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Karambolage

Karambolage

Titel: Karambolage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Bauer
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Überlaufen bringen. Er kippte den Weinbrand hinunter und knallte sein Glas auf die Theke.
    Olga Fellner, die nervös auf ihrem Platz kauerte, winkte noch einmal Frau Heller herbei: »Verzeihen Sie, dass ich Sie vorhin von meinem Tisch verjagt habe«, sagte sie. »Ich werde jetzt gehen. Ich halte die Gegenwart dieses katastrophalen Menschen, der höchstwahrscheinlich meinen Mann auf dem Gewissen hat, einfach nicht aus. Um eines möchte ich Sie noch bitten, meine Liebe: Bringen Sie mir doch den Pokal, den mein Mann bei dem Turnier gewonnen hat, damit ich ihn gleich mitnehmen kann.«
    »Aber selbstverständlich.« Frau Heller fasste Olga zur Beruhigung an die Schulter. »Ich hole ihn gleich. Bei uns verstellt er ohnehin nur den Platz in der Küche.«
    Als Frau Heller mit dem Pokal zurückkam, stieß Freund Mundgeruch, wie um die Situation noch zusätzlich anzuheizen, Sykora an und rief: »Da, sehen Sie! Man will Ihnen Ihre Trophäe entwenden.«
    Sykora schrie lauthals: »Ist denn das die Möglichkeit? Das ist jetzt mein Pokal! Was glauben Sie, warum ich meinen Fuß noch einmal in diese Spelunke gesetzt habe?«
    Herr Heller verspürte ob dieses Ausdrucks nun ebenfalls die Wut in sich aufsteigen, hüllte sich aber weiter in Schweigen. Freund Mundgeruch lächelte süffisant. Leopold wartete ab. Nur Olga Fellner keppelte vehement nach vorne: »Diesen Pokal zu gewinnen war das Letzte, was mein Mann auf dieser Welt vollbracht hat. Wenn Sie ihn haben wollen, müssen Sie mich eben auch umbringen, wie Sie das schon mit Georg gemacht haben. Sie schrecken ja wirklich vor nichts zurück, Sie Rabauke! Nur zu, damit alle sehen, wozu Sie fähig sind.«
    Sykora stieg kurz auf die Bremse. »Hören Sie, mir wurde bei diesem Finale übel mitgespielt, sodass ich mir das Recht herausnehme, als moralischer Sieger dazustehen. Was nützt Ihrem Mann schon der Pokal? Er ist – mit Verlaub – unter der Erde. Also geben Sie her!«
    »Was heißt geben Sie her? Mein Mann hat gesiegt, deshalb gehört das Ding mir.«
    »Und mit welcher Begründung?«
    »Posthum«, warf Leopold ein.
    »Langsam, langsam, was soll das denn heißen?«, fragte Sykora verdutzt.
    »Posthum«, wiederholte Leopold. »Das kommt aus dem Lateinischen und heißt, der Sieger ist zwar tot, doch wird er nach seinem Dahinscheiden geehrt und nicht Sie, Herr Sykora. Ich habe mir schon gedacht, dass Sie ein ungebildeter Mensch sind und das nicht wissen.«
    Jetzt wurde Sykora wieder grob. »Geben Sie her«, rief er in Richtung Olga Fellner und machte zwei Schritte auf sie zu. Herr Heller hielt das für den geeigneten Zeitpunkt einzugreifen, aber es war bereits zu spät. Während Olga in einem Anflug von Größenwahn den Pokal als Zeichen des Sieges in die Höhe stemmte, entriss ihn ihr Sykora mit der rohen Kraft besinnungsloser Wut. Sie wehrte sich kurz, fiel dann aber wie ein Sack auf die gepolsterte Kaffeehausbank.
    Jetzt war auch Olga außer sich vor Wut. »Sie waren es«, schrie sie. »Genau so haben Sie meinen armen Mann vor das Auto gestoßen. Aber keine Angst, man hat Sie gesehen. Der Herr Seidl dort vom Haus gegenüber hat Sie gesehen. Auch wenn Sie vorübergehend frei herumlaufen, weil Sie von irgendjemandem gedeckt werden, kommt noch alles ans Tageslicht. Ich werde dafür sorgen, dass Sie wieder verhaftet werden.«
    »Das werden wir ja sehen«, sagte Sykora, während er sich von Herrn Heller losriss, der ihn eher ungeschickt festzuhalten versuchte und dabei Leopold den Weg derart verstellte, dass dieser nicht eingreifen konnte. Dann war er auch schon zur Türe hinaus verschwunden.
    »Jetzt ist er weg«, sagte Leopold resignierend.
    »Sie haben ihn entkommen lassen«, kreischte Olga Fellner.
    »Mein Gott, ist das eine Aufregung«, seufzte Frau Heller und schlug die Hände über dem Kopf zusammen.
    Mitten in dem allgemeinen Tumult taumelte jetzt auch noch René Lacroix ins Kaffeehaus. Man sah sofort, dass er Sykora in die Faust gelaufen war. Er schaute ziemlich belämmert drein und blutete aus der Nase. »Merde«, fluchte er. »Dieser Crétin!«
    »Chéri, um Gottes willen, was ist passiert?«
    »Sykora ist mir entgegengekommen. Ich habe gleich den Pokal gesehen. Ich habe mich ihm in den Weg gestellt. Aber dieser Rüpel hat einfach losgeschlagen. Dommage, ich konnte die Trophäe nicht retten, Chérie! Dieser Mensch hat einfach eine Urkraft …«
    »Man muss ihn sofort wieder festnehmen«, sagte Olga mit sich überschlagender Stimme. »Chéri, wir machen eine Anzeige.« Sie

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