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Kaputt in El Paso

Kaputt in El Paso

Titel: Kaputt in El Paso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rick DeMarinis , Frank Nowatzki , Angelika Müller
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fragte Jillian Renseller und nahm erst jetzt Notiz von mir.
    »Ich bin Strobe, das lebende Requisit. Ich habe mitgeholfen, ihn zu Tode zu erschrecken.«
    Sie musterte mich recht lange und wandte sich dann zu Mona. »Okay, er ist also tot. Aber hier kann er nicht bleiben. Ich muss ihn irgendwie nach Hause kriegen.«
    »Du wirst uns helfen müssen, Strobe«, meinte Mona daraufhin.
    »Sicher«, erwiderte ich. »Ich steh drauf, grundlos eingelocht zu werden. Das ist nämlich mein Hobby. Wie hast du doch so schön gesagt, Mona? Jeder sollte ein Hobby haben.«
    »Er ist eines natürlichen Todes gestorben.« Mona ging es jetzt sanfter an und kam näher. Sie berührte meinen Arm. »Wo ist das Problem, wenn wir ihn nach Hause bringen?«
    »Eines natürlichen Todes?«, sagte ich. »Seine Beine sind voller blauer Flecke und seine Arschbacken voller Striemen. Seine Lippen haben geblutet und er hat ein Veilchen. In seiner Stirnhöhle plätschert wahrscheinlich noch etwas von deinem göttlichen Wasser. Ich glaube kaum, dass der Leichenbeschauer Clives Tod als natürlich bezeichnen wird.«
    Jillian Renseller schlug die Hände vors Gesicht und geriet ins Taumeln. Jerry Farnsworth fing sie auf und setzte sie auf einen Stuhl.
    »Oh mein Gott«, stammelte sie. »Alles, wofür wir gearbeitet haben, ist zerstört!« Sie fing an zu schluchzen, in kleinen hysterischen Hicksern. Mona brachte ihr ein Päckchen Taschentücher. Jillian putzte sich kräftig die Nase. Diese Fanfarenklänge wollten so gar nicht zu ihrer kleinen, zarten Erscheinung passen.
    Sie bekam sich wieder in den Griff und sah sich in der Küche um, als begreife sie erst jetzt, wo sie sich befand. Jerry brachte ihr ein Glas Wasser. Voller Dankbarkeit für sein aufmerksames Verhalten blickte Jillian zu ihm hoch. »Oh, entschuldige, Jerry«, sagte sie, »aber das ist ein so wunderbares Kleid. Woher hast du es? Ich will auch so eins.«
    »Das hab ich vor zehn Jahren in San Francisco gekauft«, sagte er.
    »Frag bloß nicht, wie viel er dafür bezahlt hat«, meinte Mona und verdrehte ein wenig die Augen. Wäre sie angesichts der Situation nicht so makaber gewesen, hätte diese an sich normale Reaktion etwas Ergreifendes gehabt. Ich wollte gerade was dazu sagen, als der kleine Harry in die Küche kam.
    »Ich habe immer noch Hunger, Da«, sagte er. Er trug einen Bunny-Pyjama und war bereits bettfertig. Da, die irische Variante von Dad, hörte sich irgendwie niedlich an. Diese Familie hatte Stil.
    »Hey, Leute, ich werd für die Großen jetzt Pizza bestellen«, warf Jerry ein. »Dann setzen wir uns alle hin, essen einen Happen und werden ganz entspannt überlegen, was als Nächstes zu tun ist. Haben wir erst mal was Anständiges im Magen, können wir ganz anders an die Sache rangehen, getreu meinem Motto: Mit leerem Magen entscheiden heißt schlecht entscheiden.« Er hatte inzwischen seine Perücke abgesetzt. Sein roter Iro klebte flach an seinem Kopf wie ein Stück Fell.
    »Du warst nun mal beteiligt«, sagte Mona zu mir und verkörperte wieder June Cleavers dunkle Seite. Hinter den Brillengläsern hatte das Grün ihrer Augen eine Tendenz hin zum Grau. Zum unverwüstlichen Grau von Tresoren. Mit einem Mal wurde mir klar, dass sie ihre Arbeit genoss. Ich lächelte – über mich. Ich Idiot! Schließlich war ich kein grüner Junge mehr und trotzdem hatte ich mich von etwas überrumpeln lassen, was selbst für eine Nonne zu durchschauen gewesen wäre. Es machte Mona Farnsworth einen Höllenspaß, Männer windelweich zu schlagen. Dass sie dafür auch noch dick bezahlt wurde, versüßte das Ganze obendrein. Man lernt nie aus. Auch so eine hohle Phrase, die mitunter ins Gewicht fällt.
    »Wenn Clives Tod irgendwelche Fragen aufwirft, hängst du mit drin«, sagte Mona und packte entschlossen meinen Arm. Ich ließ den Muskel entspannt. »Bedenke deine Situation, Uri. Du solltest keine Sekunde zögern, uns dabei zu helfen, den Mist in Ordnung zu bringen.«
    Ihre Fingernägel gruben sich in meinen Bizeps. Ich saß, sie stand. Sie beugte sich zu mir hinunter, ihr Gesicht ganz dicht an meinem, ihren Mund leicht geöffnet. Jetzt will sie mich auch noch beißen, dachte ich.

Sechs
    Maskiert oder nicht, auf keinen Fall wollte ich mein Bild in der Zeitung sehen. Und ich wollte nicht mit Clive Rensellers ›natürlichem‹ Tod in Verbindung gebracht werden. Mona und Jillian versicherten mir, dass es kein Nachspiel gebe, wenn ich ihnen helfen würde, Clive nach Hause zu schaffen. Jillian hatte vor,

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