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Karambolage

Karambolage

Titel: Karambolage Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Bauer
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fort von zu Hause?«
    Es war eine eher unschuldige Frage, doch traf sie Korber an einer empfindlichen Stelle. »Ach Gott, spät«, gab er seufzend zu. »Erst nach meinem Studium. Vorher hat einfach das Geld gefehlt …«
    »Und der Unternehmungsgeist, gib’s zu«, lächelte Maria. »Zu Hause ist’s ja so schön bequem. Hotel Mama!«

    »So darfst du es nun auch wieder nicht sehen«, verteidigte sich Korber.
    »Sei mir nicht böse, aber ich habe deine Antwort fast erwartet. Ich halte dich eher für einen konventionellen Menschen.«
    Korber sagte jetzt nichts. Das Ganze war ihm ein wenig unangenehm.
    »Sag, wann hast du das letzte Mal etwas Verrücktes getan?«, fragte Maria jetzt.
    »Wie meinst du das?«
    »Na, etwas Verrücktes, Ausgeflipptes. Wie etwa in Anzug und Krawatte barfuß durch die Innenstadt gehen. Oder mit einem Bekannten, den du zufällig getroffen hast, schnell nach Salzburg auf einen Kaffee fahren.«
    Korber grübelte. Die Situation wurde immer peinlicher. Sosehr er sich auch anstrengte, nichts fiel ihm ein. Er kramte in seinen Erinnerungen, direkt verbissen saß er da. Irgendetwas Verrücktes musste er doch getan haben, zum Teufel. Er machte den Ansatz dazu, etwas zu sagen, unterbrach sich aber sofort wieder. Alles, was er aus seiner Erinnerung hervorholen konnte, erwies sich bei genauer Betrachtung als kleiner Schwank oder Scherz, der durchaus im Bereich des Normalen lag.
    Was hatte er eigentlich überhaupt in letzter Zeit Großartiges unternommen? Wann war er etwa für längere Zeit irgendwohin auf Urlaub gefahren? Gott, das war auch schon eine Ewigkeit her. Allein konnte er sich dazu nicht aufraffen. Mit Leopold hatte er zwar oft davon geredet, dass sie einmal zu zweit eine Reise machen wollten. Doch hatten sie beide wirklich den Ehrgeiz, einmal aus ihrem Alltag auszubrechen?
    Maria hatte recht. Er war konventionell, schlimmer noch: langweilig.
    »Wenn ich so etwas getan habe, ist es schon sehr lange her, oder ich habe es aus meinem Gedächtnis verdrängt«, sagte Korber schließlich ausweichend.
    »Ich habe einmal etwas Nettes erlebt«, sagte Maria. »Es war während dieses einen Studienjahres in Wien. Es war schon spät, und ich stand vor einer Bar, die wahnsinnig teuer aussah. Ich war allein, hatte nur wenig Geld einstecken, aber ich wollte unbedingt hinein. Also redete ich einen elegant gekleideten Mann an, der gerade vorbeikam, und fragte ihn, ob er mit mir hineingehen und mir einen Drink spendieren würde.«
    »Hat er’s getan?«
    »Klar!« Maria lächelte wieder ihr strahlend weißes Lächeln. Sie genoss diese Erinnerung. »Es wurde ein wunderschöner Abend. Keine Angst, ich war nicht mit ihm im Bett. Wir haben einfach nur getrunken und über Gott und die Welt geplaudert. Und es ist sehr, sehr spät gewesen, als wir uns verabschiedeten.«
    »Hast du ihn wiedergesehen?«
    Maria schüttelte den Kopf. »Nein.«
    Korber fragte sich, ob er damals als Mann genauso reagiert hätte. Wäre er einfach unbeschwert und ohne Hintergedanken in ein schönes Erlebnis mit einer attraktiven jungen Frau eingetaucht? Er lächelte verkrampft. Sein Gesichtsausdruck wirkte gar nicht glücklich.
    »Na ja, das war in meiner Jugend, jetzt bin ich auch schon ein stinknormaler Mensch«, sagte Maria. Sie stand auf. »So, ich verlasse dich kurz, ich muss einmal für kleine Mädchen. Denk in der Zwischenzeit bloß nicht zu viel über unser Gespräch nach.«
    Doch Korber tat, wovon ihm Maria abgeraten hatte. Denn gerade hatte er eine Beschreibung all dessen gehört, was er nicht war: spontan, unkonventionell, unbeschwert. Lag er so schlecht, wenn er sich an die ihm bekannte Seite des Lebens hielt? Vielleicht hatte er sich bisher wirklich auf zu wenige Abenteuer eingelassen – außer dass er sich ab und zu von Leopold für kriminalistische Zwecke missbrauchen ließ.
    Und Korber war bereits wieder mittendrin in seinen rationalen Gedankengängen: Wie konnte man den Abend zu einem für ihn günstigen Ende bringen? Wo sollte man noch gemeinsam hingehen? Er war bestrebt, Maria in eine der zahlreichen Musikkneipen zu lotsen, wo er hoffte, in der Dunkelheit und Anonymität seinen Arm um sie zu legen, sie zu sich zu holen, wie er es sich in seinen Träumen immer vorgestellt hatte. Aber war das auch der richtige Weg?
    Maria kam zurück. »Na, warst du einsam ohne mich?«, fragte sie. Diesmal wirkte auch ihr Lächeln eher aufgesetzt und nicht so natürlich wie zuerst.
    »Es ging gerade noch.« Korber spürte seine innere

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