Kapitalismus Forever
egal ob Spanien oder USA. Die Banken haben sich verzockt, aber das Resultat der Zockerei ist, dass die Häuser ja nun gebaut sind und dastehen. Und wenn die Preise weit genug gefallen sind, wird auch wieder jemand darin wohnen. Das könnte er nicht, wenn es die Häuser gar nicht gäbe. Es ist schön, dass es jetzt so viel Wohnraum gibt, es war gut, dass so viele Bauarbeiter ein Auskommen hatten. Und wenn dabei die Buchhaltung etwas durcheinander gekommen ist – das kann man alles richten. Klar machen die derzeitigen Immobilienbesitzer mit Zelt und Wohnwagen Bekanntschaft. Aber des einen Pech ist des anderen Glück. Bevor die Häuser verrotten können, werden die Banken sie verramschen, und notfalls zu Preisen, die weit unter den Gestehungskosten liegen. Wer dann zugreifen kann, macht ein Schnäppchen. Jeder freut sich, wenn er Konkursware billig kriegt.
Gibt es was Blöderes als diese »Schuldenbremse«? Was für ein Idiotenwort. Ist es nicht besser, wenn es schöne Häuser gibt und die Bank oder sonst wer pleite ist? Wäre es umgekehrt besser? Ist ein schuldenfreies Leben in bitterer Armut besser als ein gutes Leben auf Kredit?
Doch, es gibt was Blöderes als die Schuldenbremse, nämlich die Begründung für sie. Man sucht sich dafür die Kleinen aus, die nichts verstehen und nicht wiedersprechen können, nämlich die Kinder. Die seien es doch, die die von uns angehäuften Schuldenberge einmal abtragen werden müssen.
Irrsinn. Was kann den Kindern besseres passieren, als in einem Land aufzuwachsen, das sich, und sei es auf Kredit, gutes Essen, gute medizinische Versorgung und gute Schulen für die Kleinen gönnt?
Und die Schuldenlast in fünfzig Jahren: Bis dahin sind wir alle verschmort oder ersoffen, je nachdem, welcher Fraktion der Klimawandler man glauben will. Ulkig, wie man uns einerseits dauernd das baldige Ende prophezeit, und uns andererseits anspornt, möglich schuldenfrei ins Jenseits zu gehen.
Wir wissen nicht mal, was morgen passiert. Aber uns wird suggeriert, in fünfzig Jahren werde die Welt immer noch dieselbe sein wie heute. Der Euro soll auf der Kippe gestanden haben. Geht morgen der Dollar kaputt, sind nicht nur die USA, sondern ist die ganze Welt mit einem Schlag schuldenfrei, weil die meisten Schulden auf Dollarbasis laufen.
Reemtsma hat mir mal einen guten Witz erzählt: Ein bitter armes altes Ehepaar, hungrig und frierend mitten im Winter. Der Mann geht fort und kommt beladen mit Schinken, Wurst und den feinsten Sachen zurück. Woher? Vom König. Wofür? Der Mann erklärt: Er habe mit dem König einen Vertrag geschlossen. Binnen fünf Jahren müsse er seinem Pudel das Sprechen beibringen. Aber wenn er das nicht schaffe werde er geköpft. Die Frau bricht in Tränen aus. Der Mann tröstet sie: »Fünf Jahre – kann sein, ich sterbe vorher. Kann sein, der Hund stirbt. Kann sein, der König stirbt.« Das ist die richtige Einstellung zu Zukunftsfragen.
Typische Reaktion auf propagierte Sorglosigkeit: »Aber wenn die ganze Welt plötzlich schuldenfrei wird, sind deine Spargroschen auch futsch.«
Ärgerlich. Es wird mich gewaltig wurmen. Na und? Wenn ich Geld zur Bank bringen kann, habe ich Geld übrig, das ich es nicht zum Leben brauche. Lebe ich schlechter, wenn es nicht mehr auf dem Sparbuch ist?
Solange nicht, wie die regelmäßigen Bezüge, Einkommen oder Rente, weiterlaufen. Machen wir es doch so: Die Sparguthaben werden einkassiert, und als Kompensation wird das bedingungslose Grundeinkommen eingeführt.
Marxologie
Marx hat durch eigene Aktienspekulationen viel Geld verloren, zum Glück nur das von Engels. Der hatte ja genug davon, Marx selbst hatte keins.
Als Materialist hätte er es besser wissen müssen: Zwischen Theorie und Empirie liegen Welten. Selbstverständlich wusste er das. Im Gespräch mit Engels soll er über seine eigenen Theorien gewitzelt haben: »Und wenn es dann doch ganz anders kommt, lösen wir diesen Widerspruch eben auch noch dialektisch auf.« Trotzdem hat es ihn gereizt, bei der Zockerei mit zu machen, der Kapitalismus ist einfach unwiderstehlich.
Was bei Marx eine amüsante private Schrulle gewesen war, wächst sich bei den Marxologen aus zu einer Spielart von Scientology. Der grundlegende Unterschied: Marx wollte nur nebenbei ein kleines Vermögen machen. Den Marxologen geht es um den Status von Priestern einer Weltuntergangssekte mit Marx als Propheten.
Wie der Scientology-Gründer Lafayette Ronald Hubbard schon erkannte, hat der moderne
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