Karibik all inclusive: Ein Mira-Valensky-Krimi
Ökos.“
„Leider. Man hätte von Anfang an mit den Umweltaktivisten reden sollen.“
„Und die hätten mit sich reden lassen?“
„Man hätte es versuchen müssen, die jetzt noch da sind, sind quasi der harte, auch der radikale Kern. Und die, die sich aus irgendwelchen Gründen einen langen Urlaub leisten können, statt zu studieren oder sonst etwas Sinnvolles zu tun. Sie hatten mit einigem Recht: In der Bucht haben Meeresschildkröten gebrütet, das kleine Golden Sand hat sie nicht gestört, seit den Bauarbeiten am Pleasures sind sie weg. Klar hat es das Gutachten eines Meeresbiologen gegeben, dass sie nur ein paar Buchten weiter nach Norden ziehen würden, wo ein Teil von ihnen ohnehin schon immer die Eier abgelegt hat. Aber soviel ich höre, gibt es dort nun weniger Schildkrötenals früher. Man müsste versuchen, die Insel im Einklang mit der Natur zu entwickeln. Nicht, dass Sie mich falsch verstehen: Ich halte das Hotel für eine große Chance. Sehr viele Möglichkeiten außer dem Tourismus haben wir nicht. Aber man muss die Sache gerade darum mit besonderer Sorgfalt angehen. Entschuldigen Sie, das hört sich wie eine Predigt an, es ist sonst gar nicht meine Art, so viel zu reden, aber … Mir liegt die Insel eben am Herzen.“
„Und was, wenn das Golden Sand wegen des Pleasures schließen muss?“
„Ich weiß nicht … Das Golden Sand hat als Apartmenthotel schon schlecht funktioniert, bevor das Pleasures gebaut wurde. Michel hätte tun sollen, was ihm alle geraten haben: dem Konzern den Grund verkaufen und als Küchenchef arbeiten.“
„Es ist wohl so etwas wie sein … Lebenswerk. „Ich fürchte, es ist mehr ihr Lebenswerk. Ich kenne Bata, ich finde sie hinreißend, für ihr Alter unglaublich apart. Aber sie hat etwas viel … Temperament. Michel ist Wachs in ihren Händen. Ich bin früher sehr gerne zu ihnen essen gegangen, aber seit die Gräben zwischen Pleasures und Golden Sand so tief geworden sind … Es wird nicht gern gesehen von der Hotelführung und ich kann es verstehen. Möchten Sie, dass jeden Tag in der Früh Aktivisten am Strand auf- und abgehen und Parolen schreien und Schilder hochhalten, auf denen steht, dass sich alle hier mitschuldig machen am Mord an Meeresschildkröten?“
„Das haben sie getan?“
„Das machen sie noch, nur seit ihr Kamerad wegen Mordverdachts verhaftet worden ist, haben sie ihre Aktionen vor die Polizeiwachstube verlegt.“
Ich rolle mit den Augen, aber das liegt am großartigen Grillhuhn. „Ob mir Ihre Mutter die Rezepte gibt?“
„Rezepte hat sie keine, aber sie wird Ihnen mit Freude sagen, was sie in die Saucen gibt. – Weiß unsere Geschäftsführung eigentlich von Ihren Kontakten zum Golden Sand?“
„Irgendjemand muss Angela la Croix erzählt haben, dass ich drüben esse und dass ich auch beim Brandlöschen mit dabei war. Das zumindest weiß sie. Sie hat mich gewarnt, immerhin sei ich beiihr Gast und müsse wissen, wo ich hingehöre. Sie scheint nicht viel übrig zu haben für die Menschen hier und die Insel.“
Carlyle stochert nachdenklich im Salat. „Man darf sie nicht verurteilen, sie war lange weg, das verschiebt die Perspektive. Es gibt schon einiges, mit dem man nicht mehr so gut leben kann, wenn man zurückkommt. Sie ist sehr klug.“
„Und sehr schön.“
„Glauben Sie nicht, dass das manchmal zum Problem werden kann?“
Mit diesem Problem könnte ich wohl leben. „Ihr Vater ist Minister.“
Carlyle seufzt. „Ja, das auch noch.“
„Mit einem hat diese la Croix jedenfalls Recht: Die Bürokratie auf der Insel ist etwas … anstrengend.“
Er lacht. „Da ist was dran, denen, die immer hier gelebt haben, fällt es nicht auf, es gehört dazu. Aber man darf nicht vergessen: So lange ist es noch nicht her, da waren wir Sklaven und die Weißen haben über alles bestimmt. Jahrhundertelang, das sitzt tief. Seit die Verwaltung an uns übergegangen ist, seit sie zumindest formal demokratisiert wurde, wird sie zelebriert. Bürokratie ist hier eine Kunstform. Ich weiß nicht … Manchmal, wenn ich Zeit habe, liebe ich es, mit welcher Genauigkeit hier Formulare ausgefüllt und bestätigt und übertragen und weitergeleitet werden. Aber meistens hat man eben keine Zeit.“
„Der Computer hat daran nicht viel geändert.“
„Warum auch? Er ist nur ein Mittel zum Zweck. Nur um nicht zu patriotisch zu wirken: Natürlich weiß ich, dass bei uns ganz schön viel Leerlauf passiert und dass wir dafür auch zahlen.“
Die Sonne hat
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