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Karambolage

Karambolage

Titel: Karambolage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Bauer
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seiner Wichtigkeit überzeugt: »Habe die Ehre. Einen großen Schwarzen. Und einen Weinbrand.«

    Noch ehe der Kaffee zur Gänze in die Schale geronnen war, erinnerte sich Leopold an den Kerl. Ein unsympathischer Bursche, der sicher etwas auf dem Kerbholz hatte. »Haben wir den auf unserer Liste?«, fragte er leise und dezent zu Frau Heller hinüber.
    »Um Gottes willen, nein! Ich weiß ja nicht einmal, wie er heißt«, kam es von Frau Heller. »Wissen Sie’s?«
    »Nein, aber das werden wir gleich haben«, sagte Leopold und wandte sich dann mit seiner schönsten Unschuldsmiene an den Unbekannten: »Wie heißen Sie denn?«

    »Muss man jetzt schon seinen Namen nennen, wenn man etwas in einem Kaffeehaus bestellt?«, reagierte dieser unwirsch.
    »Normalerweise nicht.« Leopold versuchte es jetzt mit einem Lächeln. »Aber Sie wissen ja, was gestern hier bei uns vorgefallen ist. Ein Toter, und keiner kennt sich aus. Die Polizei sucht Zeugen. Da können Sie ihr und uns sehr behilflich sein.«
    »Polizei? I bewahre. Die sollen schon selbst zu mir kommen, wenn sie etwas wollen, einem Ober brauche ich keine Fragen zu beantworten.« Bedächtig nahm der unsympathische Gast einen Schluck von dem heißen Kaffee, dann schüttete er den Weinbrand hinein und rührte um. Er überlegte kurz. »Es ist wegen Sykora, nicht?«, sagte er dann.
    »Wegen Sykora?« Leopold zog neugierig seine Augenbrauen in die Höhe.
    »Ja natürlich! Glauben Sie, ich bin ein Trottel? Der wurde doch gestern abgeführt, nicht?«
    »Allerdings.«
    »Soll den Fellner vors Auto gestoßen haben. Also, zutrauen würde ich’s ihm. Aber er war’s nicht.«
    »Er war’s nicht?«
    »Ausgeschlossen. Man braucht ja nur zwei und zwei zusammenzuzählen.« Freund Mundgeruch rührte weiter in seinem Kaffee um. »Kurz nachdem alles passiert war, habe ich Sykora vorne beim Bahnhof gesehen. Er hat sich lautstark darüber aufgeregt, dass er nichts mehr zu trinken bekommt, nicht einmal mehr bei der Würstelbude. Er hat nicht wie jemand gewirkt, der gerade ein Verbrechen begangen hat, sondern eher wie einer, der aufgrund akuten Alkoholmangels bald eines begehen wird.«
    »Aber er ist zurückgekommen und hat sich dadurch verdächtig gemacht.«
    Der Unbekannte machte eine wegwerfende Handbewegung und zog lautstark den Rotz durch die Nase nach oben. Leopold erschauerte. »Verdächtig gemacht, verdächtig gemacht«, kam es mit einem Husten aus dem Mund des Gastes, der sich dabei eine Zigarette anzündete. »Wenn ich das schon höre. Blödsinn. Wenn Sie mich fragen, war er zur Zeit des Mordes bei der Würstelbude. Allerdings haben ihn später Leute aus Fellners Runde animiert, den Ort des Verbrechens aufzusuchen, das habe ich mit eigenen Augen gesehen. In seinem Suff hat Sykora das auch getan – zu seinem Unglück. Aber den wahren Täter muss man ganz woanders suchen.«
    Er zog hastig an seiner Zigarette und begann, den Schleim in seinem Hals mit ein paar gurgelähnlichen Geräuschen zu bearbeiten. Am liebsten hätte Leopold den unbekannten Herrn, von dem er fürchtete, er könne jetzt jeden Augenblick auf den Kaffeehausboden spucken, des Lokals verwiesen. Dazu aber war er im Moment viel zu neugierig, und so kam aus seinem Mund nur ein zärtliches: »Ja? Wo denn?«
    Der Herr trank den Kaffee in einem Zug aus. »Ich habe heute Nacht verdammt schlecht geschlafen. Geben Sie mir noch etwas von dem Zeug«, sagte er. Dann dieselbe Prozedur: ein Schluck vom heißen Kaffee, Weinbrand hinein, umrühren. Erst jetzt war er wieder verhandlungsbereit. »Wo?«, wiederholte er die Frage. »Im Billardklub Alt-Floridsdorf natürlich, wo sonst. Nach außen hin alles gute Freunde, aber in Wahrheit … Na, lassen wir das, ich habs ja gestern schon diesem netten Lehrer zu erklären versucht. Wo ist er übrigens? Ich war der Meinung, er kommt öfters her.«
    »Hat sich heute noch nicht anschauen lassen«, bemerkte Leopold und dachte: Hoffentlich bleibt’s auch dabei, mein Freund, du hast heute Abend eine wichtige Mission zu erfüllen. Sich in dem Klub umzuschauen, erschien ihm nach dieser letzten Bemerkung des rotznasigen Unbekannten tatsächlich immer wichtiger, noch dazu, wo zu befürchten stand, dass von dem Gast nicht mehr viel Zusammenhängendes in Erfahrung zu bringen war. Es blieb bei Andeutungen, nichts Bestimmtes. Oder doch?
    »Lacroix, den Namen müssen Sie sich merken«, kam’s mit einem Mal aus dem ungepflegten Mund. »René Lacroix, ein Überbleibsel aus dem Zweiten Weltkrieg. Ein

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