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Kapital: Roman (German Edition)

Kapital: Roman (German Edition)

Titel: Kapital: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Lanchaster
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eingeloggt.«
    »Ich hab mich unten ins Café gesetzt«, sagte Usman. »Die kriegen dein WLAN fast in voller Stärke. Ich habe dein Passwort geknackt.«
    Shahids Passwort war Shakira 123.
    »Das glaube ich dir nicht«, antwortete er.
    »Weißt du noch, als sie bei dir den Breitbandanschluss installiert haben? In dem Sommer hast du die ganze Zeit dieses Lied von Shakira gesungen oder gesummt. Das, wo es heißt ›I’m on tonight‹ und ›hips don’t lie‹. Fast sechs Wochen lang hast du über nichts anderes geredet. Ich war damals in einer … in einer ziemlich frommen Phase, und du wolltest mich damit provozieren. Als ichalso das erste Mal versucht habe, dein Passwort zu knacken, war ich mir sicher, es wäre Shakira. Aber das hat nicht funktioniert. Dann habe ich ein bisschen nachgedacht, und dann ist mir wieder die Zeit eingefallen, als wir noch klein waren. Weißt du noch, als du so ungefähr zehn warst, und ich war fünf ? Du hattest so einen kleinen elektronischen Safe. Papa hat ihn dir geschenkt, kurz bevor er gestorben ist. Ich glaube, es war ein Geburtstagsgeschenk. Damals haben wir beide ziemlich viel Zeit miteinander verbracht, du hast dich viel um mich gekümmert, und wir standen uns sehr nah. Und du hast mir erzählt, dass dein Passwort für den Safe Usman 123 war, und das ist mir wieder eingefallen, und dann habe ich es zusammen mit Shakira probiert. Shakira 123.«
    Es war lange still im Raum.
    »Du Arsch«, sagte Shahid schließlich noch einmal. Usman lächelte und stand auf. Er holte seine Brieftasche hervor, nahm eine Karte heraus und gab sie Shahid. Es stand eine Handynummer darauf.
    »Was jetzt, ich rufe diese Nummer an und komme postwendend wieder ins Gefängnis, diesmal wegen Drogenhandels?«
    »Weißt du noch, die Frau, die du in der U-Bahn kennengelernt hast? Du mochtest sie und hast dir ihre Nummer geben lassen. Dann hast du die Nummer verloren und eine Anzeige unter ›Verlorene Bekanntschaften‹ aufgegeben. Aber sie hat sie nie gesehen, und danach hast du nichts mehr von ihr gehört.«
    »Woher willst du wissen, dass sie die Anzeige nie gesehen hat?«
    Usman zuckte mit den Schultern. »Sie hat es mir erzählt. Das da ist ihre Handynummer.« Er ging zur Tür. »Und falls du dich fragst, ob es leicht war, die Nummer aufzutreiben, nein, das war es nicht.«
    »Du Arsch«, sagte Shahid zu seinem Bruder, der ihm bereits den Rücken zugekehrt hatte. Aber diesmal sagte er es mit weit weniger Überzeugung.

103
    In den Tagen, die auf sein Gespräch mit Shahid Kamal im Paddington-Green-Gefängnis folgten, war Kriminalinspektor Mill zu einer Schlussfolgerung bezüglich seiner Untersuchungen zu der Belästigungskampagne in der Pepys Road gelangt. Er hatte die Sache mit dem Beamten durchgesprochen, der schon früher zusammen mit ihm an dem Fall gearbeitet hatte, und sie waren sich einig: W IR W OLLEN W AS I HR H ABT bestand aus zwei verschiedenen Ereignisabfolgen, für die zwei verschiedene Personen oder Personengruppen verantwortlich waren. Während der ersten paar Monate gingen die Postkarten, DVDs und die Webseite auf das Konto einer Person oder Personengruppe, die zwar persönlich mit der Straße in irgendeiner Verbindung stand, aber keinem der dort wohnenden Menschen besondere Feindseligkeit entgegenbrachte. Die Vorgehensweise hatte fast etwas Abstraktes gehabt: Es gab keinerlei Personen in den Bildern, niemand wurde beleidigt, und es erfolgte auch keinerlei Sachbeschädigung. Diese Person, wer auch immer sie war, stand irgendwie mit Shahid Kamal in Verbindung; zumindest hatte er oder sie sich in seinen Internetzugang gehackt; höchstwahrscheinlich war es jemand, den er persönlich kannte. Und dann verschwand die ganze Sache für eine Weile in der Versenkung. Als sie wieder auftauchte, steckte jemand ganz anderes dahinter, eine Person, die keine Verbindung zu Mr Kamal hatte – oder falls doch, nun aus irgendeinem Grund bestrebt war, diese Verbindung zu kaschieren. Dieser Jemand war viel wütender auf die Anwohner der Pepys Road und hatte auch eine wesentlich düsterere Fantasie. Er fing mit Graffiti und Beleidigungen an und ging dann zu Vandalismus, Sachbeschädigung und dem Verschicken toter Tiere über. Diese Person oder Personengruppe schien es darauf angelegt zu haben, die Kampagneeskalieren zu lassen. Die erste Person hatte eigentlich nicht gegen das Gesetz verstoßen, und man hätte ihm oder ihr allenfalls eine Strafe wegen antisozialen Verhaltens aufbrummen können, sie versprechen

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