Kardinalspoker
strenge Seitenblick von Lieselotte ließ ihn ahnen, dass er ihr heute
noch einiges zu erklären hatte. Aber er schaute über diesen Blick hinweg. »Also,
was wollen Sie hier?«
»Außer unseren Würstchen?«, fügte
Lieselotte ungehalten hinzu.
»Es handelt sich um den Kardinal
aus Köln, diesen Kardinal«, antwortete Sümmerling bereitwillig. Er sah ein, dass
er gegen diese geballte Kraft des Unmuts momentan keine Chance hatte. »Dieser Heilige
vom Dom scheint wohl auch in Aachen heimisch gewesen zu sein oder zumindest in Aachen
auch seine Spuren hinterlassen zu haben.«
»Klar, gewissermaßen Blutspuren«,
scherzte Lieselotte hämisch und handelte sich damit einen erzürnten Blick von Böhnke
ein.
Der Kommissar a. D. wirkte genervt.
Sümmerling kam nicht zu Potte und Lieselotte grämte sich wegen des Mitessers. »Jetzt
endlich mal konkret und klar, mein Freund«, brummte er. »Was ist mit Kardinal? Was
hat er mit Aachen zu tun gehabt?«
»Woher soll ich das wissen?«, fragte
Sümmerling ausweichend zurück. »Aber es gibt einige interessante Hinweise«, ergänzte
er schnell, als er die Zornesröte in Böhnkes Gesicht entdeckte. »Ich fange am besten
von vorne an.«
Bitte, sagte sich Böhnke flehentlich.
Fang endlich an, Kerl!
»Also. Gestern Morgen haben Nachbarn
in einem Mehrfamilienhaus an der Jülicher Straße festgestellt, dass in einer der
Wohnungen wohl schon seit zwei Tagen und Nächten ununterbrochen das Licht brannte.
Sie haben sich Gedanken gemacht. In der letzten Woche gab es ja den Bericht in der
Zeitung, dass ein Rentner fast einen Monat lang tot in seiner Wohnung gelegen hat,
bevor er gefunden wurde. Da haben sie an eine ähnliche Situation gedacht. Nachdem
auf ihr Klingeln niemand reagierte, haben sie die Polizei alarmiert. Die hat dann
die Wohnung durch einen Schlüsseldienst öffnen lassen. Aber die Hütte war menschenleer.«
»Und was hat das mit Kardinal zu
tun?« Böhnke musste sich beherrschen. Diese langatmigen Schilderungen waren nicht
seine Sache. Er wollte belastbare Fakten hören.
»Zunächst nichts«, antwortete Sümmerling.
»Bei der Durchsuchung der Räume stellte die Polizei fest, dass es wohl einen Einbruch
gegeben haben muss, denn es fehlte der Rechner unter dem Schreibtisch. Außerdem
lagen einige leere CD-Hüllen auf dem Boden sowie geöffnete Aktenordner, die aus
einem Regal gezogen worden waren. Daraufhin haben die Jungs die Spurensicherung
hinzugezogen. Die Spusi hat dann die Wohnung gründlich auf den Kopf gestellt.«
»Und sie fand heraus, dass Kardinal
der Einbrecher war?«, unterbrach ihn Lieselotte.
»Nein. Sie ermittelten, dass Kardinal
der Bewohner dieser Wohnung sein musste. Zum einen passte die Beschreibung der Nachbarn
auf ihn, zum anderen wurden verwertbare Fingerabdrücke von ihm unter anderem im
Badezimmer auf einer Zahnbürste und in der Toilette am Klopapierhalter gefunden.
Auch am Kleiderschrank im Schlafzimmer und an der Fernbedienung des Fernsehers hat
er Abdrücke hinterlassen. Der Polizeirechner hat beim Vergleich der in der Wohnung
gewonnenen Abdrücke mit denen vom toten Kardinal die eindeutige Übereinstimmung
festgestellt. Daraus schließen unsere Freunde aus dem PP, dass Kardinal wohl diese
Wohnung bewohnt hat, gewissermaßen als Zweitwohnung oder so. Aber niemand kann sagen,
ob er am Tag des Fußballspiels noch einmal dort war oder nicht.«
»Woher wissen Sie das denn alles?«,
staunte Lieselotte und erntete ein mildes Lächeln von Sümmerling.
»Werteste, ich bin lange genug im
Geschäft, um meine ganz besonderen Verbindungen zu ganz besonderen Menschen zu haben.
Sie werden verstehen, dass ich meine Quellen nicht preisgeben werde. Dann sind sie
nämlich für alle Zeiten versiegt.«
»Schluss damit«, knurrte Böhnke.
Wenn er Sümmerling ließ, würde der irgendwann einmal seinen Heiligenschein herausholen,
der selbst ernannte tolle Hecht. »Wissen Sie denn wenigstens, wer Eigentümer dieser
Wohnung ist? Hat Kardinal sie gemietet oder hat er sie gekauft?«
»Diese Frage habe ich mir natürlich
auch gestellt«, antwortete Sümmerling lässig und griff mit allergrößter Selbstverständlichkeit
zum letzten Würstchen. »Heute Morgen habe ich dann die entsprechende Information
bekommen«, sagte er kauend. »Irgendwie eine dubiose Angelegenheit, kann ich Ihnen
versichern. Das Haus gehört einer Immobiliengesellschaft, die wiederum zum Imperium
einer alteingesessenen Familie aus dem Aachener Wirtschaftsadel gehört. Die haben
früher mit
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