem Klo befand, denn er mochte das Gefühl, Gesellschaft zu haben.
    »Es ist flüssig«, sagte Joshua.
    »Mein armer Schatz, hast du Durchfall?«, fragte Matya.
    »Nein, nicht soooooo flüssig. Es ist Kacksoße«, sagte Joshua. Er hatte ein paar Mal dabei zugehört, wie seine Toilettengewohnheiten etwas zu freimütig diskutiert worden waren. Und da sie für ihn von großem und berechtigtem Interesse waren, war er steif und fest davon überzeugt, dass alles, was ihm auf dem Klo passierte, bis ins kleinste Detail besprochen werden konnte undsollte, egal, mit wem. Kacksoße war ein Begriff, den er selbst erfunden hatte und der in der Pepys Road 52 gerne benutzt wurde, wenn man eine Bezeichnung für Stuhlgang brauchte, der weder flüssig noch fest war.
    »Na, das ist ja nur halb so schlimm«, sagte Matya. »Soll ich dir den Popo abwischen?«
    »Noch nicht!«, rief Joshua. »Hmm. Ich frage mich …«
    Das war ein neuer Ausdruck, den er wer weiß wo aufgeschnappt hatte, und der Matyas Herz jedes Mal ein klein wenig höher schlagen ließ, wenn er ihn gebrauchte. Er fuhr fort:
    »Matty, kennst du die Enten?« »Ja?«
    »Was ist, wenn es gar keine Enten mehr gibt? Wenn sie alle weggegangen sind?«
    »Tja, dann können wir sie nicht mehr besuchen.«
    »Ja, aber was ist, wenn sie nie wieder zurückkommen?«
    »Sie kommen immer zurück. Sie wohnen doch da.«
    Aber Joshua fand, dass sich Matya absichtlich begriffsstutzig gab, und wurde ein wenig ärgerlich.
    »Ja, aber irgendwann.«
    »Ich glaube nicht, dass das je passieren könnte, Joshua. Ich glaube nicht, dass die Enten je für immer weggehen würden.«
    Das beruhigte ihn wieder. Es leuchtete ihm ein, dass die Enten nicht für immer weggehen würden, wenn sie noch niemals zuvor für immer weggegangen waren. »Kannst du mir bitte den Popo abputzen?«, fragte Joshua. Es wäre gelogen, wenn man behauptete, dass dieser Teil von Matyas Job zu ihren Lieblingsbeschäftigungen gehörte. Aber sie tat ihre Pflicht. Joshua krabbelte vom Toilettensitz herunter und kletterte dann auf das Bänkchen vor dem Waschbecken, um sich die Hände zu waschen. Er wusch sich gerne die Hände, aber man musste ihn dabei immer beaufsichtigen, sonst hätte er den gesamten Inhalt des Seifenspenders dafür benutzt, Blasen zu machen.
    »Alles sauber«, sagte er und hielt seine Hände in die Luft, damit sie es nachprüfen konnte.
    »Alles sauber«, stimmte Matya ihm zu. »Sollen wir hochgehen und mal nach Mami schauen?«
    »Hmmm. Ich frage mich. Na gut!«, sagte Joshua. Er streckte seine Hand aus, damit Matya ihm helfen konnte, von dem Bänkchen wieder herunterzuklettern, und ließ sie auch auf dem Weg nach oben nicht los.
    »Und dann können wir gehen und die Enten füttern«, sagte sie.
    »Danach.«
    »Ja, danach.«
    Sie klopften an die Schlafzimmertür der Younts und wurden von einer schwachen, aber tapfer klingenden Stimme hereingerufen: »Kommt rein, ihr Süßen.« Matya öffnete die Tür. Arabella lag im Bett, an einen Thron aus Kissen gelehnt, und schaute sich einen Schwarzweißfilm an. Den Ton hatte sie ausgeschaltet, aber das Bild flackerte weiter vor sich hin.
    »Hallo, Mami«, sagte Joshua. »Geht’s dir schon besser?«
    »Ja, mein Schatz, ein kleines bisschen schon, glaube ich«, sagte Arabella. Sie war am gestrigen Abend bis spät in die Nacht mit ihrer Freundin Saskia aus gewesen. Der Abend hatte damit geendet, dass sie um zwei Uhr morgens in Saskias Club saßen und etwas tranken, das der Mann, mit dem sie sich zu diesem Zeitpunkt unterhielten, einen »post-ironischen« Brandy Alexander nannte. Der Alkohol hatte, zusammen mit dem Schlafentzug, dazu

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