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Karambolage

Karambolage

Titel: Karambolage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Bauer
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Nervosität immer deutlicher. »Wir könnten noch einen Lokalwechsel machen. Es gibt hier viele Szenelokale mit guter Live-Musik«, schlug er rasch vor.
    »Meinst du?« Maria schien nicht viel davon zu halten. »Lass uns lieber hierbleiben und noch ein Glas trinken. Es ist doch nett da. Außerdem …«
    Sie warf einen heimlichen Blick auf ihre Uhr, aber Korber merkte es sofort. »Du willst mich doch nicht schon wieder verlassen? Morgen ist Sonntag, also hast du keine Ausrede«, protestierte er.
    »Nein, natürlich nicht.«
    Man bestellte noch einen Krug vom selben Wein, aber das Gespräch schien nicht mehr so locker in Gang zu kommen wie vorher. Es entstand der Eindruck, als handle es sich um eine Pflichtübung, als wollten beide die Zeit totschlagen, bis sie ausgetrunken hatten.
    »Schauen wir noch woanders rein?«, machte Korber einen neuerlichen Versuch.
    »Ich würde lieber draußen noch ein wenig spazieren gehen«, sagte Maria stattdessen.
    Sie gingen nebeneinanderher, hatten einander aber immer weniger zu sagen. Maria, die zuerst so locker und aufmunternd gewirkt hatte, war mit einem Mal wortkarg und abweisend. Erneut konnte man meinen, sie wolle die Zeit nur bis zu einem gewissen Punkt hinauszögern.
    »Ich … ich glaube, ich werde dich jetzt verlassen«, sagte sie schließlich. Ohne Vorwarnung, scheinbar grundlos.
    »Das ist jetzt nicht dein Ernst!«
    »Doch. Ich muss noch wohin, Thomas. Es tut mir leid, dass ich es dir nicht schon vorher gesagt habe, aber ich wollte, dass du die Zeit mit mir genießt und dir keine Gedanken darüber machst. Danke. Es war ein netter Abend.«
    »Warte! Du kannst doch nicht so einfach … gehen.«
    »Tschüss, Thomas. Und sei mir bitte nicht böse.«
    Für Korber klangen die paar flüchtig hingeworfenen Worte wie ein Abschied für alle Zeiten. Aber warum nur, warum? Was hatte er falsch gemacht?
    »Tschüss«, murmelte er leise.
    Dann, obwohl in einiger Entfernung, den Kragen der Jacke hochgeschlagen und zeitweise verdeckt von nächtlichen Flanierern, sah er sie: Ingrid Grabner, deren rote Mütze hell durch die Dunkelheit leuchtete. Sie lehnte an einer Hauswand und sog nervös an einer Zigarette.
    Wut, Enttäuschung, Ohnmacht, Erregung – all das ergriff in diesem Augenblick von Korber Besitz. »Du hast also mit ihr telefoniert, als du auf der Toilette warst«, rief er deshalb lauter und heftiger, als er vorgehabt hatte. »Du hast sie herbestellt, weil du nicht mit mir allein sein wolltest. Dann hast du vorgeschlagen, noch etwas zu trinken, weil du warten musstest, bis sie da war. Und spazieren wolltest du nur gehen, weil du dich irgendwo da heraußen mit ihr verabredet hast. Das ist alles so … plump! Warum bist du überhaupt mit mir fortgegangen und hast mir diese Prozedur nicht erspart? Es gibt andere Wege, jemandem zu zeigen, wie gleichgültig er einem ist.«
    Maria schüttelte schwach den Kopf. »Ich kann dir das jetzt nicht alles erklären, Thomas. Es tut mir leid, wenn ich deine Gefühle verletzt habe. Das wollte ich nicht. Es war wirklich ein schöner Abend, aber … jetzt muss ich gehen.«
    Ingrid Grabner hatte ausgeraucht und kam zögernd näher. Mit einem kurzen »Hallo!« streifte sie an Korber vorbei. Dabei spürte er, wie ihre Hand kurz die seine berührte und ihm ein Stück Papier zusteckte. Dann hängte sie sich bei Maria ein, und beide Frauen verschwanden im Halbdunkel der beleuchteten Stadt.
    Korber blieb zurück. Warum konnte er nicht sein wie der elegante Herr, der mit Maria die Nacht in einer Bar verbracht und nicht gefragt hatte, was sie danach tat? Er blieb einige Minuten stehen und versuchte, wieder einen klaren Gedanken zu fassen. Dabei atmete er die kühle, frische Luft ein, die ihn umwehte. Er empfand sie als etwas Angenehmes, Erfrischendes.
    Noch immer hatte er den Zettel in seiner linken Hand in der Hosentasche. Gedankenverloren nahm er ihn heraus und machte ihn auf. Offenbar hatte Ingrid vorhin noch schnell etwas daraufgekritzelt. Er las:

     
           Ingrid Grabner
           0664/3321579
           Schweigergasse 4
           1210 Wien

     
           Ruf mal an!
           Ingrid

     
    Was war denn das schon wieder? Ein Versuch Ingrids, mit ihm Kontakt aufzunehmen? Aber weshalb? Jedenfalls war ihm im Augenblick nicht danach, mit Marias Schatten nähere Bekanntschaft zu schließen. Er steckte den Zettel zurück in seine linke Hosentasche und ging. Aber er ging noch nicht nach Hause.

     
    *

     
    Wenn Thomas Korber

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