Karas Reich
auch von dem Vertrauen, daß die beiden und alle anderen in sie setzten. Sie glaubte nicht, daß sie es erfüllen konnte. Es waren zu viele Gegner.
Wenn sie sich dem Schwarzen Tod stellte, bedeutete das ihren Tod.
Was geschah dann mit den Menschen?
Kara hoffte nicht, daß dieser verfluchte Dämon sie trotzdem tötete. Ihr blieb nichts anderes übrig, als nach draußen zu gehen und auf die einzige Chance zu vertrauen, die sie hatte.
Wieder donnerte die Stimme des Schwarzen Tods. »Wenn du nicht kommst, werfe ich dir die ersten Leichen vor die Füße.«
Auch die Frauen hatten die Worte gehört, und deren Angst steigerte sich noch mehr.
Kara lächelte ihnen noch einmal zu. Dann drehte sie sich um und verließ das Haus.
Auf die Geschwister wirkte sie wie jemand, der freiwillig in den Tod ging, um sich für andere zu opfern…
***
Allmählich hatte ich das Gefühl, zu Eis zu werden. Ich war irgendwann einmal aus der Bewußtlosigkeit erwacht und hatte mich zunächst nicht zurechtgefunden.
Eines war mir schnell klargeworden. Ich lag auf einer wippenden Unterlage, und der Vergleich mit einem Trampolin oder einer weichen Couch war mir in den Sinn gekommen.
Nichts davon traf zu.
Ich lag auf einem Netz!
Und dieses Netz war zu einer verfluchten Falle geworden, denn ich konnte weder die Arme noch die Beine bewegen, weil man mir die Hand-und Fußgelenke mit breiten Klebestreifen zusammengebunden hatte und ich mit meiner Kraft gegen sie nicht ankam.
Ich lag auf dem Bauch. Meine Hände waren auf dem Rücken zusammengebunden worden, und ich war mir vorgekommen, als wäre ich durch einen langen, stockdunklen Tunnel gegangen, an dessen Ende ein Licht zu sehen war, in das ich nun hineingeraten war, denn meine Bewußtlosigkeit war vorbei.
Das Netz schnitt in meine Gesichtshaut. Ich spürte den Druck an verschiedenen Stellen und konnte ihn nur etwas lindern, wenn ich den Kopf hob.
Natürlich kehrte auch meine Erinnerung zurück. Ich dachte an die Hetzjagd über das Dach, und ich dachte auch daran, mit welchen Tricks man mich auf die Baustelle gelockt hatte. Wie ein Anfänger war ich diesem Typen auf den Leim gegangen. Nur stellte sich mir jetzt die Frage, wo ich denn steckte.
So richtig funktionierten meine Sinne noch nicht. Im Schädel spürte ich nach wie vor das unangenehme Tuckern, das ignorierte ich, denn etwas anderes war für mich interessanter.
Ein bestimmter Geruch stieg mir in die Nase.
Feucht, nach Kalk und Beton riechend. Dabei sehr kühl, so kalt nämlich, wie es in einem Neubau nun mal ist.
Neubau?
Da hatte ich die Verbindung. Jetzt wußte ich genau, daß ich mich noch immer an dem Ort befand, an dem ich überwältigt worden war. Allerdings nicht mehr auf dem Dach, wie ich sehr schnell erkannte, als ich einen Blick durch die Maschen hindurch in die Tiefe warf und dort das seltsame Licht entdeckte, das sich wie ein fahler, weißblauer Teppich ausbreitete.
Da war die Tiefe, da hatte die Tiefe auch ihr Ende. Es war schwer, die Entfernung zwischen mir und dem Boden zu schätzen, weil das Licht trotz seiner geringen Leuchtkraft in meinen Augen leicht schmerzte. Ich konzentrierte mich so stark wie möglich, was meine Schmerzen im Kopf stärker werden ließ.
Darauf nahm ich keine Rücksicht, freute mich, als ich erste Einzelheiten erkannte.
Zwei Scheinwerfer standen sich gegenüber auf dem Boden. Ihr Licht war nicht sehr gebündelt, so konnten sie einen Teppich bilden, der sich auf der Bodenfläche verteilte.
Und dort bewegte sich etwas.
Zuerst hielt ich es nur für Schatten, die aus irgendwelchen Ecken und Winkeln hervorgekrochen waren, aber sehr schnell stellte ich meinen Irrtum fest.
Das waren keine Schatten.
Das Zeug da unten bewegte sich, es lebte…
Es schleifte über den Boden, es ringelte, es war träge, es hob hin und wieder seinen Körper, weil es sich bewegen mußte, denn Kälte war für diese Tiere eigentlich Gift.
Es waren Schlangen!
Ich schluckte, als ich daran dachte. Und ich konnte mir vorstellen, daß sie bestimmt nicht harmlos waren. Diese Biester warteten nur darauf, ihr Gift in einen Körper zu spritzen, und da kam ich ihnen als Opfer gerade recht.
Inzwischen hatten sich die Puzzlesteine zu einem Bild zusammengefügt, über das ich nachdenken konnte. Es gefiel mir überhaupt nicht. Ich lag über den trägen Schlangen in einem Netz. Wenn ich nach unten wollte, landete ich unweigerlich in der Schlangengrube, durch die dieser Neubau zweckentfremdet worden war.
Das Netz hatten meine
Weitere Kostenlose Bücher