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Kardinal vor La Rochelle

Kardinal vor La Rochelle

Titel: Kardinal vor La Rochelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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bewunderte: meine Halbschwester, die Prinzessin Conti.
     Unser Mann wähnte sich auf dem Gipfel seines Ehrgeizes und seines Glücks. Er wußte nicht, wie verhängnisvoll diese Ehe ihm
     werden und daß sie den Abstand zwischen dem Kapitol und dem Tarpejischen Felsen für ihn verkürzen sollte. 1
    ***
    »Schöne Leserin, bitte, helfen Sie mir aus der Verlegenheit, in der ich mit meiner Erzählung stecke.«
    »Sie in Verlegenheit, Monsieur? Das wundert mich. Wo ist der Haken?«
    |82| »Der Haken, Madame, ist die Wiederholung. Ich bin an einen Punkt gelangt, wo ich das Porträt Bassompierres nur vervollständigen
     kann, wenn ich gewisse Dinge aufgreife, die ich schon im vorhergehenden Band geschildert habe.«
    »Müssen Sie das unbedingt wiederholen? Warum vertrauen Sie dem Gedächtnis Ihrer Leser nicht? Meinen Sie, wir hätten alles
     vergessen?«
    »Nein, nein. Ich fürchte nur, diejenigen, die den vorigen Band nicht gelesen haben, könnten meine Differenz mit Herrn von
     Bassompierre nicht verstehen.«
    »Also, ich für mein Teil, Graf, weiß noch genau, woher die Entfremdung zwischen Ihnen rührte. Sie hatten Ihre geliebte Halbschwester
     gewarnt, sich in die schändlichen Komplotte der Herzogin von Chevreuse, dieses der Hölle entsprungenen Sukkubus, einzulassen!
     Die Prinzessin jedoch fuhr Ihnen hochmütig über den Mund und schwor, sie wolle Sie nie wiedersehen. Dann heiratete Bassompierre
     sie und übernahm gleichzeitig alle Parteilichkeiten der diabolischen Reifröcke 1 : Zuvorderst ihren Haß auf Richelieu, ihre Verachtung des Königs und derer, die ihm dienten.«
    »Richtig! Aber wie, schöne Leserin, soll man begreifen, daß eine Frau wie die Prinzessin Conti, so lebhaft und geistreich
     sie auch ist, aber ohne Talente, ohne Bildung, eine solche Macht über einen Mann wie Bassompierre gewinnen konnte? Ist das
     nicht geradezu ein Musterbeispiel für die ›Tyrannei der Schwachen über die Starken‹?«
    »Schön und gut, Monsieur! Wenn aber der Starke sich vom Schwachen tyrannisieren läßt, ist er vielleicht nicht so stark, wie
     er glaubte?«
    »Meine Bewunderung, schöne Leserin! Was ich auch sage, Sie legen es immer zum Vorteil der Frauen aus.«
    »Darf ich das
gentil sesso
nicht verteidigen, dem ich angehöre? Sind Sie nicht selbst ganz von uns betört? Oder schämen Sie sich etwa Ihrer Liebe zu
     uns?«
    »Ganz und gar nicht. Sie ist die Freude meines Lebens.«
    »Um aber auf Bassompierre zurückzukommen, haben Sie, |83| glaube ich, keinen Grund, seinerseits einen unfreundlichen Empfang zu befürchten. Richelieu hatte recht. Insgeheim muß er
     Ihnen einen »Rest Freundschaft« bewahrt haben, sonst hätte er Sie nicht vor dem Hinterhalt gewarnt, den man Ihnen auf dem
     Weg nach Fleury en Bière bereitete.«
    »Aber die Art, schöne Leserin, in der er mich warnte! Es schmerzt mich heute noch, daran zu denken! Wie er auf einer völlig
     menschenleeren Treppe im Louvre beim Reden ständig die Stufen hinauf- und hinabspähte, als wäre er auf der Flucht, und wie
     leise er sprach, nur in Andeutungen … Es sah wirklich aus, als verübele er sich diesen Verrat an seiner Partei, um mir das
     Leben zu retten!«
    »Trotzdem, gerettet hat er Sie! Und wenn Sie ihm jetzt eine Möglichkeit bieten, dem Willen des Königs zu entsprechen und seinem
     Groll zu entgehen, erweisen Sie ihm einen beträchtlichen Gegendienst.«
    ***
    Wir hatten unseren Besuch bei Bassompierre auf den Nachmittag verschoben, weil Madame de Brézolles uns zum Mittagessen erwartete.
     Während mein Vater, den der morgendliche Ritt erschöpft hatte, eine Siesta hielt, schickte ich Nicolas nach Chef de Baie mit
     dem Auftrag, Bassompierre unser Kommen anzukündigen und danach seinen älteren Bruder, den Musketierhauptmann de Clérac, zu
     fragen, wie die Dinge in jenem Teil des Lagers stünden. Ich hielt es für nützlich, im voraus Informationen einzuholen, um
     mich auf die Situation dort einzustellen.
    Zwei Stunden später trat Nicolas mit glänzenden Augen und von Neuigkeiten aufgeplusterten Wangen in mein Zimmer, und weil
     mein Vater zugegen war, hörten wir gemeinsam, was er zu berichten hatte.
    »Herr Graf«, sagte Nicolas, »es ist dem Marschall von Bassompierre ein Vergnügen, Euch und den Herrn Marquis de Siorac um
     fünf Uhr zu empfangen.«
    »Erst um fünf?« sagte ich. »Hat er denn so viel zu tun?«
    »Nein. Gar nichts.«
    »Gar nichts?«
    »Herr Graf, ich wiederhole, was man mir sagte.«
    »Und worin besteht dieses

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