Kardinalspoker
geht.«
Das habe etwas
mit der Familiengeschichte zu tun, klärte sie den verblüfften Böhnke auf. Als waschechte
Öcherin mit einem lupenreinen Stammbaum, über die französischen Zeiten hinausgehend,
müsse sie einfach gegen alles sein, was aus dem hochnäsigen Köln ins Dreiländereck
schwappe.
»Die haben
uns alles genommen«, übertrieb sie. »Erst den Sitz der Bezirksregierung, dann das
Startrecht in der Bundesliga und unsere Degraa-Brauerei und so weiter und so fort.
Am liebsten würden die uns auch noch den CHIO nehmen in ihrer Maßlosigkeit.«
Diese Behauptung empfand Böhnke
nun doch maßlos übertrieben. Das bekannte Reitturnier in Aachen würde das größte
und beliebteste Turnier weltweit bleiben. Davon war er selbst als wenig interessierter
Zugezogener nach über 30-jähriger Arbeitszeit in Aachen überzeugt.
Viel Neues gebe es nicht über das
hinaus, was in der Zeitung stehe und morgen stehen werde, meinte er gedehnt, während
er versuchte, eine schwarze Olive auf die Gabel zu bugsieren, ohne in sie hineinzustechen.
»Allerdings könnte bei dem Todesfall ein bestimmtes Arzneimittel eine Rolle spielen.«
Prompt misslang der Balanceakt mit der Olive. Sie fiel zu Boden, was ihm einen mild
tadelnden Blick von Lieselotte einbrachte.
»Sümmerling hat mich übrigens gebeten,
dich zu fragen, ob du mir und damit ihm etwas über …«, Böhnke suchte nach dem Zettel,
auf dem er sich den Namen notiert hatte, den er auf die Fensterbank gelegt hatte
und der dort in einem Haufen anderer Papiere verschwunden war.
»… Permanenticus spontanus – so
soll das Zeug heißen – sagen kannst«, vollendete er nach der erfolgreichen Suche.
Erschrocken ließ Liselotte das Besteck
sinken. »Willst du dich umbringen? Das ist das reinste Teufelszeug. Das hat nicht
ohne Grund keine Zulassung in Deutschland bekommen.«
»Wieso?«
»Das ist ein unausgegorenes Mittel,
wenn ich der deutschen Zulassungsstelle für Medikamente glauben kann. Niemand weiß
genau, welche Dosierung bei welchen Bedingungen wie anschlagen. Damit kannst du
ein Pferd betäuben oder einen Elefanten töten. Da gibt es eine unendliche Bandbreite
bei den Auswirkungen. Ein Tropfen kann reichen, um ein Schwergewicht aus der Bahn
zu werfen. Ein Hänfling kann einen Teelöffel zu sich nehmen und wird noch nicht
einmal müde. Aber eines ist bei beiden sicher: Wenn du eine ganze Ampulle schluckst,
und dann noch in Verbindung mit Alkohol, bist du mit absoluter Sicherheit tot. Zu
allem Überfluss ist das Zeug auch noch absolut geschmacksneutral. Du merkst nicht,
wenn du es versehentlich zu dir nimmst.«
»Und um derartige Folgen zu vermeiden,
ist das Produkt nicht auf dem allgemeinen Markt erhältlich«, folgerte Böhnke.
»Nicht nur das«, antwortete die
Apothekerin. »Nicht nur auf dem allgemeinen Markt, sondern auch nicht in Kliniken,
Sanatorien oder Versuchsanstalten. Das große Risiko eines Todes bei Einnahme des
Mittels ist eine«, sie lächelte ironisch, »unerwünschte Nebenwirkung.«
»Du kennst also das Zeug? Ist es
denn überhaupt zu bekommen?«
»Legal in Deutschland mit Sicherheit
nicht. Du wirst es auch in keinem Giftschrank einer deutschen Apotheke finden oder
in deutschen Internetapotheken beziehungsweise im Versand. Wohl aber«, Lieselotte
kaute und schluckte, »wohl aber bei unseren Pommes-Freunden jenseits der Grenze.
Bei denen kannst du das Zeug bekommen, allerdings nur als Medikament für Tiere.
Dafür brauchst du dann noch nicht einmal ein Rezept.«
»Geht das so einfach?«, fragte Böhnke
verblüfft.
»Und ob das so einfach geht. Europa,
europäischer Binnenmarkt, Handelsbeschränkungen und Medikamentenhandel, das ist
eines von vielen Feldern im Apothekenwesen, über das ich dir stundenlang die abenteuerlichsten
Dinge erzählen könnte. Darüber kannst du verdammt dicke Bücher schreiben.« Sie schaute
ihn resignierend an. »Aber auch dadurch würdest du nicht viel ändern. Was haben
wir in Deutschland schon so alles übernommen, um dieses angebliche Medikament vom
Markt fernzuhalten und aus dem Verkehr zu ziehen. Aber das entsprechende Verfahren
dauert bestimmt noch zehn, wenn nicht sogar noch 20 Jahre, bis es einmal dazu kommt
in unserem vereinten Europa.«
Das Gespräch driftete mehr und mehr
ab. Böhnke hatte die Information, die er für Sümmerling besorgen sollte. Aber brachte
ihn dieses Wissen weiter? Wieso war das Teufelszeug in Kardinals Körper gefunden
worden?
»Damit ist die medizinische Sprechstunde
von Frau
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