Kaputt in El Paso
den Farnsworths bleiben. Das sind gute, zuverlässige Menschen. Das Salz der Erde.«
Sie war dabei, einen Scheck für mich auszustellen, blätterte dann in den Kontoauszügen und klappte das Scheckbuch zu. »Mist, das Konto ist überzogen. Ich werde Ihnen Bargeld geben.« Sie wühlte in ihrer Tasche und dabei kam alles Mögliche zum Vorschein, nur kein Geld. »So ein Mist, ich habe kein Bargeld mehr. Ich werde Ihnen die fünfhundert Dollar schicken müssen. Es macht Ihnen doch nichts aus, ein paar Tage zu warten, oder?«
Ich zuckte die Achseln. »Ich habe wohl keine andere Wahl.« Ich gab ihr meine Adresse und sagte: »Ihr Gott hat einen Hang zur Ironie.«
Sie sah mich wieder an, mit diesem langen, forschenden Blick, und kam zu dem Schluss, dass Lachen okay sei. Ich musste ebenfalls lachen, dachte aber an ihre Bemerkung, die sie überflüssigerweise noch betont hatte: Clive liegt drüben in seinem Bett und nimmt mich überhaupt nicht wahr. War das etwa eine Botschaft für mich? Brauchte sie jemanden? Ich sah ihr in die Augen und suchte nach Hinweisen, aber die Stahlgitter dahinter waren schon heruntergelassen.
Wir verließen das Haus durch die Hintertür. »Ich wollte Ihnen noch etwas zeigen«, sagte sie und betätigte einen Schalter an der Wand. Hinter einem Labyrinth aus Hecken wurde ein Swimming-Pool von der Größe eines kleinen Sees in Licht getaucht. Er hatte eine ungewöhnliche Form und fasste mehr Wasser als zwei olympiataugliche Schwimmbecken. Rund um den Pool waren Bärengras und Christophskraut gepflanzt und gaben dem Ganzen das Flair eines Bergsees. Fische, auf der Jagd nach Insekten fürs Abendessen, sprangen in die Luft und brachten Bewegung in die Wasseroberfläche. Ein Märchensee.
»Sein Forellenbecken«, sagte sie. »Er ließ den Pool für eine Fischaufzucht umbauen. Ich glaube, das war das Einzige, was er wirklich geliebt hat. Jeden Morgen konnte er hier zum Fliegenfischen herausgehen. Seine geliebten Cutthroat-Forellen. Hier hatte er das Gefühl, wieder im Nordwesten zu sein, dort, wo das Leben einfacher war.« Wir starrten auf die klare Wasseroberfläche, als bekämen wir so Einblick in die verletzliche Seele des Regenmachers.
»Ich werde diese Brühe abfließen und die Fische entfernen lassen«, sagte sie.
Sieben
Am nächsten Tag brachte die Tageszeitung die Todesmeldung auf der ersten Seite:
Führendes Mitglied der Gesellschaft mit 51 verstorben
Es waren zwei Spalten Lobpreisung für Clive Renseller, für den Mann, der maßgeblichen Anteil am jüngsten wirtschaftlichen Wachstumsschub der Stadt hatte. Man lobte seine Tugenden als Geschäftsmann und als Bürger, zählte die Wohltätigkeitsveranstaltungen auf, die er mitgetragen hatte, erwähnte sein Engagement im Schulausschuss und seine enge Verbundenheit mit der Kirche. Mitten im Text der beiden Spalten sah man ein Foto, das schmeichelhafte Porträt eines jüngeren Rensellers mit dunklen Haaren und einer festen Kinnpartie. Er sah eigenwillig aus und entschlossen, ein Mann, auf den man zählen konnte, wäre da nicht dieses kaum wahrnehmbare schiefe Lächeln gewesen, das seine Mundwinkel nach unten zog und so den Eindruck etwas relativierte. Vielleicht interpretierte ich, der ich eine weniger heroische Seite dieses Mannes kennen gelernt hatte, auch zu viel hinein. Das Bild in meinem Kopf zeigte einen wesentlich älteren Mann – den Regenmacher –, der auf dem kalten Boden eines Kerkers auf dem Rücken lag, hilflos, aber auch außer sich, während Mona Farnsworth über ihm hockte.
Es gab zudem eine Erklärung des Hausarztes der Rensellers, dass Clive eines natürlichen Todes gestorben sei. Kein Wort über seine sexuellen Ausschweifungen, kein Wort über eine Autopsie oder Mona Farnsworth, nichts über polizeiliche Ermittlungen.
Ein Sprecher der Cibola Savings and Loan versicherte Kunden und Aktionären gleichermaßen, dass das Unternehmen gut aufgestellt sei und dass die Türen für einen Tag der Trauer zwar geschlossen blieben, danach das Tagesgeschäft aber wie gewohnt wieder aufgenommen werde. »Wir haben eine starke, dauerhafte Bindung zu unseren Aktionären und zur Stadt«, erklärte der Sprecher weiter, »und unsere Aktiva wachsen mit einer Geschwindigkeit, die die unserer unmittelbaren Wettbewerber in den Schatten stellt. Die Zukunft, die sich momentan durch den Verlust unseres Direktors Clive Renseller etwas verdunkelt hat, wird bald, und das versichere ich Ihnen, sehr, sehr hell leuchten.«
Der Gouverneur drückte nicht nur
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