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Kardinal vor La Rochelle

Kardinal vor La Rochelle

Titel: Kardinal vor La Rochelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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Hauptmanns der Königlichen Musketiere, Junker
     eines Königlichen Rats und mit Ende der Belagerung selbst Musketier?«
    »Aber der Sold, Herr Graf! Der Sold eines Musketiers! Wie sollte Mademoiselle de Foliange sich mit einem so schmalen Einkommen
     begnügen?«
    »Warum denn nicht? Hör gut zu, Nicolas, und sammle mit |168| Fleiß die Perlen der Weisheit, die ich meinem Bart jetzt entrollen lasse.
Primo
: Nehmen wir an, Mademoiselle de Foliange ist eine arme Verwandte der Frau von Rohan. In dem Fall heiratet eine Armut die
     andere.«
    Nicolas hatte ein schwaches Lächeln aufgesetzt.
    »Trotzdem würde mich immer der Gedanke bedrücken, daß sie darunter leidet, so schön und wohlgeboren, wie sie ist.«
    »I bewahre! Liebe wärmt die Armut besser als Reichtum die Liebe.«
    »Herr Graf, stammt dieser bewundernswerte Spruch von Euch?«
    »Das weiß ich nicht so genau. Aber gleichviel! Die Perlen der Weisheit gehören jedermann.
Secundo
, nehmen wir nunmehr an, Mademoiselle de Foliange ist eine reiche Verwandte der Frau von Rohan. In dem Fall ist ihr Reichtum
     hochwillkommen, und ihre Familie wird für deinen Aufstieg sorgen.«
    »Aber wenn das Fräulein begütert ist«, sagte Nicolas, »wird ihre Familie mich wahrscheinlich ablehnen. Sie wird einen Höhergestellten
     und Reicheren wollen.«
    »Gut, dann nehmen wir an, ihre Eltern sind tot.«
    »Aber, Herr Graf!«
    »Was denn? Ist das nicht möglich? Darf man es nicht in Betracht ziehen, auch wenn man es nicht wünscht? In dem Fall kann Mademoiselle
     de Foliange frei über ihre Wahl und ihr Leben entscheiden.«
    »Und dann fiele ihre Wahl auf mich?«
    »Bestimmt. Hast du nicht gesehen, wie sie dich bei lebendigem Leibe mit ihren Augen verschlang?«
    »Sicher, sie hat mich die ganze Zeit sehr liebenswürdig angesehen.«
    »Du sie auch, Nicolas.«
    »Herr Graf, war ich etwa zudringlich?« fragte Nicolas erschrocken.
    »Sei unbesorgt. Die Herzogin hat nicht das geringste bemerkt.«
    »Gott sei Dank! Und was kann ich jetzt tun, Herr Graf? Kann ich ihr schreiben?«
    »Vorsicht, Nicolas! Ein Brief an ein vornehmes Fräulein, das du so wenig kennst, wäre sehr unziemlich.«
    »Was soll ich dann tun?«
    |169| »Nichts, mein Junge. Warten.«
    »Warten?« fragte Nicolas mit verzweifelter Miene.
    »Ja, warten. Und dich nicht weiter beunruhigen. Merke dir eins, Nicolas: Was eine Frau will, das will Gott. Und wenn Mademoiselle
     de Foliange dich will, setzt sie Himmel und Hölle in Bewegung, dich zu kriegen. Das ist die eiserne Beharrlichkeit des
gentil sesso

    »Ist das eine weitere Perle der Weisheit aus Eurem Bart, Herr Graf?«
    »In der Tat. Und bewahre sie gut in deinem Gedächtnis. Das wirklich starke Geschlecht, Nicolas, ist nicht dasjenige, das sich
     dafür hält.«
    ***
    Der letzte Schluck Tee war geschlürft, wir begaben uns zu unseren Pferden, und meine Accla mag sich gefragt haben, wozu man
     sie so schön abgerieben und getrocknet hatte, wenn sie doch wieder hinaus mußte in Regen und Wind. Letzteren fürchtete sie
     sogar noch mehr, vor allem aber, im Schlamm auszurutschen, denn von Wegen war im Feldlager nichts mehr zu erkennen.
    In Aytré trafen wir auf verschlossene Türen, und der Wachhabende sagte, Seine Majestät sei im Begriff, sich in Surgères niederzulassen,
     einem großen Marktflecken fünf Meilen östlich von Aytré. Der König werde dort besser vor dem Wind geschützt wohnen, der Graf
     von Surgères habe ihm sein Schloß zur Verfügung gestellt, ein schönes Bauwerk aus dem vierzehnten Jahrhundert.
    So ritt ich denn nach Pont de Pierre, wo Charpentier mich trüben Gesichts ins Kabinett des Kardinals führte. Der saß an seinem
     Tisch, den Gänsekiel in der Hand, doch ohne zu schreiben, und seine Miene war traurig und niedergeschlagen. Seine Katze hockte
     auf dem Tisch zwischen zwei säuberlich gestapelten Aktenbergen, rührte sich nicht, schaute nur auf ihren Herrn und spürte
     sicherlich, daß sie sich am besten nicht bemerkbar machte.
    Anwesend fand ich weiter den Pater Joseph und Monsieur de Guron, einen beleibten und apoplektischen Edelmann, der dem Herrn
     des Hauses ebenso ergeben war. Richelieu hob die Augen und bedeutete mir durch ein Handzeichen, mich in dem |170| Kreis auf einem Schemel niederzulassen. Dann versank er wieder in seine Gedanken, die sehr bitter sein mußten, denn er furchte
     die Stirn, preßte die Lippen zusammen und schien den Tränen nahe. Dieses Schweigen schien mir eine Ewigkeit zu währen. Und
     die ganze Zeit

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