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Kardinal vor La Rochelle

Kardinal vor La Rochelle

Titel: Kardinal vor La Rochelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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Freuden darin, meine Schöne anzusehen, wie um mir einen Vorrat an Bildern
     von ihr zu schaffen. Ob wir redeten oder schwiegen, es war ein einziger Zauber, sie in dem Kerzenschein zu betrachten, der
     durch die Bettvorhänge drang und ihr schönes Gesicht mit so traulichem, sanftem Licht umgab.
    |287| »Ich habe ein Gefühl«, sagte sie, an mich geschmiegt, »als wären wir beide ein einziges Wesen und ich wäre nichts mehr, wenn
     du gehst.«
    »Nichts mehr?« sagte ich. »Bleibst du nicht die Mutter meines Sohnes, dessen leisen Atem ich bis hierher höre? Bleibst du
     nicht meine Liebe, der ich mich mit Herz und Hand ergeben habe?«
    »Ist das wirklich wahr?« fragte sie mit einer Stimme, die eine gewisse Unruhe verriet. »Wißt Ihr noch, wie ich Euch vor meiner
     Abreise von Brézolles sagte, wenn Ihr mich um meine Hand bätet, würde ich sie Euch rundweg abschlagen?«
    »Natürlich weiß ich das, Liebste, auch, daß ich Euch nach dem Grund dieser Feindseligkeit fragte und Ihr mir antwortetet,
     ich liebte Euch noch nicht genug. Meine Freundin, darf ich fragen, ob dieses Genug erreicht ist?«
    »Nicht ganz, mein Herr. Dazu müßtet Ihr, wieder in Brézolles, dieser Perrette den Laufpaß geben, die in meiner Abwesenheit
     Eure Nächte verzaubert.«
    Der Schlag saß. Mein Gott, dachte ich, wie töricht von mir zu glauben, die kleine Geschichte würde der Wachsamkeit von Madame
     de Bazimont entgehen oder sie würde sie ihrer Herrin verschweigen.
    »Madame«, sagte ich nach einer Weile, »sie verzauberte meine Nächte nicht, sie erleichterte sie.«
    Kaum hatte ich dies ausgesprochen, reute es mich auch schon: Mußte ich Perrette herabwürdigen, um Madame de Brézolles zu beschwichtigen,
     zumal das Wort »erleichtern« zwar geschickt, aber nicht die ganze Wahrheit war?
    »Auch die Erleichterung ist zuviel, Monsieur«, sagte Madame de Brézolles sanft, aber entschieden. »Ich würde nicht die treue
     Ehefrau eines Edelmannes werden, der mir nicht treu wäre. Deshalb, mein Freund, flehe ich Euch an (und hierbei wurde ihre
     Stimme ebenso zärtlich wie gebieterisch), auf diese Perrette zu verzichten. Im übrigen werde ich ihr eine kleine Rente aussetzen,
     sobald sie mein Haus verlassen hat, denn ich will es ihr nicht nachtragen, daß sie Eurer Verführung erlegen ist.«
    »Meine Liebe«, sagte ich, »Euer Wille geschehe. Aber wenn er erfüllt ist, seid Ihr dann einverstanden, auch meinen Willen
     zu erfüllen?«
    |288| »Könnt Ihr daran zweifeln, mein Freund?« sagte sie. »Ich würde Euch sogar hundertmal heiraten, und ich werde Euch tausendmal
     mehr lieben, als jede andere Frau es könnte. Beendet nur erst diesen furchtbaren Krieg, mein Freund, dann mögen Euch Flügel
     wachsen und Euch zu mir tragen.«
    ***
    Am nächsten Morgen, bei Tagesanbruch, rollte ich in meiner stuckernden Karosse über rauhe Straßen, vornweg die Musketiere
     Monsieur de Cléracs, hintennach die Schweizer von Hauptmann Hörner. Nicolas neben mir war ganz zappelig vor Erwartung, nach
     so langen Tagen und Nächten seine schöne junge Gemahlin wiederzusehen, aber ich hielt die Augen geschlossen, damit er mich
     mit seiner Vorfreude verschone, und versenkte mich in meine Gedanken an Madame de Brézolles, die mich die ganze lange Reise
     über nicht verließen.
    Die Heimlichkeiten, die sie mir zugemutet hatte, waren zu meiner Befriedigung aufgeklärt, meine Vorbehalte, sie ganz zu lieben,
     waren verschwunden und einer großen Bewunderung für die Geschicklichkeit und Kühnheit gewichen, mit denen sie ihren Casus
     gedeichselt hatte, so daß sie nun reicher war um ein Kind – nach dem sie sich so sehr gesehnt hatte –, und gleichzeitig, dank
     dieser günstig gelegenen Geburt, hatte sie ihren Prozeß, ihr Haus zu Nantes als sicheren Besitz und obendrein einen Gemahl
     gewonnen.
    Sicherlich hatte Perrette sich nie in der Hoffnung gewiegt, unsere Liebelei könnte die Belagerung von La Rochelle überdauern,
     und ich hatte mich wohl gehütet, ihr in dieser Hinsicht Versprechungen zu machen. Und obwohl dieses Verhältnis mit meiner
     Beziehung zu Madame de Brézolles gar nicht vergleichbar war, konnte ich mich schwer dazu verstehen, daß ein schlichtes fleischliches
     Band zu verachten sei, vor allem wenn es Güte und herzliche Wärme einschloß. Die Aussicht, mit Perrette brechen zu müssen,
     hatte nichts Spaßiges für mich. Ich fürchtete mich, ihr weh zu tun, denn in ihrer unbedachten Gutmütigkeit hatte sie sich
     sehr an mich gebunden,

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